Bericht: Anwältin erhält erneut Drohfax vom "NSU 2.0"

Symbolfoto: Heiko Küverling/Fotolia

Eine türkischstämmige Frankfurter Anwältin hat einem Medienbericht zufolge erneut ein mit „NSU 2.0“ unterschriebenes Drohfax erhalten.

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FRANKFURT. Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz hat einen neuen Brief mit Todesdrohungen erhalten, der mit „NSU 2.0“ unterzeichnet ist. Auch in diesem Brief sind Angaben über Mitglieder ihrer Familie enthalten, die öffentlich nicht zugänglich sind.

Die Juristin hatte im Prozess gegen Beate Zschäpe und die rechtsextremistische Terrorbande, die sich „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) nannte, Opfer vertreten sowie in anderen Verfahren mutmaßliche islamistische Gefährder verteidigt. Nach dem ersten Drohfax, das im August 2018 an das Büro der Anwältin adressiert war, kam heraus, dass Hintergrundwissen über Seda Basay-Yildiz ohne dienstliche Veranlassung vom Computer einer Beamtin des Ersten Polizeireviers in Frankfurt aus dem polizeilichen Informationssystem abgefragt worden war. Im Zuge der Ermittlungen wurde eine Chatgruppe Frankfurter Polizisten aufgedeckt, in der Bilder, Videos und Nachrichten mit rechtsextremistischem Inhalt kursierten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt (LKA) ermitteln unter anderem wegen Volksverhetzung gegen sechs inzwischen suspendierte Beamte.

Tochter bedroht

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Bislang ist nicht klar, ob der erste Drohbrief von Mitgliedern dieser Gruppe verschickt wurde, ob sie ihr Wissen über die persönlichen Verhältnisse der Anwältin mit anderen geteilt haben. In dem Schreiben war damit gedroht worden, die Tochter der Rechtsanwältin zu „schlachten“. In dem neuen Drohfax werden nach Angaben der Anwältin die Namen ihrer Eltern, ihres Mannes und ihrer Tochter genannt. Sie alle sind unter derselben Adresse gemeldet. „So etwas kann man nicht über die sozialen Netzwerke herausfinden“, sagte Basay-Yildiz.

Am Montag vertrat sie, wie an jedem Prozesstag, gemeinsam mit ihrem Kollegen Ali Aydin den wegen Unterstützung einer Terrorgruppe angeklagten früheren Darmstädter Studenten Malik F. vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt.

„Drohungen ein Angriff auf Rechtsstaat“

Nach ihrer Einschätzung ist diese Arbeit auch der Hintergrund für die in unflätigem Ton formulierten Drohungen. Sie sei ins Visier geraten, „weil ich meine Arbeit als Anwältin mache“, sagte sie. Die Drohungen seien deshalb „nicht nur ein Angriff auf mich, sondern ein Angriff auf den Rechtsstaat“.

Der neue Drohbrief bezieht sich offenbar auf die Suspendierung der Frankfurter Polizisten. Darin heißt es: „Dir hirntoten Scheißdöner ist offensichtlich nicht bewusst, was du unseren Polizeikollegen angetan hast... Allerdings kommt es jetzt richtig dicke für dich, du Türkensau!“ Abermals wird damit gedroht, der Tochter den Kopf abzureißen. Der Drohbrief ist kurz vor Weihnachten ebenfalls per Fax in der Kanzlei der Anwältin eingegangen und mit „NSU 2.0“ unterzeichnet.

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SPD und Linke fordern Aufklärung

Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wird in Sicherheitskreisen nicht ausgeschlossen, dass weitere Personen mit dem Kreis der suspendierten Beamten sympathisieren. Derzeit werde geprüft, ob es Verbindungen zu Personen aus der Neonazi-Szene gebe.

Die Fraktionen von SPD und Linken im Hessischen Landtag forderten gestern erneut eine rückhaltlose Aufklärung von Innenminister Peter Beuth (CDU). Sie erwarte eine „lückenlose und ungeschönte Information“ des Innenausschusses durch den Minister, betonte die SPD-Abgeordnete Nancy Faeser. Sollten erneut interne Informationssysteme der Polizei oder anderer Behörden missbraucht worden sein, „wäre das katastrophal für das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden unseres Landes“, sagte sie.

Von Rainer H. Schlender