Dem in Deutschland lebenden britischen Unternehmer Edward Vick geht das ständige „No, No, No“ des Parlaments in seiner Heimat auf die Nerven.
Von Karl Schlieker
Redakteur Politik / Wirtschaft
Die Briten stehen in der Europäischen Union im Regen. Dem englischen Unternehmer Edward Vick ist das heimische Parlament peinlich.
(Foto: Sascha Kopp)
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OFFENBACH/WIESBADEN - Höflich. Zurückhaltend. Und doch voller Ärger. Der in Deutschland lebende britische Unternehmer Edward Vick ist eigentlich ein ruhiger, in sich ruhender Mensch. Aber der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kann ihn nicht kalt lassen. Vor allem das Hin-und-Her-Lavieren der britischen Regierung lässt ihn innerlich beben. „Eine derartige Inkompetenz ist erschütternd“, schimpft der in Wiesbaden lebende Geschäftsführer der EVS Translations GmbH (Offenbach), die im vergangenen Jahr mit 200 fest angestellten Mitarbeitern einen Umsatz von 15 Millionen Euro erzielte. Das sich ständig wiederholende „No, No, No“ des Unterhauses in London empfindet der 61-Jährige nur noch als peinlich. „Vor dem Brexit hatten wir Briten noch einen Ruf zu verlieren“, redet er sich in Rage.
Trotzdem sieht der Brite, der sein Übersetzungsunternehmen 1991 in Offenbach gründete, keinen Grund zur Panik. Vielleicht gehe es ja so aus wie damals die Computerumstellung zur Jahrtausendwende, als alle einen Crash erwartet hatten, der dann doch ausblieb, macht er sich Hoffnung. Allerdings werde Großbritannien nach dem EU-Austritt sicher nicht mehr so „groß“ und wichtig sein wie heute. „Die Brötchen werden echt klein sein, die das Land dann backt.“
Unter den in den deutschen Büros arbeitenden britischen Mitarbeitern seines Unternehmens beobachtet Vick eine unterschwellige Angst vor dem Brexit. Die Verunsicherung habe dazu geführt, dass die meisten inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt oder bereits bekommen hätten. Auf die Beruhigung der städtischen Behörden, dass es eine Übergangsregelung für britische Staatsangehörige in Deutschland gebe und sie eine Ausweisung nicht fürchten müssten, wollten sie sich nicht verlassen. Vick selbst will seine britische Staatsangehörigkeit dagegen nicht abgeben, auch wenn er sicher bis ans Ende seiner Tage in Deutschland bleiben will.
Der Unternehmer ist ein Wanderer zwischen den Welten. Als Sohn eines britischen Vaters in Kanada geboren, kam Vick erst im Alter von acht Jahren ins britische Nottingham. Nach dem Studium der englischen Literatur in Cambridge landete er als 22-Jähriger im Rhein-Main-Gebiet, wo er als Reiseleiter und Englisch-Lehrer arbeitete. Ein Versicherungsmanager in Wiesbaden, den er unterrichtete, gab ihm den ersten Übersetzungsauftrag. Inzwischen arbeitet die auf Finanzen und Recht spezialisierte EVS Translations GmbH an acht Standorten. In der britischen Dependance in Nottingham, wo seine Eltern leben, ist er regelmäßig. Dort erlebt Vick ein tief in „Remain“ und „Leave“ gespaltenes Land. „Angesichts der Gräben ist kaum eine Verständigung möglich.“
Wie sich der Brexit auf den Dienstleistungssektor und damit sein Unternehmen auswirkt, ist für Vick offen. Mit dem EU-Austritt werden die Dienste seiner Übersetzer, die sich im EU-Recht bestens auskennen, jedenfalls häufiger gefragt sein, vermutet er. Und das stetig im Wert fallende britische Pfund reduziere die Arbeitskosten in Großbritannien. Ein Problem mit den Lieferketten hat Vicks Übersetzungsfirma nicht. „Die Texte schicken wir einfach über das Internet.“ Da spielt der Brexit keine Rolle.