OB Partsch: Zeitpunkt für SGF-Auflagen „Frechheit“

Ein Eilantrag auf strengere Lärmschutzvorschriften am Verwaltungsgericht Darmstadt hatte Erfolg. Die Stadt will nun eine Beschwerde vor dem VGH Kassel prüfen.
© Sascha Lotz

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat einem Eilantrag zum Lärmschutz beim Schlossgrabenfest stattgegeben. Die Stadtspitze reagiert verärgert – und mit deutlichen Worten.

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Darmstadt. Überraschung kurz vor Beginn des Schlossgrabenfests: Wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Darmstadt auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt, ist einem Eilantrag zu den Lärmgrenzwerten am Schlossgrabenfest (25. bis 28. Mai) stattgegeben worden. Einen weiteren Antrag wies das Gericht dagegen zurück.

Wie Pressesprecher Schwab erläuterte, gilt fortan gemäß Beschluss eine verschärfte Beachtung der Lärmgrenzwerte ab Donnerstag (25. Mai): Demnach sind bis 22 Uhr Grenzwerte bis 70 db(A) erlaubt, danach nur noch 55 Dezibel. Von Freitag (26.) bis Sonntag (28. Mai) werden die Lärmimmissionspegel um zwei weitere Stunden nach hinten verschoben. Innerhalb dieses Zeitraums sind 70 Dezibel bis 24 Uhr erlaubt. Bis 6 Uhr morgens gelten dann wieder reduzierte Werte (55 Dezibel).

Zur Einordnung: Leise bis normale Gespräche zwischen zwei Menschen bewegen sich in dem Bereich 50 bis 60 Dezibel. Ein Staubsauger, Rasenmäher oder gewöhnlicher Straßenverkehr können im 70-Dezibel-Breich liegen. Entscheidend ist beim vorliegenden Gerichtsentscheid aber nicht die Lautstärke an der Geräuschquelle, sondern die Örtlichkeit des „Empfängers“ der Schallwellen, also die Wohnung des Beschwerdeführers.

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Ein zweiter Antrag hatte keinen Erfolg

Über die einstweilige Anordnung hat das Verwaltungsgericht nach Auskunft von Schwab am Mittwochabend entschieden. Die Eilanträge sind nach Informationen dieser Zeitung von einem anrainenden Beschwerdeführer sowie einer Person aus dem Johannesviertel gestellt worden. Der letztere Antrag hatte daher keine Aussicht auf Erfolg, da die Betroffenheit fehlte.

Für das SGF, das ab Donnerstag zum 23. Mal beginnt, sind 60 Konzerte geplant. Für den Veranstaltungstag Donnerstag sind eigentlich die Auftritte von sechs Bands und DJ-Bühne geplant, die in das Zeitfenster nach 22 Uhr fallen.

Auf das Konzertprogramm habe der Gerichtsbeschluss der 6. Kammer aber keinen Einfluss, erklärte Mitorganisator Thiemo Gutfried von Stage Groove Festival. „Diesem Schutzbedürfnis der Anwohnenden kommen wir ohnehin nach“, sagte er am Nachmittag der Redaktion. Die Grenzwerte gelten nicht vom Bühnenbereich aus, sondern dem Wohnsitz des Beschwerdeführers. Ein Ärgernis sei der Vorgang gleichwohl, meinte Gutfried.

Der Zeitpunkt des Eilantrags ist eine Frechheit.

JP
Jochen Partsch und Paul Wandrey OB und Ordnungszezernent, Stadt Darmstadt
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Die Stadt Darmstadt hat am Nachmittag auf den Gerichtsbeschluss reagiert und angekündigt, die Lärmschutzvorgaben ordnungsrechtlich zu verfügen. Zugleich zeigte sich die Verwaltungsspitze über den Zeitpunkt des Eilantrags entrüstet: „Das ist eine Frechheit“, kommentierten OB Jochen Partsch (Grüne) Ordnungsdezernent Paul Wandrey (CDU) den Eilantrag in einer schriftlichen Mitteilung der Stadt. Die in dem Antrag formulierte Forderung ist „unangemessen, unverhältnismäßig und ein Schlag ins Gesicht von tausenden Menschen aus Darmstadt und Umgebung“.

„Das traditionsreiche und größte Innenstadtmusikfestival Deutschlands, das Schlossgrabenfest, findet selbstverständlich statt“, betonten beide. Die grundsätzliche Genehmigung für Hessens größtes Innenstadt-Musikfestival bleibe vom Entscheidung unberührt. In einer schriftlichen Ausführung zu dem Beschluss führte das Verwaltungsgericht am frühen Donnerstagabend aus, dass der Veranstalter die einzuhaltenden Grenzwerte nicht „ausdrücklich aufgeführt“ habe. Von der Möglichkeit für den Antragsteller ein Ordnungsgeld bei Zuwiderhandlung zu verlangen, hat das Gericht abgesehen.

Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Philip Krämer kritisierte die Eilentscheidung des Gerichts, weil sie „das bürgerliche Spießertum manifestiert“. Er ermunterte die Stadt dazu, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen.“ Die Stadt erklärte hierzu, einen solchen Schritt prüfen zu wollen.