Ab dem 1. Juli wird die Förderung der Erneuerbaren Energien nicht mehr direkt auf die Stromkunden umgelegt. Doch die gute Nachricht wird erheblich getrübt.
BERLIN. Nachdem die EEG-Umlage vor 22 Jahren zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien eingeführt worden war, entwickelte sie sich schnell zum meist gescholtenen Förderinstrument. Die Zustimmung war daher groß, als im Rahmen des ersten Entlastungspaketes beschlossen wurde, die EEG-Umlage für die Verbraucher ab 1. Juli komplett und auf Dauer zu streichen. Doch was bringt das unterm Strich für die Stromkunden?
Was ist die EEG-Umlage? Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, die Strom ins Versorgungsnetz einspeisen, erhalten dafür nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums eine über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte Vergütung. Die Übertragungsnetzbetreiber verkaufen den eingespeisten Strom an der Strombörse. Da die Preise, die an der Börse erzielt werden, in der Regel unter den gesetzlich festgelegten Vergütungssätzen liegen, wird den Netzbetreibern der Differenzbetrag erstattet. Dieser Differenzbetrag, abzüglich eines Zuschusses aus dem Bundeshaushalt, wird durch die EEG-Umlage auf die Stromverbraucher umgelegt.
Warum ist die EEG-Umlage so deutlich gesunken? Derzeit liegt die EEG-Umlage bei 3,72 Cent pro Kilowattstunde. Das ist der niedrigste Satz seit zehn Jahren. Von 2014 bis 2021 lag sie (zum Teil deutlich) über sechs Cent, 2021 bei 6,5 Cent. Da die EEG-Umlage auf Basis von Prognosen festgelegt wird, werden laut Bundeswirtschaftsministerium auftretende Abweichungen ausgeglichen. „Das heißt: Die bis September 2021 angesammelten Überschüsse auf dem EEG-Konto werden den Verbrauchern 2022 in Form einer entsprechend niedrigeren EEG-Umlage zurückerstattet“. Die Hauptgründe für den Rückgang: Zum einen erhielt das EEG-Konto 2021 einen Bundeszuschuss von 10,8 Milliarden Euro aus Mitteln des Konjunkturpakets und den Einnahmen aus der nationalen CO2-Steuer. Zum anderen brachte der Verkauf des EEG-Stroms den Übertragungsnetzbetreibern wegen der 2021 stark gestiegenen Strom-Börsenpreise höhere Einnahmen als bei der Festlegung der Umlage im Oktober 2020 erwartet.
Was ist für den 1. Juli beschlossen worden? Dass die EEG-Umlage für die Verbraucher auf Dauer entfällt, war im Koalitionsvertrag ursprünglich für den 1. Januar 2023 vorgesehen. Weil der Krieg in der Ukraine die Strompreise aber stark steigen ließ, zog die Bundesregierung die Maßnahme um ein halbes Jahr vor. Das Gesetz zum Wegfall der EEG-Umlage für die Verbraucher wurde von Bundestag und Bundesrat abgesegnet und trat am 28. Mai in Kraft. Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz die jeweiligen Stromlieferanten, die Streichung komplett weiterzugeben und ihre Preise zum 1. Juli 2022 entsprechend abzusenken.
Die garantierte Vergütung fällt für die Betreiber von Solar- und Windstromanlagen aber nicht weg, nur wird sie künftig über den Staat finanziert. Konkret erstattet der Bund den Übertragungsnetzbetreibern entstehende Einnahmeausfälle aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF) und sichert so die weitere Förderung der Erneuerbaren. Der EKF finanziert sich aus den Versteigerungen von Berechtigungen zum Ausstoß von Treibhausgasen (CO2-Zertifikate) im Rahmen des europäischen Emissionshandels sowie aus der nationalen CO2-Bepreisung, auch CO2-Steuer genannt. Hinzu kommen milliardenschwere Bundeszuschüsse.
Was bringt die Absenkung unterm Strich? Die Streichung der EEG-Umlage bringt den Verbrauchern, legt man den vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) genannten aktuellen Durchschnittspreis von 37,14 Cent pro Kilowattstunde zugrunde, eine Kostenersparnis von rund zwölf Prozent. Eine Familie mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr würde so gut 150 Euro im Jahr sparen. Bei dieser Berechnung wird berücksichtigt, dass für die Stromkunden der Bruttopreis um rund 4,4 Cent sinkt. Denn zur gesetzlich festgelegten Absenkung von netto 3,72 Cent pro Kilowattstunden kommt noch die anteilige Umsatzsteuer von ca. 0,7 Cent hinzu. Manche Anbieter lägen allerdings bereits über der 40 Cent Marke bei Strom, so das Vergleichsportal Check24.
Die EEG-Umlage fällt zwar weg, dem stehen jedoch drastische Strompreiserhöhungen wegen entsprechend gestiegener Einkaufspreise gegenüber. Erhebungen von Check24 zufolge haben im Juni, Juli und August Versorger in 217 Fällen Preise erhöht oder Erhöhungen angekündigt – im Juli im Schnitt um 26,1 Prozent. Obwohl Stromgrundversorger bereits im Spätjahr und Winter 2021 in mehr als 1.000 Fällen Preise erhöht hätten, seien seit dem 1. März in weiteren 440 Fällen höhere Preise verlangt oder Erhöhungen angekündigt worden, so das Portal. Im Durchschnitt beläuft sich das Preisplus auf 23,6 Prozent, 5,7 Millionen Haushalte sind betroffen. Beim genannten Durchschnittsverbrauch von 3.500 Kilowattstunden ergeben sich so gerechnet Mehrkosten von rund 300 Euro pro Jahr.
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Was sagen Experten? Für Thomas Engelke, Energie-Experte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, ist die Abschaffung der EEG-Umlage ein „richtiges Signal“. Auch wenn die Einsparungen für die Verbraucher letztlich durch die gestiegenen Energiepreise verpufften. Grundsätzlich bedeute die Abschaffung aber eine Entlastung, so Engelke. Es sei aber auch Fakt: Die Industrie werde stärker entlastet als private Haushalte. „Dass die EEG-Umlage bald nicht mehr gezahlt werden muss, ist zunächst eine gute Nachricht“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Richtig sei aber auch: „Für die Bürger und Betriebe ist es unterm Strich keine echte Entlastung, weil die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien dennoch aufgebracht werden müssen.“