Heizungsgesetz: Nichts geht ohne kommunale Wärmeplanung

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Das ist die Zukunft: In Schwerin betreiben die Stadtwerke seit einigen Wochen ein Geothermie-Heizkraftwerk für ihr Fernwärmenetz. Das Ergebnis: Fernwärme ohne CO2-Emissionen.
© Jens Büttner/dpa

Mit dem Kompromiss der Ampel-Koalition im Heizungsstreit rückt die Wärmeplanung der Kommunen ins Zentrum. Was ist geplant, und was bedeutet das für die Bürgerinnen und Bürger?

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Was sagt der Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz?

Eine Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP hat sich nach monatelangem Streit nun auf wesentliche Änderungen am ursprünglichen Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz verständigt. Allerdings sind noch wichtige Fragen offen, zum Beispiel die konkrete Ausgestaltung der staatlichen Förderung des Heizungstauschs. Dies und anderes mehr soll während der Beratungen im Bundestag in den kommenden Wochen geklärt werden. In Kraft treten soll das Heizungsgesetz zum 1. Januar 2024.

Die konkreten Auswirkungen des Heizungsgesetzes dürften sich allerdings zunächst in Grenzen halten. Denn nach dem Kompromiss wird es an eine kommunale Wärmeplanung gekoppelt. Das heißt: Solange eine solche nicht existiert, gelten bei einem fällig werdenden Heizungsaustausch die im Gesetz aufgeführten Vorschriften im Wesentlichen nicht. Dann dürfen zum Beispiel weiter Gasheizungen eingebaut werden – wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind. Nur in geschlossenen Neubaugebieten bleibt es bei der Pflicht, ab 2024 eine Heizung zu installieren, die zu mindestens 65 Prozent klimaneutral, also CO2-frei arbeitet. Das werden in den meisten Fällen Wärmepumpen, Nah- oder Fernwärmelösungen sein, aber auch eine Pelletheizung bleibt möglich.

So wird in Deutschland geheizt: Grafik anklicken

Wie will die Bundesregierung die kommunale Wärmeplanung voranbringen?

Der von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) Anfang Juni ins Kabinett eingebrachte Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung will Städte und größere Gemeinden verpflichten, eine Bestandsaufnahme ihrer Energieversorgungsnetze zu machen und verbindliche Pläne für eine klimaverträgliche Wärmeversorgung zu erarbeiten. Das Ziel: Bis 2030 sollen die Wärmenetze mindestens 50 Prozent klimaneutrale Energie liefern, bis Ende 2045 ist der komplette Umstieg vorgesehen. Um das zu erreichen, sollen Kommunen ab 100.000 Einwohnern bis Ende 2027 eine Wärmeplanung vorlegen, Kommunen zwischen 10.000 und 100.000 Einwohnern haben ein Jahr mehr Zeit.

Kern der Wärmeplanung ist laut Gesetzentwurf „die Ausweisung von Wärmenetzgebieten und Gebieten für dezentrale Wärmeversorgung auf Basis einer Bestands- und Potenzialanalyse mit der Maßgabe einer möglichst kosteneffizienten klimaneutralen Versorgung“. Dafür sollen vorhandene Daten genutzt werden; sie liegen bei Energieversorgern und Schornsteinfegern vor. Bürgerinnen und Bürger müssen also nicht selbst Auskunft geben, wie sie derzeit heizen. Dennoch sprach die CSU von „staatlicher Heizungsspionage“.

Kleinere Gemeinden sind im Gesetzentwurf bisher außen vor. Dabei kann es aber nach dem Ampel-Kompromiss nicht bleiben, weil die Pflichten aus dem Heizungsgesetz dann in ländlichen Regionen niemals greifen würden. Geywitz kündigte bereits Nachbesserungen und Vereinfachungen an: Es braucht eine möglichst unkomplizierte Lösung für die kleinen Gemeinden, damit auch diese ihren Bürgerinnen und Bürgern eine kommunale Wärmeplanung vorlegen können.

Warum ist die kommunale Wärmeplanung so wichtig?

Die Kommunen kennen die lokalen Gegebenheiten vor Ort am besten, sie haben über die kommunalen Energieversorger oft unmittelbaren Einfluss auf Investitionsentscheidungen, sie sind die ersten Ansprechpartner für die Menschen vor Ort. Ohne Zweifel wird die Bereitstellung klimaneutraler Wärmenetze einer der wichtigsten Standortfaktoren in den Kommunen werden.

Außerdem soll die kommunale Wärmeplanung privaten Hausbesitzern, Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbetreibenden und Industrieunternehmen aufzeigen, welche Möglichkeiten sie überhaupt haben, um klimaneutral zu heizen. Neben der Wärmepumpe kann das auch Fernwärme, Biogas oder Erdwärme sein. Es geht also darum, später die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen.

Ein Heizkraftwerk: Wärmenetze können angeschlossene Haushalte mit Energie versorgen.
Laut bisheriger Pläne muss vom nächsten Jahr an jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden.
Rund vier Millionen Öl- und Gasheizungen werden im kommenden Jahr 30 Jahre alt.

Wo gibt es schon eine solche Wärmeplanung? Und was tun Hessen und Rheinland-Pfalz?

