In weniger als vier Wochen ist es so weit, Deutschland wählt. In der Carl-von-Ossietzky-Schule (CvO) nutzten fünf Direktkandidaten zum Deutschen Bundestag die Chance,...
WIESBADEN. In weniger als vier Wochen ist es so weit, Deutschland wählt. In der Carl-von-Ossietzky-Schule (CvO) nutzten fünf Direktkandidaten zum Deutschen Bundestag die Chance, Schüler von ihren Ansichten zu überzeugen. Bei einer Podiumsdiskussion wurden die Themen Soziales, Innere Sicherheit und Außenpolitik beleuchtet.
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Während zunächst offene Fragen der Moderatoren beantwortet wurden, dann hatten die Schüler die Möglichkeit, Fragen an ausgewählte Kandidaten zu stellen. Eine vorgegebene Redezeit forderte knappe und klare Aussagen. „Was gibt es Schöneres, als Politik live im eigenen Haus zu erleben“, freute sich Schulleiter Niko Lamprecht und stellte gleich die erste Frage: „Muss der Sozialstaat ausgebaut oder verschlankt werden?“ Während Ingmar Jung (CDU) die oft zitierte wachsende Schere zwischen Arm und Reich verneinte und dem jetzigen System Lob aussprach, forderte Simon Rottloff (SPD): „Das Geld ist da, es muss nur anders verteilt werden.“ Adrian Gabriel (Linke) „regen diese Antworten der CDU und SPD auf“, er kritisierte vor allem die Kinderarmut in Wiesbaden und stimmte mit der Forderung, „niemand darf hinten runterfallen“ für den Ausbau des Sozialstaats.
Dagegen betonte Lucas Schwalbach (FDP) die Bedeutung von Fleiß in der Gesellschaft: „Da kann der Sozialstaat verschlankt werden.“ Unterschiedliche Einschätzungen gab es auch bei den Themen Innere Sicherheit und Außenpolitik, unter anderem zum Ausbau der Videoüberwachung und der Vorratsdatenspeicherung. Zudem wurden die Aufrüstung der Polizei, die Flüchtlingsdebatte, der Umgang mit autoritären Systemen, sowie Islamismus und Extremismus diskutiert. Mit seiner Aussage „Islamismus solidarisiert die Gesellschaft, rechter und linker Extremismus dagegen spaltet sie“, stieß Michael Goebel (AfD) auf Unverständnis. Auf die Nachfrage eines Schülers, ob nicht gerade die AfD die Gesellschaft spalte, wich der Politiker aus: „Wir haben eine Gesellschaft der Sprachlosigkeit.“ Jungs Intervention „Das darf man so nicht stehen lassen, in Deutschland kann jeder sagen, was er will“, blieb unkommentiert.
Eine Schülerin kritisierte die teilweise sehr persönlichen Meinungen der Kandidaten, die sich vom Programm der jeweiligen Partei unterscheiden. „Hat es überhaupt einen Sinn, dass wir Ihnen zuhören?“ Simon Rottloff bezog sich auf sein Direktmandat und die Gewissensentscheidung, die die Fraktionsdisziplin außer Kraft setzt. „Bei Gewissensentscheidungen ist eine Abgrenzung zum eigenen Wahlprogramm manchmal durchaus notwendig.“
In der abschließenden Jokerrunde wurde allen Kandidaten die Chance gegeben, in 60 Sekunden Wahlkampf zu betreiben und Koalitionswünsche zu äußern. Während Jung weiterhin für den „klaren Kurs der vergangenen Jahre“ steht, fordert Gabriel Frieden und soziale Gerechtigkeit „nicht nur als Blabla auf Veranstaltungen“. Schwalbach betont die Schwierigkeit des Bündnisses mit der SPD unter Martin Schulz, Goebel stützt sich auf die Förderung von Familien und Kindern und appelliert „alternativ zu denken“. Die wichtigste Botschaft an diesem Tag richtete Schulleiter Lamprecht an alle wahlberechtigten Schüler: „Bilden Sie sich Ihre Meinung und gehen Sie wählen.“
Von Christina Lopinski