Das bedeutet die Hakle-Krise für den Verbraucher

Ein Schild am Hakle-Firmensitz. Foto: dpa/Wolf von Dewitz

Wegen massiv gestiegener Kosten steht Toilettenpapier-Hersteller Hakle am Abgrund. Die Sorge, dass sich nun wieder die Klopapier-Regale leeren könnten, scheint aber unbegründet.

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MAINZ/DÜSSELDORF. Durch die Decke jagende Kosten für Energie, Logistik und Rohstoffe, aber keine deutlich höheren Verkaufspreise – der Toilettenpapierhersteller Hakle steht am Abgrund. Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung soll das Traditionsunternehmen retten. Droht jetzt ein Engpass bei der Versorgung mit Hygienepapieren? In Deutschland werden nach Branchenangaben jährlich 735.000 Tonnen Toilettenpapier produziert. Jeder Bundesbürger verbraucht im Schnitt 134 Rollen Toilettenpapier im Jahr.

Preise für Zellstoff sind drastisch gestiegen

Die Hygienepapier-Hersteller müssen derzeit kräftige Preissteigerungen beim Rohstoff Zellstoff verkraften. „Im Hygienepapier-Produktionsprozess sind wir zudem besonders auf Gas angewiesen. Bei einem Wegfall können wir die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleisten“, hatte der Vizepräsident des Papierindustrie-Verbands und Chef des Herstellers Wepa, Martin Krengel, vor Kurzem gewarnt. Angesichts der Gas-Knappheit seien die Unternehmen zutiefst verunsichert. „Keiner weiß, ob er im Herbst oder Winter noch produzieren kann“, sagte Verbandspräsident Winfried Schaur (UPM Group).

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Die massiv gestiegenen Kosten für Material- und Energiebeschaffung sowie der Transporte habe Hakle bislang „nicht im zeitlich und wirtschaftlich hinreichenden Umfang an die Kunden im Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriesektor“ weitergeben können, begründet die Geschäftsführung in Düsseldorf den Schritt zum Amtsgericht Düsseldorf. Die energieintensive Industrie kämpfe seit dem Beginn der Corona-Pandemie mit Verwerfungen im weltweiten Rohstoff-, Logistik- und Energiemarkt. „Die Eigenverwaltung bietet uns die notwendige Flexibilität und Geschwindigkeit, um unseren Betrieb nachhaltig zu sanieren“, betont Geschäftsführer Volker Jung. Die ersten Schritte zur Stabilisierung des Unternehmens seien eingeleitet worden, wichtige Kunden und Geschäftspartner hätten ihre Unterstützung signalisiert. Die Löhne für die 220 Mitarbeiter seien durch das Insolvenzausfallgeld der Bundesagentur für Arbeit bis einschließlich November 2022 gesichert. Bei der vom Amtsgericht Düsseldorf abgesegneten Insolvenz in Eigenverwaltung kann das Unternehmen in Eigenregie die Restrukturierung vorantreiben. Kontrolliert wird dies vom bestellten Sachwalter Jan-Philipp Hoos von der Wirtschaftskanzlei White & Case.

Hakle zählt zu den Pionieren der Branche. Der Gründer Hans Klenk hatte bereits 1928 in Ludwigsburg eine der ersten Produktionen für Toilettenpapier gestartet. 1954 zog das Unternehmen nach Mainz, im Jahr 2006 folgte der Umzug nach Düsseldorf. Das Familienunternehmen hat seit den 1980er-Jahren mehrfach die Eigentümer gewechselt. Derzeit hält Geschäftsführer Volker Jung zusammen mit Investoren die Anteile der Hakle GmbH.

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Selbst wenn Hakle die Geschäfte einstellen müsste, ist ein Engpass bei der Versorgung in Deutschland allerdings nicht zu befürchten. Hakle ist zwar eine bekannte Traditionsmarke, aber die GmbH spielt mit einem Umsatz von 79 Millionen Euro keine Hauptrolle. Der Markt für Hygienepapiere ist mittelständisch geprägt, auch wenn große Konzerne den Ton angeben.

Mittelständische Unternehmen könnten Probleme kriegen

Europäischer Marktführer ist die schwedische Essity-Gruppe, die mit 46.000 Beschäftigten und Marken wie Tempo oder Zewa weltweit rund zwölf Milliarden Euro umsetzt. Allein in Deutschland mit Werken unter anderen in Mainz-Kostheim und Mannheim summiert sich der Umsatz auf 1,2 Milliarden Euro. Ein weiterer großer Spieler ist Wepa, die im Jahr 2006 die Hakle-Papierfabrik in Mainz übernommen haben und einen Umsatz von etwa 1,3 Milliarden Euro verbuchen. Auch die italienische Sofidel und die finnische Metsä Tissue erzielen Umsätze jenseits einer Milliarde Euro.

Die Marktforscher von IbisWorld erwarten, dass es für die mittelständischen Unternehmen angesichts der internationalen Konkurrenz in Deutschland zunehmend schwerer wird, zu bestehen. Die Luft für Übernahmen ist da. Die vier größten Unternehmen der Branche für Hygieneartikel aus Papier und Zellstoff kommen laut IbisWorld bisher lediglich auf einen Marktanteil von zusammen etwa 36 Prozent.