Das große Eintracht-Rätsel: Geschlafen, aber warum?
Nach der Niederlage gegen Augsburg waren seitens der Eintracht sogleich Erklärungen zu hören. Doch die zweite Auswärtsniederlage im zweiten Auswärtsspiel macht eine tiefere Analyse notwendig.
Von Peppi Schmitt
Timothy Chandler (links) und Raphael Framberger im Zweikampf.
(Foto: Matthias Balk/dpa)
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FRANKFURT - Die faktische Analyse war einfach: Die Frankfurter Eintracht hat beim FC Augsburg mit 1:2 (0:2) verloren, weil die Mannschaft in der ersten Halbzeit nicht bereit war. „Wir haben nur verloren, weil wir die erste Halbzeit verschlafen haben und unsere Mentalität nicht gezeigt haben“, sagte Mittelfeldspieler Timothy Chandler. Dem schlossen sich alle an. „Wir waren unachtsam, sind in zu viele Konter gelaufen, das geht einfach nicht“, kritisierte Trainer Adi Hütter, „wir haben in der Halbzeit verdient mit zwei Toren hinten gelegen.“ Auch Stürmer Goncalo Paciencia hieb in die gleiche Kerbe. „Wir haben ihnen die erste Halbzeit gegeben und dann in der zweiten Halbzeit nicht das zweite Tor geschossen“, sagte der Frankfurter Torschütze zum Anschlusstreffer, „das ist Fußball.“
Einfache Erklärungen, zu einfache. Denn die Leistung der Mannschaft bei der zweiten Auswärtsniederlage im zweiten Auswärtsspiel macht eine tiefere Analyse unbedingt notwendig. Warum hat die Eintracht den ersten Durchgang „verschlafen“? Eine Einschätzung, die der Trainer im Übrigen nicht komplett teilen wollte, Augsburg habe zwar verdient 2:0 durch Marco Richter und Florian Niederlechner geführt, „aber wir hatten auch vor der Pause schon gute Aktionen.“ Im Grunde war es aber nur eine einzige. Paciencia hatte nach einem Solo nur den Pfosten getroffen. Die Augsburger aber hätten leicht noch zwei oder drei weitere Tore schießen können. Die Abwehrschwächen waren auffallend. "Wir müssen über unsere Rechtsverteidigung sprechen", sagte Abwehrchef Makoto Hasebe, "da haben wir uns heute etwas schwerer getan."
Debütant Sow im Spiel überfordert
Doch es war nicht nur die "rechte Seite" mit Danny da Costa und David Abraham. Hauptgrund für die schwache Vorstellung war das diesmal aufgetretene Gefälle innerhalb des Teams. Kevin Trapp, Makoto Hasebe, mit Abstrichen Sebastian Rode, Daichi Kamada und Goncalo Paciencia, später auch der eingewechselte Dominik Kohr hatten sich im Bereich der Normalform bewegt. Das war ungefähr die halbe Mannschaft. Die andere Hälfte war nicht gut, einige gegen einen biederen, technisch unterlegenen Gegner sogar richtig schlecht. Timothy Chandler gehörte dazu, der den erkrankten Filip Kostic ersetzen sollte und das nicht konnte. Ihn dafür zu heftig zu kritisieren wollte der Trainer zurecht nicht. „Man muss unterscheiden zwischen Chandler und Kostic, es sind ganz andere Spielertypen, Filip hat noch mal eine andere Wucht“, sagte Hütter, „Timmy hat seine Sache sehr ordentlich gemacht.“ Chandler ist von Hause aus Abwehrspieler, Kostic der womöglich druckvollste Angreifer im Adler-Trikot. Da verbieten sich in der Tat Vergleiche. Allerdings wurde schon am vierten Spieltag deutlich, dass die Eintracht speziell auf der Kostic-Position keine wirkliche Alternative hat. Oder warum hat der Trainer nicht den eigentlich dafür geholten Erik Durm eingewechselt?
Die schwachen Leistungen anderer waren überraschender und sind besorgniserregender. Djibril Sow, als „Königstransfer“ mit vielen Vorschusslorbeeren und für viel Geld (9 Millionen Euro) aus Bern geholt, durfte zum ersten Mal von Beginn an ran und war, man muss es so deutlich sagen, völlig überfordert. Er wirkte wie ein Fremdkörper, war ein ständiges Sicherheitsrisiko, langsam am Ball, langsam mit den Gedanken, ganz anders als vorher geschildert. Er wurde zur Pause zu Recht gegen Kohr ausgetauscht. Der Trainer urteilte milde. Sow habe „eine gewisse Nervosität“ gezeigt, „er hat sich das Debüt sicher selbst anders vorgestellt“. Aber der Schweizer Nationalspieler sei noch jung (23), „da muss man ihn auch mal reinwerfen“. Doch dieser Wurf ging daneben.
Nächste Entwicklungsstufe laut Sportvorstand erreicht
Auch der andere Debütant im Eintracht-Trikot weiß nun, was ihn erwartet. André Silva war völlig harmlos, fand auch keine rechte Bindung zum Spiel, hatte keinen einzigen gefährlichen Abschluss. „Ich habe schon vorher gewusst, wie intensiv die Bundesliga ist“, sagte der Portugiese später, „ich kann natürlich nicht zufrieden sein, schließlich haben wir verloren.“ Immerhin hatte Silva sein großes Können hin und wieder aufblitzen lassen.
Vieles war bei der Eintracht nicht stimmig, irgendwie hat die Harmonie noch gefehlt. „Es ist schade, dass wir aus dem vielen Ballbesitz in der zweiten Halbzeit so wenig gemacht haben“, ärgerte sich der Trainer. Der Start in die Saison könnte also nach zwei Siegen und zwei Niederlagen und mit Blick auf die Hammerspiele in dieser Woche gegen Arsenal London in der Europa-League und dann gegen Borussia Dortmund ähnlich zäh werden wie vor einem Jahr. Und dennoch sind sie bei der Eintracht zuversichtlich. Sportvorstand Fredi Bobic sieht die Mannschaft „fußballerisch weiter, ein bisschen feiner.“ Zwar habe die Eintracht „Geschwindigkeit und Dynamik“ verloren, „aber trotzdem haben wir die nächste Entwicklungsstufe erreicht.“