Beim Facebook-Auftritt von „Echo Online“ ist die derzeitige Lage des SV 98 ein großes Thema. Vor allem die Führungsspieler bekommen dabei ihr Fett weg.
Von Jan Felber
Sportredakteur
Stehen wie ein Mann hinter ihrer Mannschaft: die Fans des SV 98. Doch wer stets anfeuert, darf auch kritisieren.
(Foto: Florian Ulrich)
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DARMSTADT - Die Lage des Fußball-Zweitligisten SV Darmstadt 98 lässt die Fans nicht kalt. Sechs Punkte Vorsprung auf Relegationsplatz 16 in der Winterpause scheinen ein ordentliches Polster zu sein, doch angesichts der Tatsache, dass in den jüngsten sechs Spielen gerade einmal zwei Punkte auf die Habenseite gebracht wurden, schrillen bei manchen Anhängern die Alarmglocken. Das zeigt auch die Resonanz bei Facebook auf den ECHO-Bericht vom Mittwoch („Beistand und Trost von ganz oben“).
Die Einträge entstanden am 26. und am 27. Dezember – also lange nach dem 2:6 beim SC Paderborn. Man darf folglich mutmaßen, dass sie nicht aus einer ersten Erregtheit heraus verfasst wurden. Kritik an Trainer Dirk Schuster und Kritik an der Mannschaft halten sich die Waage. Dass der Trainer teils völlig offen in Frage gestellt wird, ist in Darmstadt zumindest bei Dirk Schuster neu.
Was aber wird ihm vorgeworfen? Es geht im Wesentlichen um zwei Dinge. Zum einen um die Taktik, die allzu leicht ausrechenbar sei. „Der Trainer stellt die Mannschaft auf, der Trainer reagiert falsch auf manche Spielsituation“, schreibt Paolo Valvo beim Facebook-Auftritt von Echo-Online. Und weiter: „Der Trainer gibt so manchem jungen Spieler nicht die Chance, sich zu beweisen, der Trainer lässt so manchen Spieler aus Dankbarkeit für das in der Vergangenheit Geleistete spielen, obwohl sie außer Form sind.“
Womit der zweite Punkt ausgesprochen ist: Spieler, die nicht ihr gewohntes Niveau erreichen, dürfen immer wieder ran. Und Spieler, die sich eventuell im Training aufdrängen, nicht. In der Hinrunde brachte vor allem Schusters Festhalten an Johannes Wurtz viele Fans in Rage, die lieber Marvin Mehlem in der Startformation gesehen hätten.
Es sind aber vor allem die vermeintlichen Leistungsträger, die in den vergangenen Spielen nicht ihre Normalform gebracht haben. Gestandene Profis wie Marcel Heller, Tobias Kempe oder auch Aytac Sulu hatten zuletzt Probleme. Das ist auch Tom Han nicht entgangen. „Dirk Schuster verpflichtet alte Spieler, die ihre besten Zeiten hinter sich haben, und er schafft es nicht, neuen, jungen Spielern eine Chance zu geben. Leider ist das unser Untergang, da viele andere Vereine genau darauf setzten und Erfolg haben.“ Genannt werden der SC Paderborn, Holstein Kiel und Jahn Regensburg.
In Paderborn wurde allen Lilien-Fans klar, dass sich der dortige SC mit einer anderen Transferpolitik einen Namen machen wird. Neuzugänge kamen meistens aus der Dritten Liga, sie sind hungrig und waren den Lilien beim 6:2 meistens einen Schritt voraus. „Vielleicht sollte man auch einmal anfangen, die Mannschaft zu hinterfragen. Es liegt nicht immer nur am Trainer“, schreibt „A Irene Florl“ bei Echo-Online. Worauf Richard Kramer erwidert: „Trainer verpflichten auch Spieler.“ In Darmstadt noch mehr als bei anderen Vereinen, da dort ein Sportvorstand oder ein ähnliches Berufsprofil fehlt. Der Trainer ist in Personalunion quasi auch Sportvorstand – was funktionieren kann, aber nicht muss.
Eine Art Sportvorstand war auch Schusters Vorgänger Torsten Frings gewesen. Der steht immer noch auf der Gehaltsliste des Vereins, weil sein Vertrag im September 2017 bis Juni 2020 verlängert worden war. Drei Monate später war Frings weg. „Wenn man vorzeitig Trainerverträge, siehe Frings, verlängert, braucht man sich nicht wundern, wenn man mit dem Rücken finanziell an der Wand steht“, moniert Andre Salzmann beim Facebook-Auftritt von Echo-Online. „Daher wird sich am Trainerkarussell nichts tun. Die Mannschaft soll mal spielen. Sulu, Kempe – und wie sie alle heißen.“ Auch hier wird klar: Das Auftreten der Mannschaft zieht Kritik auf sich. Nicht das Verhalten von jungen Spielern, denen auch Fehler zugestanden werden (etwa bei Mehlem), wohlgemerkt, sondern vor allem das Niveau, auf dem Führungsspieler teilweise agieren.
Wie aber gelingt es, wieder in die Spur zu kommen? Hartmut Illner hat eine Idee, die viele Fans im Netz teilen. „Der Ball sollte mal länger in den eigenen Reihen bleiben und Spielaufbau zelebriert werden. Immer nur den Ball nach vorne schlagen und hoffen, das kann auf Dauer nicht gutgehen.“ Dass die Lilien spieltechnisch limitiert sind, ist an sich ja nicht schlimm. Doch das Mittel, den Ball schnell über die Außen nach vorne zu treiben und dann Serdar Dursun zu suchen, ist mittlerweile bekannt.
Ab und zu gibt es übrigens auch Trost für die Lilien. Und das Bekenntnis, auch in schweren Zeiten zum Verein zu stehen. „Kommt gestärkt zurück! Ich hoffe auf eine sicher gute Rückrunde und darauf, dass Dirk Schuster noch lange unser Coach bleibt“, schreibt Pero Djetlic – und damit ist er nicht allein.