Martin Hinteregger ist zurück in Frankfurt - und bei den Eintracht-Anhängern ist die Begeisterung riesig: Warum die Frankfurter Fans den Österreicher so lieben.
Von Peppi Schmitt
Trifft am Wochenende auf seinen Ex-Klub: Martin Hinteregger.
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Als die Frankfurter Eintracht am letzten Donnerstag kurz vor dem Anpfiff zum Europa-League-Qualifikationsspiel gegen den Flora Tallinn bekanntgegeben hat, dass Martin Hinteregger fest verpflichtet worden sei, bebte die Arena. Der 26 Jahre alte Abwehrspieler wurde von den Fans begeistert gefeiert, es gab minutenlange Ovationen. Zuletzt war diese Ehre Alexander Meier zuteil geworden. Der „Fußball-Gott“ hatte 137 Tore für die Eintracht erzielt. Aber warum Hinteregger? Dessen Bilanz in Frankfurt ist überschaubar: Vierzehn Bundesligaspiele, sieben Europacupspiele, jeweils ein Tor. Und doch wurde er gefeiert, als habe die Eintracht Sergio Ramos, den besten Abwehrspieler der Welt geholt. Dabei ist der Österreicher „lediglich“ ein durch und durch solider Spieler, ein großer Kämpfer, ein Profi, auf dem auf dem Platz Verlass ist.
Schnörkellos, hart, rustikal
Also warum? Das Verhältnis zwischen Fans und Spieler war Liebe auf den ersten Blick. Bei den Anhängern kommt die Spielart Hintereggers, schnörkellos, hart, rustikal, an. Er schont weder sich noch die Gegner, er macht auf dem Platz und in Interviews danach und davor kein großes Aufheben. Selbst den Elfmeter-Fehlschuss im Halbfinale der Europa-League in Chelsea wurde ihm nicht nur verziehen, viel mehr noch, es hat seine Beliebtheitswerte noch weiter ansteigen lassen. Das Foto, als ein Fan im Stadion an der Stamforde Bridge Hinteregger tröstend in den Arm genommen hat, ist durch die Medien gegangen.
Der „Hype um Hinti“ hat sich in den letzten Monaten verselbständigt. Auch weil Redakteure des öffentlich-rechtlichen TV-Senders „HR“ mit anderen einen „Hinti-Song“ unter die Leute gebracht haben, den sie nun nach der Verpflichtung mit Hinti-T-Shirts noch einmal neu aufgelegt haben. Bei der „Tour de France“ wurde „free Hinti“ fernsehgerecht auf die Straße gepinselt. Irgendeinen realistischen Hintergrund außer der Emotion der Beliebtheit, ist darin nicht zu erkennen, eher ein kluges Marketing.
Klar ist aber, dass Hinteregger der Eintracht sportlich weiterhilft. Er ist ein guter Verteidiger, für den Sportvorstand Fredi Bobic angeblich zwölf Millionen Euro bezahlt hat. Damit wäre Hinteregger der teuerste Neuzugang in der Geschichte der Eintracht. Auch das eigentlich unglaublich. Genauso wie die Begleitmusik des Wechsels in den letzten acht Wochen. Zunächst war Hinteregger ja nur ausgeliehen vom FC Augsburg, nachdem er dort den damaligen Trainer Manuel Baum eher dezent kritisiert, der Klub aber überreagiert und ihn suspendiert hatte. Für die Eintracht war das ein Glücksfall, für Hinteregger der Beginn eines nicht für möglich gehaltenen persönlichen Aufstiegs. Der österreichische Trainer Adi Hütter kannte seinen österreichischen Landsmann aus gemeinsamen Zeiten in Salzburg und hat sofort geraten zuzugreifen. Die Eintracht hat schnell reagiert. Und einen Volltreffer gelandet, Hinteregger hat vom ersten Spiel an funktioniert. Am Ende der Saison hat er klar gemacht: „Ich will nicht zurück nach Augsburg, ich will in Frankfurt bleiben.“
Es folgten bizarre Handlungen, die vor allem in der Bild-Zeitung beschrieben wurden und deren Wahrheitsgehalt nicht immer exakt zu verifizieren waren. War es nun ein Rucksack der Eintracht, den er zum Trainingsstart in Augsburg mitgebracht hatte oder doch einer der österreichischen Nationalmannschaft? Hat er entschuldigt gefehlt beim Mannschaftsfoto oder wollte er einfach nicht mehr im FCA-Trikot abgelichtet werden? Schließlich tauchte ein Video auf, in dem Hinteregger ganz offensichtlich angetrunken im Anschluss an einen Mannschaftsabend durchs Bild torkelte. Jedem anderen hätten solche Eskapaden geschadet, Hinteregger nicht. Der Rüffel von Sportvorstand Fredi Bobic fiel milde aus. „Ich kann das nicht gutheißen, aber es sind alles nur Menschen“, sagt er. Und räumte ein, dass durch dieses Video Bewegung in die bis dahin festgefahrenen Verhandlungen gekommen war. Beide, Augsburg und Frankfurt, wussten, dass der Spieler zunehmend Schaden nehmen würde, sollte der Status quo nicht verändert werden. Bobic: „Wir haben eine Lösung gefunden, bei der alle ihr Gesicht wahren.“
Nun muss er auf dem Spielfeld für Schlagzeilen sorgen
Für die Eintracht-Fans ist „Hinti“ nun erst recht „einer von uns“. Und Hinteregger selbst spricht davon, „dass ich endlich wieder zu Hause bin“. Nach drei Monaten Frankfurt? Der Verein ist mit dem Transfer in Vorleistung getreten. Für Hinteregger wird es jetzt Zeit, dass er wieder auf dem Spielfeld Schlagzeilen macht. Am besten schon beim Qualispiel am Donnerstag in Vaduz. Damit auf den Jubel kein Katzenjammer folgt.
Edit: Wir haben eine Bewertung des Hinti-Songs entfernt. Er gehört unserer Auffassung nach nicht in solch einen Bericht, ist aber beim Redigieren offenbar durchgerutscht.