Wie sich die hessische SPD mit einem Gruß zum jüdischen Feiertag Jom Kippur in den sozialen Netzwerken blamierte – und mit ihrer eindeutigen Reaktion auf den Fehler Respekt bekam.
WIESBADEN. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint: Die hessische SPD hat sich in den sozialen Netzwerken mit einem Beitrag blamiert, in dem Glückwünsche zum höchsten jüdischen Feiertag mit dem Foto eines islamischen Heiligtums verbunden waren. „Heute Abend beginnt Jom Kippur: Allen Jüdinnen und Juden wünschen wir Gmar Chatima Tova“, lautete der Post, der am Dienstag unter anderem auf Twitter verbreitet wurde. Zu Deutsch bedeutet dieser Gruß etwa: „Möge deine Einschreibung (in das Buch des Lebens) gut abgeschlossen werden.“
Pressesprecher nimmt Fehler auf seine Kappe
Bebildert war die Würdigung mit einem Foto des Felsendoms auf dem Tempelberg in Jerusalem – einem islamischen Schrein, der als eines der Hauptheiligtümer verehrt wird. „Die SPD scheint Juden und Moslems nicht auseinander halten zu können – und das an unserem höchsten Feiertag“, war noch eine der freundlicheren Reaktionen aus den Reihen der jüdischen Community in Hessen.
In den sozialen Medien hagelte es am Mittwoch Spott und Häme. Dort hieß es unter den Posts etwa: „Ein kleiner, aber hochpeinlicher Fehler eines einfachen Mitarbeiters mit Bildungslücken.“ Andere Kommentatoren bemängelten „den ,Geist‘ der SPD oder deren Unfähigkeit“. Nachdem der Fehler durch die Kommentare entdeckt war, wurde der Post von den Sozialdemokraten schnell gelöscht. Die Genossen reagierten daraufhin mit einer „aufrichtigen Entschuldigung“. Christoph Gehring, Leiter der gemeinsamen Pressestelle von Landesverband und Landtagsfraktion, nahm den Fehler auf seine Kappe und entschuldigte sich „persönlich und im Namen der Institutionen, für die ich spreche“.
Welcher Kontrollmechanismus versagt habe, ließ er offen, für die Pressestelle übernehme er aber die Verantwortung. Dort sei niemandem aufgefallen, dass anstelle einer Synagoge ein islamisches Bauwerk zur Illustration ausgewählt wurde, was dazu geführt haben könnte, dass Mitglieder der jüdischen Gemeinde „provoziert, angegriffen oder beleidigt“ gefühlt haben könnten. „Uns ist etwas unterirdisch Dummes passiert, für das wir zu Recht hart kritisiert werden“, schrieb der SPD-Sprecher auf Twitter. „Schimpf und Schande“ sollten sich nicht an Abgeordnete oder Parteimitglieder richten, sondern allein an die Pressestelle „und an mich als deren Leiter“.
Gehring gilt als Freund offener Worte. Im Frühling kritisierte er einen Facebook-Post der Hessen-CDU, in dem die hessische SPD-Vorsitzende Nancy Faeser in Verbindung mit dem umstrittenen Altkanzler Gerhard Schröder und dem angeschlagenen Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (beide SPD) in Verbindung gebracht worden war, gegenüber dieser Zeitung als „vollständig geschmacklos, bodenlos dumm und schlicht zynisch“.
Entschuldigung der SPD sorgt für positives Echo
Das Schuldeingeständnis sorgte im Kurznachrichtendienst Twitter wiederum für respektvolle Reaktionen: „Das hat Größe und ist ein seltenes Gut in der deutschen Politiklandschaft, einen Fehler offen zuzugeben“, schrieb ein User. Und nicht jeder Kritiker, der sich über den Fauxpas echauffierte, war selbst im Thema: So war in einem Facebook-Post von RTL die Rede vom „Bild einer Moschee“, auch andere Kommentatoren verwechselten den Felsendom mit der benachbarten Omar-Moschee. Verdrängt wurde die Diskussion um den Fehler SPD vom Anschlag auf eine Synagoge in Hannover an Jom Kippur.