Die kommunale Wärmeplanung ist keine Erfindung der Ampel-Regierung. Vorreiter ist seit Jahren Baden-Württemberg. Schon bis Ende 2023 müssen dort größere Kommunen entsprechende Pläne vorlegen, mancherorts wird bereits kräftig investiert. So baut Mannheim am Rhein eine der größten Flusswasserwärmepumpen Europas, Freiburg setzt in großem Stil auf Geothermie, in Bruchsal entsteht ein Kraftwerk für grüne Fernwärme, das Biogas, Holzabfälle und Solarthermie nutzt.

Zu den Vorreitern gehört auch Hessen. Das Landesenergiegesetz verpflichtet alle Kommunen über 20.000 Einwohnern zu einer kommunalen Wärmeplanung ab November 2023; allerdings lässt die entsprechende Verordnung noch auf sich warten; sie soll laut Wirtschaftsministerium im Sommer fertig sein. Auch in Hessen haben sich einige Kommunen selbstständig auf den Weg gemacht, genannt werden Eschwege, Kassel und Frankfurt. In der Main-Metropole bietet sich vor allem die Nutzung von Abwärme aus den Rechenzentren an. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) erinnert bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran, dass damit theoretisch alle Wohnungen in der Stadt zu heizen wären.

Einen anderen Weg geht Rheinland-Pfalz. Dort warte man die Bundesgesetzgebung ab, ist im Umweltministerium zu hören. Zugleich hat die Energieagentur des Landes eine Aufklärungs- und Beratungskampagne bei den Kommunen gestartet. Mittlerweile habe man praktisch alle Verbandsgemeinden und Städte erreicht, sagt Paul Ngahan, Leiter des Kompetenzzentrums Nahwärme. Das Interesse sei riesig: „Die Kommunen wissen jetzt, was auf sie zukommt.“

Welche Heizung ist die teuerste? Grafik anklicken

Wie sieht eine kommunale Wärmeplanung konkret aus?

Am Anfang stehe die Analyse der aktuellen Wärmeversorgung, erklärt Ngahan das dreistufige Verfahren: Wer heizt womit, welche Wärmenetze gibt es? Als zweiter Schritt folgt eine „Potenzialanalyse“: Welche erneuerbaren Quellen können erschlossen werden – denkbar sind Geothermie, Gewässer, Biogas sowie Abwärme von Industriebetrieben. Im dritten Schritt werden Maßnahmen abgeleitet: Lohnt sich der Auf- oder Ausbau eines kommunalen Wärmenetzes? Wie lässt sich Fernwärme auf erneuerbare Quellen umstellen? Welche Gebiete eignen sich für kleinere Nahwärmenetze? Wo muss das Stromnetz angepasst werden, um die vielen Wärmepumpen zu speisen? Lässt sich kommunaler grüner Strom produzieren? Welche Maßnahme haben das größte CO2-Einsparpotenzial und sollten deshalb zuerst umgesetzt werden? Am Ende steht im Idealfall ein Fahrplan für kommunale Investitionen.

Das alles hilft Hausbesitzern und Vermietern im Idealfall bei ihrer Entscheidung, wie sie in Zukunft möglichst klimaneutral und kostengünstig heizen: Investiere ich in eine Wärmepumpe? Oder bietet mir meine Kommune eine Alternative? Falls ja – ab wann? Auf der anderen Seite müssen kommunale Energieversorger wissen, ob sich eine Investition in Fernwärme für sie lohnt. Haben die meisten potenziellen Abnehmer inzwischen Wärmepumpen eingebaut, könnte die Investition zum Millionengrab werden. Man sieht also: Kommunale Wärmeplanung und Pflicht zum grünen Heizen gehören zusammen.

Bei der Fernwärme ist zu beachten, dass sie nicht automatisch eine grüne Alternative zur Öl- oder Gasheizung ist. Wird sie in einem Gasheizkraftwerk erzeugt oder kommt sie aus der Müllverbrennung, ist Fernwärme gar nicht oder nur zu überschaubaren Teilen aus erneuerbaren Quellen gespeist. Auch hier wird es Verpflichtungen geben, den Anteil der CO2-frei produzierten Wärme Stück für Stück zu erhöhen. Das ist dann aber Sache des Versorgers und nicht des Abnehmers der Fernwärme.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach den Plänen der Bundesregierung soll das Gebäudeenergiegesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag beschlossen werden und zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Dieses Szenario ist mit dem nun gefundenen Kompromiss wieder realistischer geworden. Das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung soll ebenfalls ab Anfang 2024 gelten; ob es noch vor der Sommerpause beschlossen wird, erscheint derzeit offen.

Folgt man Paul Ngahan von der Energieagentur Rheinland-Pfalz, braucht niemand auf die Gesetzgebung des Bundes zu warten. Die Kommunen könnten sofort loslegen, betont er. Die Kosten für die Planung würden über die Nationale Klimaschutzinitiative großzügig gefördert. Auch sei die Aufstellung eines kommunalen Wärmeplans keine Sache von Jahren, sondern in Monaten zu leisten. Zentral sei allerdings, dass die Bürgerinnen und Bürger an der Ausarbeitung beteiligt werden – „das darf nicht von oben herab passieren“. Ngahan ist Optimist: „Bis zum Jahresende könnten die Kommunen ihren Einwohnern sagen, was vor Ort geht und was nicht. Eine gute kommunale Wärmeplanung kann die schwierige Debatte entspannen, die wir gerade rund um das Heizungsgesetz haben.“