Missbrauchsfall von Edenkoben: Ebling verteidigt Polizei

Am Ortseingang steht ein Schild mit der Aufschrift „Luftkurort Edenkoben“.
© Uwe Anspach/dpa

Die Umstände der Entführung eines zehnjährigen Mädchens in Rheinland-Pfalz sorgen bundesweit für Empörung. Vor allem die Rollen von Polizei und Justiz stehen in der Kritik.

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Mainz/Edenkoben. Immer neue Details zum Missbrauchsfall von Edenkoben dringen an die Öffentlichkeit: Ein mehrfach vorbestrafter Sexualtäter soll am Montag in Rheinland-Pfalz offenbar ein zehnjähriges Mädchen in sein Auto gezerrt und anschließend sexuell missbraucht haben. Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Das Entsetzen steigerte sich, als am Donnerstag nun bekannt geworden war, dass in den vergangenen zwei Monaten zahlreiche Hinweise von Eltern bei der Polizei eingegangen waren, die vor dem mutmaßlichen Täter gewarnt hatten. Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling stellte sich am Freitag bei einer Sondersitzung aber schützend vor die Einsatzkräfte: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Polizei sämtliche rechtlichen und taktischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um den mutmaßlichen Täter zu überwachen.“ Laut Ebling sei die pfälzische Polizei dabei „an die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit“ gegangen.

Der 61-jährige Verdächtige soll am Montag auf dem Schulweg das zehnjährige Mädchen in einem Auto entführt und anschließend in einem leerstehenden Gebäude in Bad Dürkheim missbraucht haben. Eine Augenzeugin hatte die Polizei über den Vorgang informiert, woraufhin eine groß angelegte Suchaktion eingeleitet worden war. Gut eine Stunde später entdeckte auf einer Bundesstraße schließlich eine Zivilstreife das Auto des Verdächtigen. Es kam zur Verfolgungsjagd, bei der der mutmaßliche Täter mit erhöhter Geschwindigkeit vor der Polizei floh und gleich mehrere Autounfälle provozierte. Nach rund 25 Minuten gelang es den Einsatzkräften, den Flüchtigen zu stoppen und ihn unter Zwang aus dem Auto zu manövrieren. Auf der Rückbank entdeckten die Polizisten die zehnjährige Gefangene.

Facebook-Post der Stadt Edenkoben

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Haftbefehl wegen elektronischer Fußfessel kam zu spät

Besonders die Umstände der Tat sorgen seitdem für Empörung. Der 61-jährige Mann war erst Ende Juli aus einer Haftstrafe entlassen worden. Die Auflage, eine elektronische Fußfessel zu tragen, lehnte er ab. Wie der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) erklärte, könne eine Fußfessel nicht unter Zwang angelegt werden. Die Landesregierung wolle aber aufgrund des Vorfalls in Edenkoben eine Gesetzesänderung prüfen. Die Weigerung des 61-Jährigen, die elektronischen Fußfessel zu tragen, stelle allerdings bereits jetzt eine Straftat dar. Ein entsprechender Haftbefehl war in den finalen Zügen der Bearbeitung, kam allerdings zu spät, um die Tat zu verhindern.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Polizei sämtliche rechtlichen und taktischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um den mutmaßlichen Täter zu überwachen.

Michael Ebling Innenminister, Rheinland-Pfalz

Ebenfalls ist mittlerweile bekannt, dass der Verdächtige nach seiner Haftentlassung gegen weitere Polizeiauflagen verstoßen hatte. Zum einen besaß er ein Smartphone, wenngleich es ihm verboten war. Zum anderen hatte er sich eine Wohnung in der Nähe eines Spielplatzes gemietet, obwohl es ihm untersagt war, sich Kindern zu nähern oder sie anzusprechen. Wie Andreas Sarter, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, erklärte, sei es nach der Haftentlassung auch zu zahlreichen Hinweisen aus der Bevölkerung über den Verdächtigen gekommen. „Die Polizei ist sämtlichen Informationen nachgegangen, viele der Hinweise konnten nach näherer Prüfung aber nicht bestätigt werden.“ Wie Sarter erklärte, habe die Polizei den Verdächtigen ohnehin engmaschig kontrolliert und kontaktiert. Allein im August und September hätten Einsatzkräfte 20 Mal Gespräche mit dem 61-Jährigen geführt. „Ein Verdacht für eine konkrete Gefahrenlage lag uns aber nicht vor“, so der Polizeichef.