Trotz Streikabsage: Viele Züge fahren nicht

Die Odenwaldbahn wird von der EVG für zwei Tage lang bestreikt.
© Archivfoto: Dirk Zengel

Die Deutsche Bahn muss ihren Betrieb nach der Streikaussetzung umorganisieren. Womit die Fahrgäste rechnen müssen und welche Linien trotzdem bestreikt werden.

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Mainz/Wiesbaden. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG hat den 50-Stunden-Warnstreik bei der Deutschen Bahn abgesagt, nachdem vor dem Arbeitsgericht Frankfurt ein Vergleich abgeschlossen wurde. Aber trotzdem werden viele Züge nicht fahren. Denn die Bahn muss erst den Betrieb wieder reorganisieren. Und bei Privatbahnen wie der Odenwaldbahn und der Vias Rheingau-Linie wird der Streikaufruf aufrechterhalten, da die Verhandlungen dort laut Gewerkschaft ebenfalls festgefahren sind.

Die EVG verhandelt für 230.000 Beschäftigte, davon arbeiten etwa 180.000 bei der Deutschen Bahn. Gewerkschaft und Bahn wollen vom 23. Mai an in Fulda weiter verhandeln. Strittig sind Lohnerhöhungen, Zeitpunkt der Lohnerhöhungen und die Laufzeit des Tarifvertrags. Die EVG fordert 650 Euro mehr Lohn bei einer Laufzeit von einem Jahr.

Kraftakt bei Reorganisation des Bahnverkehrs nach Warnstreikabsage

Die Bahn spricht nach der Aussetzung des Warnstreiks von einem Kraftakt bei der Rückkehr zum Normalangebot. „Bundesweit müssen etwa 50.000 Zugfahrten allein im Fern- und Nahverkehr sowie die dazugehörigen Schicht- und Einsatzpläne neu geplant werden“, teilt die Bahn in Berlin mit. Fahrzeuge müssten neu disponiert und teilweise an neue Abfahrtsorte gebracht werden. Obwohl das „besser als zunächst angenommen gelingt, lassen sich Einschränkungen nicht vermeiden“.

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Am Montag rechnet die Bahn damit, dass etwa zwei Drittel der geplanten Züge fahren werden. „Ab Dienstag werden dann alle ICE- und IC-Züge wieder unterwegs sein“, berichtet die Bahn. Auch im Regionalverkehr werde es zunächst Einschränkungen geben. Reisende sollten sich zunächst über ihre Verbindungen auf www.bahn.de oder im DB Navigator informieren, lautet der Rat. Für Fahrten zwischen Sonntag und Dienstag wird die Zugbindung aufgehoben. Tickets für diese Reisetage können aber auch kostenfrei erstattet werden. Die Woche mit dem Himmelfahrts-Feiertag sei eine der reisestärksten Wochen des Jahres, deshalb seien Sitzplatzreservierungen sinnvoll.

50-Stunden-Warnstreik bei Odenwaldbahn und Vias Rheingaulinie

Da sich aus Sicht der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bei vielen Privatbahnen am Verhandlungstisch nichts oder nur wenig bewegt, werde der Streikaufruf dort aufrechterhalten, wo die EVG nicht in konstruktiven Verhandlungen stehe, teilte die Gewerkschaft mit. So habe die Odenwaldbahn kein ausreichendes Angebot vorgelegt, sagte der Sprecher der nichtbundeseigenen Eisenbahnen bei der EVG, Thomas Pfeiffer, dem hr. Damit wird es Zugausfälle auf Verbindungen zwischen Frankfurt, Darmstadt, Hanau und Erbach in Südhessen und Eberbach in Baden-Württemberg geben. Fast die komplette Belegschaft von 144 Mitarbeitenden werde ab Sonntagabend 22 Uhr in den Streik treten, heißt es. Davon betroffen ist auch die Rheingaulinie Vias von Frankfurt über Koblenz und Wiesbaden nach Neuwied.

Vlexx-Züge werden nicht bestreikt

Gegenüber der Länderbahn wurde die Streikankündigung dagegen zurückgezogen, berichtete der Bahn-Konkurrent Vlexx in Mainz, der auf einer Länge von 950 Kilometern Regionalexpress-Züge und Regionalbahnen in Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen betreibt. Derzeit wird „unter Hochdruck daran gearbeitet, den Regelbetrieb für den ursprünglich geplanten Streikzeitraum zu reorganisieren – und damit die an die Streikmaßnahmen angepassten Einsatzpläne von Personal und Fahrzeugen für den Regelfahrplan wieder umzustellen“, heißt es bei dem Unternehmen. Über einzelne Einschränkungen im Fahrplanangebot werde auf der Homepage www.vlexx.de informiert.

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Vergleich vor dem Arbeitsgericht Frankfurt zum Warnstreik

„Wir hängen die Streikwesten noch lange nicht in den Schrank“, betont die Eisenbahngewerkschaft. Der Warnstreik sei auf Anraten des Arbeitsgerichts Frankfurt ausgesetzt worden. Nach der Ankündigung des 50-Stunden-Streiks hatte die Bahn eine einstweilige Verfügung verlangt, da sie den Warnstreik als unverhältnismäßig einstufte.

Streit um Mindestlohn bei der Bahn

Bei den Gesprächen vor dem Arbeitsgericht ging es vor allem um die Einhaltung des Mindestlohns bei der Bahn. Das hatte die Eisenbahngewerkschaft zur Vorbedingung weiterer Gespräche gemacht. Kurz nach der Streikankündigung hatte die Bahn dann doch zugesagt, dass vom ersten Tag des Tarifabschlusses ohne Ausnahme alle Entgelttabellen zwölf Euro ausweisen werden. Auch wurde laut DB klargestellt, dass es keine Begrenzung („Deckel“) von 13 Euro gibt. Bisher erhalten etwa 2000 Beschäftigte der Bahn den gesetzlichen Mindestlohn lediglich über Zulagen.

Das Arbeitsgericht sah offensichtlich die neuen Zusagen der Bahn zum Mindestlohn als ausreichend an und riet der Gewerkschaft zur Aussetzung des Streiks. Umstritten bleibt, ob künftige Verhandlungsergebnisse ebenfalls eins zu eins bei den untersten Lohngruppen in den Tariftabellen festgeschrieben oder auch per Zulagen ausgezahlt werden können. Einig ist man sich nur, dass die ausgehandelten Lohnerhöhungen bei Niedriglohn-Berufsgruppen wie dem Sicherheits- und Reinigungsgewerbe in vollem Umfang gezahlt werden.