Die Frankfurter Eintracht hat zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Champions-League-Spiel gewonnen. Der 1:0-Sieg in Marseille wurde aber von Fan-Ausschreitungen überschattet.
MARSEILLE. Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt hat mit einer coolen Vorstellung in heißer Atmosphäre den ersten Sieg in der Königsklasse gefeiert, durch einen hässlichen Auftritt seiner Fans jedoch viele Sympathien verspielt. Begleitet von teils massiven Verfehlungen einiger Eintracht-Anhänger gewann der Fußball-Bundesligist am Dienstag zwar das Gruppenspiel bei Olympique Marseille mit 1:0 (1:0). Nun muss die SGE aber ein Geisterspiel in der Champions League fürchten.
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Die Freude über das Siegtor von Jesper Lindström (43. Minute) und die ersten drei Punkte, mit denen die Hessen in der Gruppe D zum nächsten Gegner Tottenham Hotspur auf Rang zwei aufschlossen, wurde durch die Entgleisungen der mitgereisten Fans erheblich getrübt. Nachdem die Eintracht wegen des Platzsturms im Europa-League-Halbfinale gegen West Ham United von der UEFA zu einem Zuschauerausschluss auf Bewährung verurteilt worden war, droht die Heimpartie gegen Tottenham am 4. Oktober vor leeren Rängen zu steigen.
Immerhin blieb die Mannschaft auf dem Platz cool. Schließlich war bislang kaum eine Aufstellung mit so viel Spannung erwartet worden, wie diesmal. Der Frankfurter Trainer hat sich nach den jüngsten Pleiten für eine Rückkehr zur Dreierkette entschieden, die bei gegnerischem Ballbesitz zu einer Fünferkette wurde. Makoto Hasebe spielte in der Abwehrmitte, Jakic auf der rechten Seite. Es war das „alte“ System, mit dem in der vergangenen Saison der Europapokalsieg gelungen war. Mit Mario Götze und Kolo Muani waren zwei Neuzugänge drin, der Rest waren die Europapokalsieger.
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Es entwickelte sich anfangs keine Partie mit großen Gelegenheiten. Was auch daran lag, dass die Eintracht in der Defensive sehr sicher agierte. Richtig brisant wurde es von Beginn an nur auf den Rängen. Schon in den Stunden vor dem Anpfiff hatten sich die OM-Fans mit Pyrofackeln und vor allem mit sogenannten Kanonenschlägen vor dem Stadion quasi aufgewärmt. Die Eintracht-Fans mussten von einer halben Hundertschaft Polizisten in ihrem Block beschützt werden. Das alles half eine halbe Stunde vor dem Anpfiff nicht mehr. Beide Fangruppen beschossen sich mit Pyro-Raketen, einfach lebensgefährlich, was da passierte.
Hasebe zeigt starke Leistung
Auf dem Platz waren zunächst die Franzosen dominierend. Sie hatten mehr Ballbesitz, rannten an. Doch schon bald zeigte sich, dass die Entscheidung für Hasebe genau die richtige war. Der „alte Hase“ war der Ruhepol, gewann viele Zweikämpfe, in der Luft und am Boden, holte sich mit rustikalem Einsatz auch die Gelbe Karte. Da wusste einer, um was es ging und steckte damit seine Kollegen an. Zumindest kämpferisch wurde die Eintracht von Minute zu Minute besser, nach einer halben Stunde und einer Schrecksekunde wurden sie auch spielerisch gleichwertig. Der bärenstarke Tavares hatte in der 23. Minute den Ball flach nach innen gebracht, Sanchez nur ganz knapp verfehlt. Das war die dickste und bis zur Pause die einzige richtige Chance für Olympique.
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Die Eintracht vertraute auf Konter, auf die Schnelligkeit von Muani und Lindström. Das passte genau einmal. In der 43. Minute spielte Muani auf Lindström, der Ball wurde noch von einem Franzosen abgelenkt und Lindström stand blank. Aus neun Metern traf der Däne zur Frankfurter Führung. Das erste Champions-League-Tor in der Eintracht-Geschichte. Das beflügelte die Mannschaft über die Pause hinaus. Der Beginn des zweiten Durchgangs war dann die beste Zeit der Gäste. Lindström hätte fast seinen zweiten Treffer erzielt, traf aber nur die Latte. Dann kam Knauff über links durch, doch der Rückpass war nicht präzise genug.
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Nach einer Stunde nahm der Olympique-Coach drei Wechsel vor und nun drehte sich die Partie wieder. Die Franzosen bekamen die zweite Luft, die Eintracht geriet unter Druck. Die Konterchancen aber blieben. In der 66. Minute fast der Ausgleich. Luis Suarez kam zum Schuss, Trapp parierte jedoch. Zwei Minuten später war wieder Suarez frei, doch er brachte nur einen Kullerball zustande. Trainer Glasner reagierte mit einer Einwechslung von Sebastian Rode. Für ihn ging Götze vom Platz. Und dann kam sie, die ultimative Gelegenheit zum zweiten Tor. Muani machte alles richtig – bis auf den Abschluss. Alleine vor Lopez scheiterte er eine Viertelstunde vor dem Ende aus acht Metern am Torwart. Kurz darauf das vermeintliche 0:2. Muani-Pass, Kamada alleine. Doch nach VAR-Überprüfung entschied der Unparteiische auf Abseits. Und prompt ging das Abfeuern von Raketen wieder los. Kamada hatte dann noch eine weitere „Hundertprozentige“ Chance, wieder rettete der Torwart. Marseille hatte kaum noch eine Gelegenheit, die Eintracht um den überragenden Hasebe brachte den Sieg nach Hause.
Von Peppi Schmitt und dpa