Auf ein Ultimatum, das die Trucker an die polnische Spedition von Unternehmer Lukasz Mazur gestellt haben, gab es keine Reaktion. Warum jetzt drastische Folgen drohen.
Gräfenhausen. Freitagmittag, 13.30 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die 63 Lkw-Fahrer, die seit Ende März an der A5-Raststätte Gräfenhausen-West streiken, ein Ultimatum gesetzt. Dieses besagt, dass die polnische Spedition von Unternehmer Lukasz Mazur die ausstehenden Löhne der Männer begleichen soll. Eine Reaktion darauf blieb jedoch aus. Die Folgen sind drastisch.
„Ein Fahrer hat angedroht, dass er nun in einen Hungerstreik treten werde. Zur Not würde er dort sogar sterben.” Das berichtet Anna Weirich vom DGB-Projekt „Faire Mobilität”. Sie hat mit den Fahrern am Freitagnachmittag an der Raststätte eine Pressekonferenz abgehalten, um den aktuellen Sachstand zu verkünden. Die Männer, die zu großen Teilen aus Georgien und Usbekistan stammen, seien fest entschlossen, für ihre Gerechtigkeit zu kämpfen, sagt Weirich. Seit einer Woche erhalten zwar immer mehr Trucker ihren ausstehenden Lohn – doch es sei noch nicht alles überwiesen. Knapp 100.000 Euro würden insgesamt noch ausstehen. Die einzelnen Verhandlungen seien langwierig, erzählt die Gewerkschafterin.
Immer mehr Fahrern werden krank
Für die Fahrer werde der Streit zunehmend zu einer echten Belastungsprobe. Immer mehr würden krank. „Einer hat sich das Bein gebrochen und kam gestern erst wieder an die Raststätte”, erzählt Weirich. Problematisch sei, dass die meisten von ihnen keine gültige Krankenversicherung hätten. Bei medizinischen Notfällen müsse man verhandeln. Für Weirich ein inakzeptabler Zustand. „Ich wünsche mir seit drei Wochen, dass das Geld einfach gezahlt wird und die Männer in ihre Heimat zurückkehren können”, sagt sie. Doch dieses Ziel scheint noch in weiter Ferne. Das Ultimatum ist verpufft und auf die Trucker wartet auf die nächste Hiobsbotschaft.
Die Polizei hatte für Freitag einen Kunden angekündigt, der die für ihn vorgesehene Ladung umladen und mit eigenen Trailern abholen wollte. Bei diesem Kunden handelt es sich laut Weirich um den US-amerikanischen Großkonzern General Electric. Für 14 Uhr war die Aktion wohl geplant und mit der Polizei abgesprochen. Doch passiert ist nichts. Das müsse allerdings nichts heißen, sagt Weirich. „Das könnte auch noch am Montag vonstattengehen.” Generell dürften sich die Fahrer derzeit abstimmen, wie sie mit der Lage weiter verfahren wollen, vermutet die Gewerkschafterin. General Eletric werde ihr zufolge nicht der einzige Kunde sein, der auf seine Ware wartet.
Menschenhandel in Belgien?
Zu den 63 Fahrern gesellte sich am Mittwoch zudem noch ein weiterer. Ihm seien ebenfalls falsche Versprechungen gemacht worden, erzählt Weirich. Er sei mit Ausnahme des Monats März seit dem 25. November auf Achse gewesen und habe für diesen Zeitraum umgerechnet nur etwa 1000 Euro bekommen, sagt sie. Zudem sei er dazu angehalten worden, Frachtdokumente zu fälschen. Er parkt mit seinem Trailer auf Anweisung der Polizei jedoch abseits vom Geschehen des Streiks. In Belgien soll laut Angaben von Weirichs Kollegen Edwin Atema außerdem ein Lkw derselben Firma von der Polizei aus dem Verkehr gezogen worden sein: Die belgische Staatsanwalt ermittle wegen Menschenhandels.
Eine Prognose zu treffen, welchen Verlauf der Streit zwischen den Lkw-Fahrern und Mazur nun nehmen werde, sei schwer, sagt Weirich. Die Lastwagenfahrer wollen bekanntlich so lange zusammen bleiben, bis auch der Letzte von ihnen seinen Lohn überwiesen bekommen hat. Aufmerksamkeit haben sie zumindest geschaffen – auch das EU-Parlament beschäftigte sich in dieser Woche mit den Vorfällen in Gräfenhausen.