Corona: Warum der Biontech-Impfstoff deutlich teurer wurde

aus Coronavirus-Pandemie

Thema folgen
Die Biontech-Zentrale in Mainz.

Der Preis ist während der Corona-Pandemie um knapp 50 Prozent gestiegen. Insgesamt hat Deutschland laut Medien bei mehreren Herstellern Impfstoff für 13,1 Milliarden Euro bestellt.

Anzeige

Berlin/Mainz. Deutschland hat bislang Corona-Impfstoff im Wert von 13,1 Milliarden Euro bestellt. Dies berichten NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ (SZ). Insgesamt seien 672 Millionen Impfstoff-Dosen geordert worden, davon 556 Millionen schon in der Amtszeit des früheren Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU). Ein größerer Teil davon muss womöglich vernichtet werden, weil es dafür keine Abnehmer gibt.

Der Rechercheverbund beruft sich bei den Zahlen auf eine Antwort des Gesundheitsministeriums sowie eine ihr vorliegende Bestellliste der Bundesregierung. Aus dieser gehe auch hervor, dass die Impfstoffentwickler Moderna und Biontech/Pfizer im Lauf der Pandemie den Preis für eine Dose um 50 Prozent erhöht haben. Allerdings: Dies ist schon seit längerem bekannt - und für die Steigerung gibt es offenbar gute Gründe.

Preis für Impfstoff-Dose von 15,50 auf 23,20 Euro gestiegen

Mehrere Medien, darunter auch diese Zeitung, haben bereits im April/Mai 2021 über die Preisanhebung berichtet. Ursprünglich, also zu Beginn der Impfkampagne Ende 2020/Anfang 2021, kostete eine Dosis Biontech/Pfizer-Impfstoff noch 15,50 Euro. Wie dann einige Monate später bekannt wurde, verpflichtete sich Deutschland bei einem neu ausgehandelten Vertrag zur Abnahme von 165 Millionen Dosen aus dem EU-Kontingent (zunächst insgesamt 900 Millionen Dosen) zum Gesamtpreis von 3,83 Milliarden Euro. Das macht rund 23,20 Euro pro Einheit, also eine Steigerung um knapp 50 Prozent im Vergleich zum Ursprungspreis.

Anzeige

Die EU-Kommission verteidigte den höheren Preis damals damit, dass sich dieser Vertrag signifikant von den ersten beiden Verträgen unterscheide. So gebe es etwa strengere Liefervereinbarungen, andere Haftungsregeln sowie Vereinbarungen zur Anpassung des Impfstoffes an neue Coronavirus-Mutationen. Mit dem letztgenannten Punkt ist nach Informationen dieser Zeitung eine Art „Flatrate“ gemeint: Mögliche Veränderungen der Impfstoffe wären demnach im neuen, höheren Preis „inclusive“. Zudem zahle die EU künftig auch kein Geld mehr für die Produktionsförderung. So müsse die Impfstoffversorgung unterm Strich für die EU auch nicht unbedingt teurer werden, hieß es damals.

Muss Corona-Impfstoff vernichtet werden?

Laut NDR, WDR und SZ und der ihnen vorliegenden Bestellliste war die Firma AstraZeneca mit rund 2,30 Euro pro Dose am günstigsten. Wobei die Uni Oxford, mit der der Impfstoff zusammen entwickelt wurde, auf den niedrigen Preis gedrungen hatte. Außerdem wurde der AstraZeneca-Impfstoff in Deutschland schon bald nicht mehr verwendet, weil es vor allem bei jungen Menschen teilweise gravierende Nebenwirkungen gab. Am meisten Geld verlangte Moderna für seinen Impfstoff mit zuletzt (im September 2021) knapp 29,70 Euro nach anfangs rund 19,50 Euro. Auch dieser Impfstoff, wie Biontech/Pfizer ein neuartiger mRNA-Impfstoff, wurde im Lauf der Pandemie also um rund 50 Prozent teurer. Johnson&Johnson kostete demnach rund sieben Euro, eine Dose Novavax rund 18,20 Euro.

Helge Braun (CDU), Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Bundestag und früherer Kanzleramtsminister, geht laut dem Medienbericht davon aus, dass Deutschland für das laufende Jahr noch Abnahmeverpflichtungen bei Corona-Impfstoffen im Wert von zwei Milliarden Euro habe. „Das ist absehbar zuviel, sodass mit der Vernichtung eines Großteils der Lieferung gerechnet werden müsste“, sagte er. Dies sei „nicht nur hinsichtlich der Kosten furchtbar, sondern auch wegen des Ressourcenverbrauchs unethisch“.

Anzeige

Bundesregierung sagt nichts zum Einzelpreis für Corona-Impfstoff von Biontech

Anfang Januar war bekannt geworden, dass die Bundesrepublik mit Stand 30. November 2022 vertraglich dazu verpflichtet war, rund 283 Millionen Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs Comirnaty abzunehmen. Für weitere 92,4 Millionen Dosen bestehe noch eine Abnahmeverpflichtung, hieß es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion. Dies würde - bei einem Preis von 23,20 Euro - rund 2,1 Milliarden Euro entsprechen (also ungefähr dem Gesamtpreis, den Helge Braun genannt hatte). EU-weit könnten die EU-Mitgliedsstaaten bei Bedarf noch insgesamt weitere 692 Millionen Dosen aktivieren, erklärte die Bundesregierung. Selbst machte sie keine Angaben zum Preis pro Dosis, dies unterliege der „vertraglichen Vertraulichkeit“. Von Seiten Biontechs wurden auf Anfrage dieser Zeitung ebenfalls keine Zahlen genannt, lediglich, dass man die Preisangaben „nicht nachvollziehen” könne.

Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versucht laut dem neuesten Medienbericht seit Wochen, die Bestellungen zu reduzieren, dies sei aber bislang nur für knapp elf Millionen Dosen gelungen. Aus dem Gesundheitsministerium hieß es gegenüber NDR, WDR und SZ, man bemühe sich „selbstverständlich“ darum, die Impfstoffe zum Beispiel an ärmere Länder zu spenden. Das weltweite Angebot an Impfdosen übersteige aber derzeit „bei weitem die Nachfrage“.