Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff

Wolkenverhangen aber dennoch grandios: Die Aussicht auf die Berge war es, die schon Kaiserin Sissi so gut gefiel. Im 19. Jahrhundert verbrachte die Monarchin zwei Kuraufenthalte auf Schloss Trauttmansdorff (links)  bei Meran. Der Botanische Garten wurde jedoch erst vor knapp 20 Jahren errichtet. Seitdem hat er sich zur Hauptattraktion ganz Südtirols entwickelt. Im Frühling blühen hier Tausende Tulpen (unten). Fotos: Ute Strunk

Schon Kaiserin Sissi genoss einst den Ausblick vom Schloss bei Meran auf das Südtiroler Etschtal. Den Botanischen Garten gab es damals aber noch nicht. Er ist erst 20 Jahre alt.

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. Majestätisch thront das Schloss auf einem Hügel etwas außerhalb von Meran in Südtirol. An der Mauer unterhalb seiner Südseite rankt eine üppig violett blühende Glyzinie. Zu seinen Füßen erstrecken sich auf einer Fläche von zwölf Hektar Gärten, in denen im Frühling Abertausende von Zwiebelpflanzen blühen, im Hintergrund die schneebedeckten Berge. Der Besucher schlendert über terrassierte Wege, genießt die grandiose Aussicht auf das Etschtal und stellt sich dabei vor, wie einst Kaiserin Sissi hier wandelte.

Wolkenverhangen aber dennoch grandios: Die Aussicht auf die Berge war es, die schon Kaiserin Sissi so gut gefiel. Im 19. Jahrhundert verbrachte die Monarchin zwei Kuraufenthalte auf Schloss Trauttmansdorff (links)  bei Meran. Der Botanische Garten wurde jedoch erst vor knapp 20 Jahren errichtet. Seitdem hat er sich zur Hauptattraktion ganz Südtirols entwickelt. Im Frühling blühen hier Tausende Tulpen (unten). Fotos: Ute Strunk
Ein „Meer“ von pinkfarbenen Tulpen ergießt sich über den Hang an der Südseite des Schlosses.

Falsch. Als Kaiserin Sissi im Oktober 1870 anlässlich eines Kuraufenthaltes in Meran zum ersten Mal auf Schloss Trauttmansdorff weilte, gab es den Garten in seiner heutigen Form noch gar nicht. Der Besuchermagnet, der pro Jahr rund 400 000 Menschen anzieht, wurde erst 2001 eröffnet. Seither hat er sich zur Hauptattraktion ganz Südtirols entwickelt.

Am vielleicht schönsten ist ein Besuch im Frühling, wenn die Temperaturen angenehm sind und sich in den Beeten an den Hängen ein Meer aus Tulpen ergießt. In allen erdenklichen Rosa-Tönen leuchten ihre Blüten im Rosengarten südlich des Schlosses. Auf der anderen Seite des Weges, im sogenannten Blumengarten, sieht der Betrachter eine Sinfonie in Rot, Gelb und Blau – eine Kombination aus Tulpen, Narzissen, und Traubenhyazinthen. Auf der sonnenverwöhnten Südseite des Hanges schlängelt sich der Weg über mehrere Terrassen nach unten zum See. Rechts und links der Strecke recken säulenförmige Zypressen ihre Spitzen wie Pfeile gen Himmel, über die Mauern aus Naturstein wuchert üppig der Rosmarin, zu seinen Füßen blühen Anemonen und Wildtulpen in zartem Pink.

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Bei einem Latte macchiato im Café am Seerosenteich genießt man die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne und den Blick auf die schneebedeckten Berge in der Ferne. Hier lässt es sich aushalten – zumindest im Frühling.

Kuriose Details aus der Welt der Pflanzen

Nur in diesem Frühling ist alles anders. Da blieb der Botanische Garten aufgrund der Corona-Krise bis jetzt geschlossen. Wenn an diesem Wochenende die Saison endlich eröffnet wird, ist die Zeit der Tulpenblüte längst vorüber. Aber die nächsten Blüh-Höhepunkte stehen bevor: die der Rosen zum Beispiel. Noch ist die Einreise nach Südtirol für Ausländer nicht möglich, doch auch das wird sich voraussichtlich bald ändern. „Ab dem 3. Juni dürfen Bürger aus der Europäischen Union und dem Schengen-Raum wieder in Italien einreisen – ohne danach zwei Wochen in Quarantäne zu gehen“, heißt es auf suedtirol.info, der offiziellen Webseite für Urlaub in Südtirol.

