Oliver Frankenbach: „Dauerhaft wird man das nicht überleben“
Bei einer Fußballsaison ohne Fans müsste die Frankfurter Eintracht laut Finanzvorstand Oliver Frankenbach Einbußen zwischen 60 und 80 Millionen Euro hinnehmen.
Von Peppi Schmitt
Herr der Finanzen bei der Eintracht: Vorstand Oliver Frankenbach.
(Archivfoto: Hübner)
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FRANKFURT - In einem bemerkenswerten Interview mit dem „kicker“ hat Eintracht Frankfurts Finanzvorstand Oliver Frankenbach (52) zum ersten Mal öffentlich Stellung zu den wirtschaftlichen Problemen bezogen, die den hessischen Fußball-Bundesligisten aufgrund der Corona-Krise plagen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Umsatzeinbußen auf eine Saison gesehen bezifferte er bei Spielen ohne Zuschauer für die Eintracht auf eine Summe zwischen 60 und 80 Millionen Euro. „Dauerhaft wird man das sicher nicht überleben“, sagt Frankenbach, der seit 1998 für die Eintracht arbeitet.
Als Ansätze für die Wege aus der Krise nannte er eine „ausreichende Liquiditätsreserve mithilfe einer entsprechenden Kreditlinie“, Gehaltsverzicht in der Profi-Abteilung und mögliche Transfererlöse. Die Eintracht müsse zwar keinen Spieler verkaufen, jedoch: „Wenn wir aber ein Angebot bekämen, worüber wir nachdenken müssten, könnten wir das nicht kategorisch ausschließen. Das gilt für alle Spieler“, sagt Frankenbach. Transfererlöse könnten auch keinesfalls „eins-zu-eins“ wieder investiert werden. „Das ist aktuell nicht vorstellbar, schließlich müssen wir die Kredite irgendwann ja wieder tilgen.“
Bobic führt weitere Gespräche über Gehaltsverzicht
Vorstandskollege Bobic führt aktuell Gespräche mit den Spielern wegen weiterer Gehaltsverzichte. Am Ende der Vorsaison hatten die Profis und alle Mitarbeiter der AG auf 20 Prozent ihrer Einkünfte verzichtet, in ähnlicher Form soll das weitergeführt werden. „Man muss dem Spieler erklären, dass wir auf einen Großteil unserer Umsätze verzichten müssen und es keine blubbernde Quelle gibt, aus der wir etwas hinzuführen können“, sagt der Finanzvorstand. Und dies sei womöglich „nur ein Vorbote dessen, was noch in der Zukunft kommt“. Die Spieler würden das „bisher verstehen“.
Pro Heimspiel, das ohne Zuschauer ausgetragen werden muss, verliert die Eintracht rund 2,5 Millionen Euro. Dazu kommen Einbußen bei Sponsorengeldern. „Für unsere Planungen gehen wir in der Hinrunde davon aus, keine Zuschauer zu haben, in der Rückrunde mit Vollauslastung“, sagt Frankenbach. „Wir planen anhand gewisser Wahrscheinlichkeiten, müssen das Risiko aber komplett abdecken können.“ Da komme dann eine Kreditlinie ins Spiel, über die die Eintracht seit Jahren verfügt, sie bislang aber noch nie in Anspruch genommen hat. Das könnte sich in der Pandemie nun ändern. Wie einiges andere auch. Selbst eine Landesbürgschaft schließt der Frankfurter Finanzboss nicht aus, „weil ich nicht weiß, wie sich das Thema Zuschauer entwickeln wird.“
Frankenbach will keine Gleichverteilung von TV-Geldern
Ein moralisches Problem, eine Bürgschaft zu beantragen, sieht er nicht. Frankenbach: „Bundesligaklubs sind Wirtschaftsunternehmen und sollten genauso behandelt werden wie andere Unternehmen.“ Kritik, viele Vereine hätten sich gegen eine solche Krise zu wenig abgesichert, weist er zurück. „Das ist nicht möglich“, sagt er. „Wenn einem relativ schnell das Geschäftsmodell wegbricht, bekommt man wirtschaftliche Schwierigkeiten, die nicht einfach zu lösen sind.“
Erstaunlich ist die Einstellung Frankenbachs zu einer zukünftig anderen Verteilung der nationalen Fernsehgelder, die von vielen Bundesligaklubs – unter anderem von Mainz 05 – gefordert wird. Frankenbach ist nach intensiven internen Diskussionen gegen eine Gleichverteilung. „Wir haben eine marktwirtschaftliche Struktur in Deutschland und leben nicht im Sozialismus", sagt er. „Am Ende soll doch derjenige gestärkt werden, der Leistung bringt. Auch bei der Verteilung der TV-Gelder muss daher das Leistungsprinzip gelten.“ Zu den Leistungskriterien müssten allerdings auch der „Wert eines Klubs für das Vermarktungsvolumen der Bundesliga" zählen.