Sporthilfe-Vorstandschef Berlemann über Bedeutung des Sports

Hat mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe noch viel vor: Vorstandschef Thomas Berlemann. Foto: picture alliance/Sporthilfe

Sporthilfe-Vorstandschef Thomas Berlemann spricht über die Bedeutung des Sports gerade in schweren Zeiten, den Ausbau der Sportförderung und Outfit-Tipps von Johannes B. Kerner.

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WIESBADEN. Die Vorfreude war ihm in den vergangenen Tagen anzumerken: Zum ersten Mal begrüßt Thomas Berlemann in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe die Gäste zum Ball des Sports. Im Interview sprechen wir mit dem früheren Wasserballer, der am 1. April 2020 seinen neuen Posten übernahm, über das Sportjahr 2022, die besondere Bedeutung des Sports in schweren Zeiten und die Zukunft der Sportförderung.

Herr Berlemann, es ist Ihr erster Ball des Sports als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe - haben Sie dafür eine ganz besondere Garderobe gewählt?

Unser langjähriger Ball-Moderator und Sporthilfe-Aufsichtsratsmitglied Johannes B. Kerner hat einmal gesagt, zu so einem Ball gehöre ein dunkler Smoking. Um neben ihm nicht unangenehm aufzufallen, ist auch bei mir die Wahl der Garderobe wohl eher klassisch ausgefallen (lacht).

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Wie fühlt es sich an, nach all den Monaten der Pandemie wieder so ein Großereignis zu feiern?

Natürlich tut es sehr gut, wieder ein Stück Normalität zu spüren. Ich freue mich ganz besonders auf die persönlichen Gespräche mit Sportlerinnen und Sportlern, Kuratoren und unseren Wirtschaftspartnern. Und ebenso auf die fantastischen sportlichen Darbietungen, die uns wie jedes Jahr im Ball-Programm begeistern werden. Persönliche Begegnungen und das gemeinsame Erleben dieses besonderen Abends können durch nichts ersetzt werden.

Welche Herausforderungen hatten Sie bei den Vorbereitungen und der Umsetzung im Vergleich zur Winterzeit?

Der Sommertermin ist für uns ein Novum. Der Winter ist die klassische Ballsaison, Highlights wie der Ball des Sports sind bei vielen Stammgästen über Jahre gelernt. Das ist in diesem Jahre anders, weil wir Pandemie-bedingt keine andere Wahl hatten. Aber der ungewöhnliche Termin im Sommer bietet durchaus neue Möglichkeiten: Üblicherweise sind die Wintersportlerinnen und -sportler zum Wintertermin im Wettkampfmodus, dieses Mal können sie gemeinsam mit uns feiern, das freut uns sehr.

Wie sehr hat der Sport (und dessen Förderung) während Corona gelitten?

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Für den Breiten- und Vereinssport waren die Schließungen zu Beginn der Pandemie und die langen Einschränkungen in den Wintermonaten problematisch. Viele Verbände beklagen bereits jetzt ein Nachwuchsproblem, das sich in den nächsten Jahren im Spitzenbereich bemerkbar machen wird. Wir brauchen jetzt Konzepte und Angebote, damit wir auch in acht oder zwölf Jahren bei Olympia und den Paralympics deutsche Erfolge bejubeln können. Der Spitzensport ist insgesamt ordentlich durch die Pandemie gekommen. Das gilt auch für die Sporthilfe: Dank der Unterstützung unserer starken Wirtschaftspartner konnten wir die Förderung in gewohntem Maße aufrechterhalten und stellenweise sogar ausbauen. Dafür können wir im Namen der Athletinnen und Athleten nicht genug danken.

Welche Lehren konnten aus den Winterspielen in Peking gezogen werden?

