Dimitri Schulz, Wiesbadener Stadtverordneter und AfD-Landtagskandidat für die Hessen-Wahl, ist Mitorganisator einer bundesweiten "Juden in der AfD"-Initiative.
WIESBADEN. Vermutlich in Offenbach soll am 7.Oktober eine bundesweite Vereinigung gegründet werden, die sich derzeit noch „Jüdische Alternative für Deutschland“ nennt. Einer der Organisatoren dieses Treffens ist der Wiesbadener Stadtverordnete Dimtri Schulz, der sich für die AfD um ein Mandat im hessischen Landtag bewirbt. AfD-Landesvorsitzender Robert Lambrou begrüßt die Initiative, die ihm Schulz vor etwa zwei Monate vorgestellt habe: „Das finde ich super“. Antisemitismus gebe es in allen Parteien, auch in der AfD. Er persönlich habe es allerdings noch nicht erlebt, dass Antisemitismus in seinem Landesverband toleriert werde. Gegen ein AfD-Mitglied im Bezirk Kassel-Land sei deshalb ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet worden.
Lambrou kennt auch Berichte über jüdische Gemeinden, die wegen wachsenden Antisemitismus, der auch von Moslems ausgeht, in großer Sorge seien. Er selbst kenne fünf Juden in Hessen, die der AfD beigetreten sind, und verweist ferner auf eine Schätzung des AfD-Bundesvorstandsmitglieds Jochen Kuhs, nach der die AfD bundesweit rund 1400 jüdische Mitglieder habe. Das wären ungefähr fünf Prozent aller Parteimitglieder. Kuhs führt den Arbeitskreis „Christen in der AfD“, dessen Mitgliederzahl auf 125 geschätzt wird. Dimitri Schulz selbst bezieht auf seiner Facebook-Seite seit einigen Wochen offensiv Stellung gegen Antisemitismus. Dort ist auch ein Video zu finden, auf dem die Rede dokumentiert ist, mit der er sich für die Landesliste seiner Partei beworben hat. Er sei 31 Jahre alt und Deutscher aus der ehemaligen Sowjetunion, sagt er dort. Aufgewachsen sei er in Baden-Württemberg in einer „christlich-jüdischen Großfamilie“. Den Delegierten des AfD-Parteitages hat er versichert, er kandidiere als Vertreter freikirchlicher Gemeinden sowie gläubiger Christen und Juden.
Es gebe vereinzelt Antisemiten in der AfD, sagt auch Schulz. Deren Einfluss werde aber „maßlos überschätzt“. Er ist überzeugt: Viele Juden unterstützten seine Initiative, weil sie immer öfter von musimischen Jugendlichen drangsaliert würden.
Schulz hat Plattform „Russlanddeutsche in der AfD“ gegründet
Schulz ist in Wiesbaden nicht Mitglied der Jüdischen Gemeinde. Jakob Gutmark, der dort den Vorstand vertritt und in Hessen Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden ist, hat Schulz erst vor wenigen Wochen kennengelernt. Gutmark sagt, er habe ihm damals zu verstehen gegeben, „dass er uns mit seiner politischen Einflussnahme verschonen soll“. Der AfD-Politiker habe sich nicht als Jude zu erkennen gegeben. Gutmark weiter: „Ich kenne Menschen, die sich selbst als Juden deklarieren, ohne Jude zu sein“. Den Vorstoß, eine „Jüdische Alternative für Deutschland“ zu gründen, nennt Gutmark „überraschend“ und „irritierend“. Er selbst kenne keine Juden, die Mitglied der AfD sind. Er sei ratlos, wie man mit dieser Initiative umgehen solle. Antisemitismus keime in der rechten Szene, sei aber auch aus dem Nahen Osten importiert.
Schulz selbst hat nach eigener Aussage die Plattform „Russlanddeutsche in der AfD“ gegründet. Im Internet hatte bis Februar 2017 ein Wiesbadener Arzt Aleksej B. den bundesweiten Internet-Auftritt dieser Plattform administriert. Aleksej B. war ebenfalls in der AfD, ist zwischenzeitlich aber aus der Partei ausgeschlossen worden. Grund: Der Arzt hatte sich auf seiner Facebook-Seite als extrem fremdenfeindlich zu erkennen gegeben und zur Gründung einer Wehrsportgruppe aufgerufen. Aktive Soldaten, Offiziere und körperlich fitte Männer sollten sich bei ihm melden. Einer der Facebook-Freunde von Aleksej B. war Dimitri Schulz.
Von Christoph Cuntz