TSV Bleidenstadt: Aufstiegsarchitekt eines Ausnahmevereins
Frank Wilde findet beim TSV Bleidenstadt beste Bedingungen vor – und führt den Klub mit klarem Plan in die Fußball-Gruppenliga.
Von Stephan Neumann
Sportredakteur Wiesbaden
Frank Wilde
(Foto: TSV)
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TAUNUSSTEIN - Breiter Kader, Beständigkeit, beeindruckender Zusammenhalt – der Aufstieg des TSV Bleidenstadt in die Fußball-Gruppenliga ist alles andere als ein Zufallsprodukt. Vielmehr das Resultat eines besonderen Vereinskonstrukts und eines Kurses abseits monetärer Aspekte. Ein Beleg, dass Erfolge im Amateurfußball nicht zwingend mit großen Investitionen verknüpft sein müssen. 23 Jahre in Folge erwarben sich die „Bleischter“ den Ruf des ewigen Kreisoberligisten. 1973 waren sie zuletzt in die Gruppenliga aufgestiegen, seinerzeit noch die zweithöchste hessische Klasse. Jetzt steht die Gruppenliga hinter Hessen- und Verbandsliga an Nummer drei – und wird für die aktuelle TSV-Formation zu einem Abenteuer, dem alle entgegenfiebern.
Vom Jugendspieler zum Aufstiegsarchitekten: Auch Frank Wilde, der vor drei Jahren zu seinem Heimatverein zurückkehrte, den er als C-Jugendlicher in Richtung SG Hoechst und Eintracht Frankfurt verlassen hatte. Beim SV Wehen erlebte er in der Regionalliga tolle Zeiten als Spieler, war als Co-Trainer unter Bernhard Raab (seinerseits jetzt Co-Trainer beim FC Heidenheim) beim FV Biebrich 02 und bei der SG Walluf unter Roland Gisinger im Einsatz. Um beim TSV 2017 den Chefcoachpart zu übernehmen. „Ich war positiv überrascht von der Struktur im Verein. Es gibt stets Ansprechpartner, ich brauche mich ansonsten um nichts zu kümmern“, wusste er von Anfang an das Netzwerk der Organisatoren und Helfer zu schätzen. Ebenso einen überwiegend mit Spielern besetzten Kader, die dem TSV schon lange verbunden sind. Mit dem Faustpfand jährlich aufrückender Eigengewächse aus der Nachwuchsabteilung, die von Dirk Seidel geleitet wird.
Punktuelle Neue, die passen: Zudem setze er jährlich auf ein bis drei gezielte externe Zugänge, verrät Wilde. Er sei kein Fan von großen Umschichtungen mit sechs, sieben Neuen. Mit dieser Marschroute fuhr er im Sommer 2019 offenkundig besonders gut. Marvin Alt kam vom B-Ligisten SV Steckenroth, traf auf Anhieb. Yannic Michel (vorher TuS Hahn) wurde im Abwehrzentrum zum Glücksgriff und Jan Flemming (Spvgg. Sonnenberg) belebte die rechte Seite. Daneben schlug der Ex-Dotzheimer Jonathan Liess ein.
Das hätten sich die TSV-Fußballer vor der Runde nicht träumen lassen: Sie sprinteten in der Kreisoberliga vorneweg. Foto: TSV
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Zusammenhalt der Garant: Davon abgesehen war beim TSV stets das Team der Star. „Die Trainingsbeteiligung war hoch und der Zusammenhalt hat uns Spiele gewinnen lassen“, streicht Mario Nogly heraus. Er stand Wilde als spielender Co-Trainer zur Seite. Norman Schlabs, der als Coach des Bleidenstadter A-Liga-Teams in seine 16. Saison geht, komplettiert den Trainerstab. Wobei beim TSV erste und zweite Mannschaft als absolute Einheit betrachtet werden, mit gemeinsamem Training und donnerstags einer Sitzung beider Teams. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Trainer haben die Mannschaften weiterentwickelt. Es passt alles und die Spieler beider Teams sind auch privat freundschaftlich miteinander verbunden“, erläutert Ralf Neumann (65), seit 20 Jahren Abteilungsleiter.
Sternstunden gegen Schlangenbad und Wallrabenstein: Von hinten heraus konstruktiv aufbauen, sich nach vorne durchkombinieren, ohne mit der Brechstange zu agieren – die TSV-Erste setzte Frank Wildes Philosophie blendend um. Die Erfolge über die Mitkonkurrenten SG Schlangenbad (5:1) und SV Wallrabenstein (5:0) wurden zu Sternstunden einer zudem schwer ausrechenbaren Formation mit etlichen torgefährlichen Spielern. Bis zum vorzeitigen Saisonende im März mit der besten Abwehr, der besten Offensive und Platz eins in der Fair-Play-Tabelle.
Mannschaft hinter der Mannschaft: Neben Neumann zählen Frank Kaufmann, Günter Lutz, Gernot Anders, Carsten Grosch, Max Kutschka, Patrick Schindler, Christopher Damm, Kassierer Helmut Gotscher, Platzwart Waldemar Slezak, Wolfgang „Ignaz“ Schmidt und Wolfgang Elze zur Garde der Aktivposten hinter den Kulissen. Vereinschef Markus Jestaedt weiß um die ausgeprägten Schweißnähte auf allen Ebenen. Gleichzeitig nehme man die Spieler mit in die Verantwortung. „Wir haben alle gefragt: Wollt ihr Gruppenliga spielen?“, verrät Jestaedt. Die fast einhellige Zustimmung aus dem Kader verwundert nicht. Man werde wohl als „Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt“, glaubt Wilde. Doch er ist guter Dinge, dass der Zusammenhalt seiner eingespielten Mannschaft auch in der Gruppenliga, in der mit bis zu sechs Absteigern zu rechnen ist, das Markenzeichen bleiben wird.
Der Aufstiegskader: Daniel Petschulies (25 Jahre/18 Einsätze/0 Tore), Andreas Wiencke (32/2/0), Jonas Bretschneider (24/19/6), Alessandro Eberhardt (25/18/0), Yannic Michel (25/18/3), Patrick Riegler (26/14/0), Frederic Ringleb (27/4/0), Dennis Utsch (27/15/2), Marius Buhrdorf (28/8/2), Tim Flemming (23/13/3), Jens Heisserer (21/1/0), Marius Hirschbiegel (22/12/3), Stefan Karstat (33/13/1), Jonathan Liess (25/19/4), Mario Nogly (31/18/12), Mirko Radanovic (28/19/3), Matin Ommed Rezaie (18/1/0), Manuel Schneider (24/7/0), Jonathan Zelz (22/16/3), Marvin Alt (24/17/4), Jan Flemming (26/12/6), Jannik Golle (21/13/12), Mahmoud Mahmoud (29/1/0).