Müllvermeidung: Tegut erlaubt mitgebrachte Boxen an der Frischetheke

Berühren verboten: Mitgebrachte Behälter dürfen nur auf einem Tablett über die Frischetheke gereicht werden. Foto: Sascha Kopp Foto: Sascha Kopp
MAINZ/WIESBADEN/DARMSTADT - Wie kommt die Fleischwurst aus der Frischetheke im Supermarkt in den heimischen Kühlschrank, ohne dass Verpackungsmüll anfällt? Und wie das Stück Camembert oder der Kartoffelsalat? Während Obst und Gemüse zunehmend auch lose angeboten werden, gelangen umweltbewusste Einkäufer bei frischer Ware an den Bedientheken meist an ihre Grenzen. Da hängt es eher vom jeweiligen Verkäufer ab, ob Plastikfolie und Papiertüte großzügig oder eher sparsam eingesetzt werden.
Tegut bietet seinen Kunden seit Kurzem eine Alternative an: In Märkten mit Frischetheke ist es möglich, sich die Ware in mitgebrachte Boxen füllen zu lassen. Damit die Hygienevorschriften eingehalten werden, müssen Bedienpersonal und Käufer allerdings einige Punkte beachten. „Sobald Sie an der Frischetheke den verpackungsfreien Einkauf wünschen, wird Ihnen ein Tablett gereicht, auf dass Sie Ihr Behältnis mit geöffnetem Deckel legen“, erklärt eine Tegut-Sprecherin das Prozedere. Dann werde zunächst die Tara, also das Gewicht der Box oder Dose, ermittelt, anschließend werde der Behälter nach Wunsch mit Wurst, Salat, Fisch oder Käse gefüllt. „Am Ende erhält der Kunde die Box auf dem Tablett zurück, um sie selbst zu verschließen und das Preisetikett aufzukleben“, sagt die Sprecherin. Das Tablett wird jeweils nur einmal verwendet und dann gereinigt. Vorgabe ist, dass das Supermarkt-Personal hinter der Theke nicht mit Dingen in Kontakt kommt, die vorher anderswo unterwegs waren.
Tegut hat das System zunächst in sieben Filialen getestet und angepasst, bevor es nun in allen Filialen mit Frischetheke – insgesamt 122 – eingeführt wurde. „Mit den Vorarbeiten haben wir im Sommer vergangenen Jahres begonnen, nachdem wir von Kunden vermehrt auf das Thema angesprochen wurden“, sagt die Tegut-Sprecherin. Wie viel Verpackungsmaterial damit eingespart werden könne, sei noch schwer abschätzbar: „Das Interesse scheint groß, viele Kunden haben sich bereits den Info-Flyer mitgenommen“, heißt es bei Tegut.
Neu ist die Idee des unverpackten Einkaufs von Frischprodukten selbstverständlich nicht. Bei Läden wie „Unverpackt“ gehört es zum Geschäftskonzept, dass der Kunde nur die reine Ware und keinen Müll einpacken muss. Auch einige Bioläden erlauben, dass eigene Behälter verwendet werden. Bei Edeka, dem Branchenprimus unter den deutschen Supermärkten, ist Wurst und Käse pur eher kein Thema: „Die Befüllung von privaten Behältnissen ist in den von uns betriebenen Edeka-Märkten üblicherweise nicht möglich. Geltendes Hygienerecht kann nicht sicher eingehalten werden, wenn Behältnisse privat gereinigt werden“, sagt Edeka-Pressesprecher Christhard Deutscher. Allerdings werde die Mehrzahl der Edeka-Märkte von selbstständigen Kaufleuten betrieben. Sie dürften selbst entscheiden, wie sie damit umgehen und das mit den regionalen Lebensmittelbehörden absprechen. „Bei Zustimmung der Behörden muss dann der selbstständige Kaufmann entscheiden, ob er das Risiko eingehen möchte und auch für eventuelle Schäden haftet“, sagt der Edeka-Sprecher.
„Plastikverpackungen können auch schützen“
Auch bei Rewe hat die Frischetheke bei der Müllvermeidung keine Priorität. Bereits seit Juni 2016 verzichte man in den Märkten auf den Verkauf von Plastiktüten. Schon damals sei klar gewesen, dass dies nur der erste Schritt sei und man an weiteren Initiativen zur Plastikvermeidung arbeiten wolle. „Dabei fokussiert sich Rewe bei den Reduktionsbemühungen zunächst auf Einsatzgebiete von Plastik, in denen sich größere Einsparpotenziale realisieren lassen“, sagte Rewe-Pressesprecher Thomas Bonrath. Bei Obst und Gemüse setzte Rewe beispielsweise zunehmend auf lose Ware, die in mitgebrachten Behältnissen bis zur Kasse transportiert werden können. „Verpackungen aus Plastik können aber auch sinnvoll sein“, betont Bonrath – unter anderem, weil sie die Produkte schützen und die Haltbarkeit steigern könnten.
Wenn es um Umweltschutz und Müllvermeidung geht, verweisen inzwischen alle Handelsketten auf vielfältige Aktionen. Von dünneren Folien über die Verwendung von Mehrwegboxen statt Kartons oder dem Verkauf von Permanent-Tragetaschen als Alternative zur Plastiktüte.
Ein weiterer Trend ist die Obst- und Gemüseverpackung aus Graspapier. „Während für die Herstellung von einer Tonne herkömmlichen Holzzellstoff circa 6000 Liter Wasser und mehr als 5000 Kilowattstunden an Energie verbraucht werden, werden für die Erzeugung von einer Tonne Grasfasern ganze 2 Liter Wasser und 137 Kilowattstunden Energie aufgebracht“, rechnet beispielsweise Norma vor.