Fraport wird Beteiligung in Russland nicht los

aus Krieg in der Ukraine

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Der Schriftzug Frankfurt Airport ist an der Fassade zu sehen.
© Silas Stein/dpa/Archivbild

Der Frankfurter Flughafenbetreiber steht in der Kritik, weil er Anteile am Sankt Petersburger Flughafen hält. Nutzt Putin den Airport für seinen Krieg gegen die Ukraine?

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Frankfurt. Seit 2010 hält die Fraport AG eine Minderheitsbeteiligung am Sankt Petersburger Flughafen Pulkowo. Was einst als kluge Ausweitung der Geschäfte galt, ist für den Frankfurter Flughafenbetreiber spätestens mit dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine zum Problem geworden. Bisher hieß es stets beschwichtigend, der zivile Flughafen im Nordwesten Russland spiele keinerlei Rolle im Kriegsgeschehen, doch gibt es daran nun erhebliche Zweifel.

Recherchen: Auch Prigoschins Privatarmee Wagner nutzt den Petersburger Flughafen

Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR nutzte zum Beispiel im Juni 2022 ein russisches Transportflugzeug den Flughafen für Start und Landung, das inzwischen auf der Sanktionsliste des US-Justizministeriums steht. Außerdem wird in den Berichten eine weitere Maschine aufgeführt, die von der Wagner-Truppe für Transporte verwendet werde, also jener Privatarmee des inzwischen in Ungnade gefallenen Militärunternehmers Jewgeni Prigoschin, dessen Einheiten für zahlreiche Kriegsverbrechen in der Ukraine verantwortlich sein sollen.

Die 25-Prozent-Beteiligung der Fraport AG an Pulkowo ist auch ein Politikum, weil der Frankfurter Flughafenbetreiber teilweise in staatlicher Hand ist: Das Land Hessen hält 30 Prozent, die Stadt Frankfurt indirekt weitere 20 Prozent. Im hessischen Landtag hatte die FDP die Geschäftsbeziehung der Fraport mit Russland mehrfach zum Thema gemacht, zuletzt mit einer Kleinen Anfrage im März. Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) hatte in seinen Repliken stets betont, Pulkowo werde rein zivil genutzt.

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Doch warum verkauft die Fraport ihre Anteile an Pulkowo nicht einfach? Das sei bis 2025 nicht ohne Zustimmung der russischen Behörden möglich, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Allerdings seien die Geschäftsaktivitäten unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 „ruhend gestellt“ worden. Das bedeute: „Es sind keine Fraport-Mitarbeiter vor Ort, und es werden seitdem keine Consulting-Leistungen erbracht.“ Auch sei das Russlandgeschäft im zweiten Quartal 2022 in der Bilanz komplett abgeschrieben worden. Mögliche Handlungsoptionen bewerte man kontinuierlich, „um eine angemessene Entscheidung zur Zukunft der Beteiligung zu treffen“, teilt Fraport mit.

Auch Finanzminister Boddenberg weist in einer Reaktion auf die Medienberichte darauf hin, dass das Russland-Geschäft der Fraport seit Kriegsbeginn ruhe. „Das Unternehmen zieht daraus keinerlei Nutzen oder Gewinn.“ Die Landesregierung sei im Austausch mit dem Auswärtigen Amt, um die Lage besser einzuschätzen. „Belastbare Belege für eine militärische Nutzung im mörderischen Krieg gegen die Ukraine gibt es demnach nicht“, erklärt Boddenberg – und widerspricht damit den Recherchen von SZ, NDR und WDR. Zur Frage eines Verkaufs der Fraport-Anteile weist Boddenberg ebenfalls darauf hin, dass dies an einer Genehmigung russischer Behörden hänge. „Unabhängig davon sollten wir diesem Kriegsverbrecher (Putin) nicht auch noch Vermögenswerte überlassen“, gibt Boddenberg zu bedenken.

Wir sollten diesem Kriegsverbrecher (Putin) nicht auch noch Vermögenswerte überlassen.

Michael Boddenberg Hessischer Finanzminister
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Die hessische FDP fordert von der Landesregierung eine „Exit-Strategie“

Der FDP im hessischen Landtag genügt das nicht. „Wann zieht die Landesregierung endlich die Notbremse und legt eine Exit-Strategie vor?“, fragt die haushaltspolitische Sprecherin Marion Schardt-Sauer. Sie spricht von „belastbaren Hinweisen über die militärische Nutzung“ des Flughafens von Sankt Petersburg. „Die Landesregierung kann sich jetzt nicht länger dahinter verstecken, dass es keine Beweise für eine militärische Nutzung gebe.“

Wann zieht die Landesregierung endlich die Notbremse und legt eine Exit-Strategie vor?

Marion Schardt-Sauer FDP-Abgeordnete im hessischen Landtag

Schardt-Sauer erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die sogenannten Pandora-Papers, die Hessen gekauft hat, Leaks zum Flughafen Pulkovo und der Betreibergesellschaft enthielten. „Finanzminister Boddenberg zeigt sich bekanntlich stolz auf den Ankauf der Papiere. Dann kann er auch entsprechende Erkenntnisse aus der Lektüre ziehen, gerade auch im Hinblick auf die Ausstiegsmöglichkeiten“, betont Schardt-Sauer. 

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Marius Weiß, erklärte: „Für die SPD ist es inakzeptabel, dass die Fraport AG nach wie vor Geschäfte in und mit Russland macht.“ Nach den jüngsten Veröffentlichungen gebe es berechtigte Zweifel daran, dass Finanzminister Boddenberg das Parlament in der Sache korrekt und wahrheitsgemäß informiert habe.

FDP und SPD wollen das Thema zum Gegenstand einer Sondersitzung im Haushaltsausschuss des Landtags in der kommenden Woche machen.