Das hat verschiedene Dimensionen. Sportlich war die deutsche Bilanz mit 27 Medaillen recht gut, aber bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass nur der Bob- und Schlittenverband und der Deutsche Skiverband Medaillenerfolge feiern konnten. In vielen anderen Sportarten wollen und müssen wir verloren gegangenen Boden gutmachen. Organisatorisch waren es trotz großer Herausforderungen gut organisierte Spiele, das befürchtete Superspreader-Event ist ausgeblieben - auch wenn die starken Corona-Einschränkungen und die fehlenden Zuschauer viel vom Glanz und der Atmosphäre genommen haben, die man sonst von Olympischen Spielen kennt.

Wir erleben einen Sommer ohne die ganz großen Events im Sport. Ist es so schwieriger, den Fokus auf die Unterstützung des Spitzensports zu richten?

Da muss ich widersprechen: Mitte August finden in München die European Championships statt, neun Europameisterschaften unter einem Dach - 50 Jahre nach den Olympischen Spielen in München, die damals der Anlass waren für die Gründung der Sporthilfe im Mai 1967. Ich bin sicher, es wird ein tolles Event mit großartigen sportlichen Leistungen und nahe an den Menschen. Viele Athletinnen und Athleten berichten uns, dass eine solche Heim-EM für sie bedeutender ist als vielleicht eine WM im gleichen Jahr irgendwo auf der Welt. Wir hoffen auf ein starkes Abschneiden der deutschen Starterinnen und Starter, deren Förderung wir als Sporthilfe kontinuierlich verbessern wollen, um die Weichen Richtung Paris 2024 und darüber hinaus zu stellen.

Hat die Politik gerade zu viele andere Sorgen (Corona, Ukraine-Krieg, etc)? Welche Rolle kann, darf und muss vielleicht sogar der Sport spielen?

Dem Sport kommt auf allen Ebenen eine große Bedeutung zu und das weiß die Politik auch - im Breiten- und Gesundheitssport, klar, aber auch im Spitzensport. Unsere besten Athletinnen und Athleten sind Vorbilder, an denen sich Menschen orientieren, von denen sie motiviert werden. Das gilt auch und vielleicht sogar umso mehr in schwierigen Zeiten. Schauen Sie etwa in die Ukraine: Erfolge der ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern, sei es im Fußball oder bei der Schwimm-WM, geben den Menschen dort ein Stück weit die Hoffnung und das Selbstwertgefühl zurück.

Welche Herausforderungen stehen Ihnen in den nächsten Monaten bevor?

Unser Ziel als Sporthilfe ist es, die Förderung unserer Athletinnen und Athleten im Spitzen-, aber auch im Nachwuchsbereich so weiterzuentwickeln, dass wir künftig das Potenzial besser nutzen, das Deutschland als Sportnation nach wie vor hat. Das betrifft die finanzielle Förderung, die nötig ist, damit sich ein Athlet oder eine Athletin voll und ganz auf den Sport konzentrieren kann. Aber auch Weiterbildungen und das Entdecken von Potenzialen über die Sportkarriere hinaus - das wird zunehmend wichtiger. Es muss uns gelingen, die Sportlerinnen und Sportler während ihrer kompletten sportlichen Karriere und auch danach noch passgenauer als bisher zu unterstützen.

Wie weit sind Sie mit der Digitalisierung?

Die digitale Plattform für den Spitzensport ist in der Entwicklung und wir machen gute Fortschritte. Athletinnen und Athleten haben mittlerweile an 365 Tage rund um die Uhr digital Zugang zu all ihren Förderprogrammen und Angeboten, egal, auf welchem Kontinent sie sich bei Training oder Wettkampf befinden. Dieses Angebot wird sehr gut angenommen und hilft, die Athletinnen und Athleten besser, individueller und umfassender zu betreuen. Dies ist möglich über die App 'Meine Sporthilfe', die auch künftig unseren Partnern und Förderern mit neuen Funktionen zur Verfügung gestellt wird.

Das Interview führte Tobias Goldbrunner.