„Im Sommer kann es auf der Südseite in den Sonnengärten ganz schön heiß werden“, erzählt Charlotte Jenny. Die Historikerin zeigt Besuchern die Gärten. Und wer genügend Zeit hat, sollte an einer solchen Führung unbedingt teilnehmen, denn hierbei erfährt man viele Details aus der Welt der Pflanzen – auch kuriose. Zum Beispiel, dass die Samen des Johannisbrotbaums ein Einheitsgewicht haben, weshalb sie früher als Maßeinheit benutzt wurden. Jeder einzelne Kern wiegt 200 Milligramm. Sie weiß auch, dass der Bambus nur einmal im Leben blüht, dann aber überall auf der Welt mehr oder weniger gleichzeitig – danach stirbt er überall ab.

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Die Führung beginnt im Waldgarten auf der schattigen Nordseite des Schlosses. Hier wachsen Laub- und Nadelbäume aus Asien und Amerika und im Sommer ist es angenehm kühl. Gleich hinter dem Eingang liegt der japanische Auenwald gegenüber einem immergrünen Lorbeerwald, dessen Bäume ebenfalls in Asien beheimatet sind. „Es waren die Pflanzenjäger des 18. Jahrhunderts, die mit ihrer Leidenschaft für fremde Pflanzen viele der heute in unseren Gärten so bekannten Sorten nach Europa brachten“, sagt die Gartenführerin. Die Forsythie, das Tränende Herz, die Pfingstrose – sie alle sind erst in den vergangenen 200 Jahren hier heimisch geworden.

Im Frühling beginnt in diesem Teil des Gartens die Blühsaison mit der Zierkirsche, gefolgt von den mehr als 300 Rhododendronarten. Insgesamt gibt es vier verschiedene Gärten rund um Schloss Trauttmansdorff – neben Wald- und Sonnengärten auch einen mit dem Namen „Landschaft Südtirols“. Diese wurde entlang eines künstlich angelegten Wasserlaufs inszeniert – mit Streuobstwiese und Weinberg als Beispiel für eine traditionelle Kulturlandschaft.

Beispiele für europäische Gartenarchitektur können Besucher im Bereich der Wasser- und Terrassengärten betrachten: den italienischen Renaissance-Garten mit typischer Buchsbaumeinfassung, Wasserkanälen und Zitruspflanzen genauso wie einen englischen Staudengarten.

Rund 30 Gärtner bewirtschaften die Gärten in der Hochsaison, etliche Beete werden mehrmals im Jahr neu bepflanzt. Es gibt also zu jeder Jahreszeit etwas zu sehen. In jedem Monat gibt es blühende Attraktionen.

„80 Prozent der Bäume aus dem Waldgarten finden sich auch auf der Tappeinerpromenade in Meran“, sagt Charlotte Jenny. Entlang des Spazierweges am Hang des Küchelberges oberhalb Merans wachsen tatsächlich ebenfalls Opuntien, Agaven, Eukalyptus und Magnolien. Dazu Pinien, Himalaja-Zedern und Ölbäume. Viele der mediterranen Pflanzen, so erklärt die Gartenführerin, wurden dort bereits um die Jahrhundertwende um 1900 angepflanzt. Sie machen das besondere Flair der Kurstadt aus, das durch einen Mix aus alpenländischem und mediterranem Lebensgefühl gekennzeichnet ist, der sich auch in den Pflanzen widerspiegelt. Dank des milden Klimas gedeihen hier die exotischen Pflanzen.

Rund um Schloss Trauttmansdorff wurde diese besondere Mischung dadurch geschaffen, dass beim Kauf der Bäume, sehr große Exemplare ausgewählt wurden, damit der Eindruck eines gewachsenen Gartens entsteht. Und knapp 20 Jahre nach seiner Eröffnung könnte man tatsächlich denken, dass er bereits vor 200 Jahren angelegt wurde. Wenn man auch spätestens seit der Führung mit Charlotte Jenny weiß, dass zumindest Kaiserin Sissi nie über die gleichen Wege lief wie man selbst heute.