Gesundheit: Welcher Schulranzen ist der Richtige? Schulleiter und Experten aus Wiesbaden geben Tipps
Von Natascha Gross
Online-Redakteurin
Der Ranzen sollte mit der Schulter abschließen, zu lange Riemen können das Hohlkreuz-Risiko erhöhen. Archivfoto: dpa
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WIESBADEN - Noch gut fünf Wochen, dann fängt die Schule (wieder) an. Höchste Zeit, sich über den neuen Schulranzen oder Rucksack Gedanken machen. Denn die Auswahl ist groß: Vom schicken Rucksack über Trolleys bis zum klassischen Schulranzen hat die Branche einiges zu bieten. Eine Entscheidung zu treffen, fällt schwer. Zwei Schulleiterinnen, ein Wirbelsäulenspezialist und der Leiter der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung (BAG) geben Tipps.
13- bis 15-Jährige klagen über Schmerzen
Dass der passende Schulranzen nicht die ausreichende Bewegung ersetzt, darin sind sich alle Befragten einig. „Rückenschmerzen kommen nicht vom falschen Schulranzen, sondern von zu wenig Bewegung“, sagt die Schulleiterin der Bierstadter Fliednerschule, Karin Petersen. Seit 2006 gibt es deshalb an der weiterführenden Schule Bewegungspausen. Das scheint auch nötig zu sein, denn laut einer Pressemitteilung der Asklepios Paulinen-Klinik hat jedes fünfte Kind heutzutage Haltungsfehler, schon 13- bis 15-Jährige klagen über Rückenschmerzen. Dass Schulkinder zu viel sitzen, findet auch Dr. Dieter Breithecker vom BAG in Naurod problematisch: „Langes Sitzen ist tödlich“. So lange sich aber das Konzept der bewegten Schule mit Stehpulten und beweglichen Stühlen nicht flächendeckend durchsetzt, wollen viele Eltern dem Rücken ihrer Kinder nicht noch mehr zumuten.
Als Erstes sollte deshalb auf ein geringes Eigengewicht des Ranzens geachtet werden. „Der Schulranzen sollte nicht mehr als 1,3 Kilogramm wiegen“, rät Wirbelsäulenspezialist Dr. Peer Joechel von der Asklepios Paulinen Klinik (APK). Empfohlen wird außerdem, dass das Gesamtgewicht zehn Prozent des Kindesgewichts nicht überschreitet. Bei einem Erstklässler, der im Schnitt 23 Kilogramm auf die Waage bringt, wären das 2,3 Kilogramm. Mit dem Alter steige aber auch die Belastbarkeit: Ein zehnjähriges Kind von 40 Kilogramm kann auch einen vier Kilo schweren Ranzen tragen.
WAS BEIM KAUF BEACHTET WERDEN SOLL
Das Kind sollte beim Kauf dabei sein, damit sichergestellt werden kann, dass der Ranzen richtig passt. Das Leergewicht des Schulranzens/-rucksacks darf im Grundschulalter 1,3 Kilogramm und im Mittel- und Oberstufenalter 1,5 Kilogramm nicht überschreiten.
Die Schulterträger sollten mindestens vier Zentimeter breit sein und gut gepolstert und ergonomisch geformt sein, um Druckstellen zu vermeiden.
Richtig eingestellt sind die Riemen, wenn der Ranzen mit den Schultern abschließt.
Geringere Schädigung bei starker Muskulatur
Der BAG sieht die Grenzen indes nicht so eng: „15 Prozent des Körpergewichts sind unbedenklich“, sagt Breithecker. Man müsse den Schulranzen weniger als Gefahr betrachten, sondern viel mehr als Trainingsgerät. „Das Tragen eines Ranzens oder Rucksacks ist eine Kraftbewältigung, es festigt die Strukturen.“ Deshalb sollten auch Eltern den Ranzen ihrer Kinder nicht tragen.
Wirbelsäulenspezialist Joechel ergänzt: „Je stärker die Rückenmuskulatur, desto geringer ist der schädigende Einfluss eines Schulranzens“. Ob das falsche oder zu schwere Tragen eines Rucksackes Skoliose, eine Drehfehlhaltung der Wirbelsäule, beeinflusse, sei ungeklärt. Eine negative Unterstützung dieses Krankheitsbildes könne aber nicht ausgeschlossen werden. Das Längenwachstum sei ein heikler Bereich, die Gefahr von Fehlhaltungen sei im Kindesalter deutlich höher als im Erwachsenenalter.
Mit dem Fixieren des Ranzens am Körper könne beispielsweise die Gefahr eines Hohlkreuzes minimiert werden. Deshalb sei es wichtig, dass schwere Sachen wie Bücher so einsortiert werden, dass sie direkt am Körper liegen. Demnach sei eine Fächeraufteilung und eine stabile Kontur nötig, „damit nicht alles hin und her rutscht“, empfiehlt Breithecker. Wenn nicht alle Inhalte richtig platziert seien, mache der Körper eine Gegenbewegung mit dem Kopf.
Kerstin Frey, Schulleiterin der Philipp-Reiss-Schule, hat außerdem noch einen wertvollen Tipp: „Ich persönlich empfehle einen Ranzen mit Außentasche für die Trinkflasche“, sagt die Grundschul-Direktorin. Denn bei jedem Kind komme es mindestens einmal vor, dass die Flasche im Ranzen ausläuft. Außerdem appelliere die Schule an die Kinder, nur das einzupacken, was für den jeweiligen Tag gebraucht wird.