Bürger zu OB Peter Feldmann: „Der muss weg“

aus Vorgänge um Wiesbadener Awo

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Um 19.40 Uhr, als die Niederlage feststand, erklärt sich Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann vor den Medien. © dpa
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Viele Bürger haben für die Abwahl von Oberbürgermeister Peter Feldmann gestimmt und mancher findet deutliche Worte zu dessen Verhalten.

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FRANKFURT. Auf dem Römer herrscht am Sonntag schon entspannte Vorweihnachtsatmophäre. Glocken läuten, Familien bummeln an Fachwerkfassaden vorbei, Touristen machen Selfies am stattlichen Weihnachtsbaum „Manni“ vorm Rathaus. Gegenüber jongliert der von Youtube bekannte Artist „Sankacircus“ zum Michael-Jackson-Hit „Thriller“ auf einem wackeligen Gerüst mit Bällen und Rollen. Ein ganz normaler Sonntagnachmittag also. Wäre da nicht der Bürgerentscheid zur Abwahl des Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD).

Um 19.40 Uhr, als die Niederlage feststand, erklärt sich Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann vor den Medien. Foto: dpa
Diese Frau hatte sich auf dem Frankfurter Römer deutlich gegen einen Verbleib von Peter Feldmann im Amt ausgesprochen. Foto: dpa

„Einfach zu viel, was er sich geleistet hat“

Peter Feuchter ist um kurz vor 17 Uhr auf dem Weg zur Stimmabgabe. Der 70-Jährige will dazu beitragen, das umstrittene Stadtoberhaupt loszuwerden. „Der muss gehen“, sagt der gebürtige Frankfurter entschlossen. Er habe Feldmann zwar seinerzeit selbst auch gewählt, aber mittlerweile sei es „unmöglich, wie der sich verhält“ – ob beim Empfang der Eintracht nach dem Europacupsieg im Mai oder bei der Art, wie seine damalige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau Zübeyde an einen mutmaßlich überbezahlten Job bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) gekommen sei.

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Frederike Herz wirft ebenfalls in einem Innenstadt-Lokal ihren Stimmzettel ein. „Ich habe gegen Peter Feldmann gestimmt“, berichtet die 56-Jährige. „Ich habe mich zwar bei der Wahl, bei der er gewählt wurde, nicht beteiligt – ich war zu faul“, gesteht sie. „Aber jetzt war es einfach zu viel, was er sich geleistet hat. Der Mann kann doch als Oberbürgermeister nicht mehr meine Heimatstadt repräsentieren.“ Ob sie aber im Fall einer Abwahl Feldmanns ein neues Stadtoberhaupt wählen würde, weiß sie am Sonntag nicht. „Jetzt aber bin ich so wütend!“

„Das wird die allerschnellste Auszählung, die wir jemals hatten.“ Wahlvorsteherin Carola Staal macht im Abstimmungsraum in der Innenstadt bereits seit acht Jahren Dienst, ist aber vom Bürgerentscheid persönlich berührt: „Der Bürgerentscheid und unser Oberbürgermeister sind bundesweit Thema, ich werde häufig von Nicht-Frankfurtern darauf angesprochen. Das ist peinlich.“ Noch gegen 17 Uhr ist sie zuversichtlich, dass das erforderliche Quorum erreicht wird. „Wir hatten wie meist auch bei Wahlen am Morgen, am späten Mittag und in der letzten Stunde vor dem Schließen des Abstimmungslokals den meisten Andrang.“ Allerdings – um 17 Uhr haben gerade mal 20 Prozent der Stimmberechtigten in ihrem Lokal ihre Stimme abgegeben. „Ich hoffe auf die Briefwahlstimmen“, erklärt Staal.

Sie behält recht. Doch zuvor ist lange unklar, ob das Quorum erreicht wird; ab 19 Uhr machen auf den Rathaus-Fluren, wo sich am Nachmittag Kommunalpolitiker und Medienvertreter aufhalten, unterschiedliche Auslegungen der immer wieder aktualisierten Zahlen die Runde. Bereits vor 18 Uhr wird eifrig spekuliert: Was passiert, wenn das Quorum erreicht, Feldmann also abgewählt wird? Dann finden im Frühjahr Neuwahlen statt. Sollte er den Bürgerentscheid „überstehen“, würde es noch spannender, so die Meinung schon am Mittag. Yanki Pürsün, FDP-Fraktionschef und einer der profiliertesten Feldmann-Kritiker, glaubt optimistisch an einen – im Sinne der Abwahlkampagne – positives Ergebnis. „Wenn wir im Schnitt 40 Prozent Wahlbeteiligung erreichen, schaffen wir das“, sagt der Stadtverordnete mit Blick auf ungültige Stimmen und solche pro Feldmann.

Als die Abstimmungslokale dann schließen, wird es spannend, die Auszählung beginnt. Stefan Köster, Leiter des Bürgeramtes Wahlen und Statistik, berichtet, dass 104.317 der rund 512.000 stimmberechtigten Frankfurter Briefwahl gemacht haben, der Rücklauf dabei sei mit 91 Prozent ungewöhnlich hoch. Zum Schluss verschiebt sich durch die Auszählung der Briefwahlstimmen das Verhältnis von Ja- und Nein-Stimmen, das Quorum ist gegen 19.40 Uhr erreicht.

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Sehr viele haben per Briefwahl abgestimmt

SPD-Parteichef Mike Josef sieht in der Abwahl seines Parteikollegen eine Chance: „Die Mehrheit hat für einen Neuanfang für unsere Stadt votiert.“ Er erhoffe sich von diesem Ergebnis beim Bürgerentscheid, dass es künftig wieder um politische Themen gehe. CDU-Fraktionsvorsitzender Uwe Becker zeigt sich erleichtert: „Das ist ein wichtiges Ergebnis für Frankfurt – die Stadt wird wieder handlungsfähig. Die Frankfurter haben die Chance genutzt, der Stadt ihre Würde zurückzugeben.“

Und Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), die bis zur Neuwahl eines Stadtoberhaupts die Amtsgeschäfte kommissarisch übernehmen wird, erklärt, das Vertrauen in die Politik und in den Römer habe stark gelitten. „Das muss nun wieder hergestellt werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Stadt bis zu Neuwahlen gut regiert wird.“

„Wie geht es jetzt weiter?“ wirbt der Frankfurter Kunstverein gegenüber vom Rathaus an seiner Fassade für eine aktuelle Ausstellung. Diese Frage dürfte sich die gesamte Stadt stellen – auch nach dem Bürgerentscheid. Feldmann will sich am Montag ausführlich erklären.

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