Wohnungsnot in Hessen: Offensive der Landesregierung soll Entwicklung bremsen
In Hessen steigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum stetig - das vorhandene Angebot kann da schon lange nicht mehr mithalten: Nun hat die hessische Landesregierung die nächste Offensive gestartet, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken.
Von Christoph Cuntz
Redakteur Politik
Gebaut wird viel im Rhein-Main-Gebiet, doch die Nachfrage steigt und damit auch die Preise. Foto: dpa
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
WIESBADEN - Es ist ein Problem, das immer heftiger unter den Nägeln brennt: Weil es zu wenig bezahlbare Wohnungen gibt, können sich Krankenschwestern oder Polizisten das Rhein-Main-Gebiet kaum noch leisten. Die Wohnungsnot lässt sich mit Zahlen greifen. Beispielsweise in Frankfurt. Dort wurden im vergangenen Jahr für 1700 Sozialwohnungen Nachmieter gesucht. Für die gab es 10.000 Interessenten. Bei der Hofheimer Wohnungsbau GmbH haben sich in den vergangenen zwölf Monaten 30 Prozent mehr Wohnungssuchende gemeldet. „Der Druck wächst“, sagt Geschäftsführer Norman Diehl. „Jetzt drängen die anerkannten Flüchtlinge auf den Markt.“
Schwarz-Grün hat zu wenig auf den Weg gebracht
Es ist ja nicht so, dass CDU und Grüne das Problem nicht gekannt hätten, als sie im Dezember 2013 ihren Koalitionsvertrag unterzeichneten. Beide hatten damals vereinbart: „Wir wollen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum für Familien und Alleinstehende in den Städten schaffen.“ Doch das, was Schwarz-Grün seither auf den Weg gebracht hat, war zu wenig oder kam zu spät. 114.000 Sozialwohnungen hatte es zu Beginn dieser Legislaturperiode gegeben. Jetzt sind es nur noch 85.484, rechnet Eva-Maria Winckelmann, Direktorin des hessischen Mieterbundes vor.
Um sich dieser Entwicklung entgegen zu stemmen, hat die für Wohnungsbau zuständige Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) die „Allianz für Wohnen“ gegründet und vor einem Jahr die „Bauland-Offensive“ gestartet. Der Effekt ist kaum spürbar. Zumindest nicht für Menschen mit kleinen Einkommen. Pro Jahr würden in Hessen zwischen 6000 und 8000 neue Sozialwohnungen benötigt, schätzen Experten. 2017 wurden gerade mal 582 bewilligt. Die Lage sei schlicht katastrophal, bilanzieren das die Linken im Landtag.
Es ist absehbar: In diesem Landtagswahlkampf wird der Mangel an bezahlbaren Wohnungen das Top-Thema werden. Erst vor wenigen Wochen hat Priska Hinz deshalb angekündigt, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus solle höher und flexibler werden. Doch die Folgen dieses Schritts in die richtige Richtung werden erst in drei, vier Jahren spürbar werden. So lange dauert es, Sozialwohnungen zu planen und zu bauen.
Jetzt haben Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Ministerin Priska Hinz mit der „Initiative für bezahlbaren Wohnraum“ eine nächste Offensive aus dem Hut gezaubert. Als Instrument dient ihnen ausgerechnet die Nassauische Heimstätte, Hessens größte Wohnungsbaugesellschaft, die zu 56 Prozent im Besitz des Landes ist. 31,11 Prozent gehören der Stadt Frankfurt.
Vor sechs Jahren, als es eine schwarz-gelbe Landesregierung gab, sollte sie verkauft werden. Heute soll das Unternehmen die richtigen Akzente setzen. Priska Hinz will dem Aufsichtsrat, dessen Vorsitzende sie ist, eine Quote vorschlagen. Von den 5000 Wohnungen, die die Heimstätte in den nächsten Jahren baut, sollen 30 Prozent Sozialwohnungen sein, in Frankfurt sogar 40 Prozent.
Mieterhöhungen begrenzen
Aber auch den Mietern mit mittleren Einkommen, die nicht in einer geförderten Wohnung leben, will die Ministerin helfen. Die Mieterhöhungen sollen für die nächsten fünf Jahre auf ein Prozent pro Jahr begrenzt werden. Das komme drei Vierteln aller Mieter zugute, die die Heimstätte hat, sagt die Ministerin. Im Gegenzug will das Land auf die Dividendenausschüttung verzichten. Das waren zuletzt 2,8 Millionen Euro.
„Gutgemeinte, aber doch unzureichende Symbolpolitik“ nennt das die Vereinigung der Hessische Unternehmerverbände (VhU). Mietpreisdeckel im öffentlichen Wohnungsbestand lösten die grundlegenden Probleme des Mangels an günstigen Wohnungen genauso wenig wie die Mietpreisbremse. Um den Mangel an Wohnraum zu beseitigen, werde mehr Bauland benötigt. Die VhU: „Private Investoren wollen Wohnungen bauen, aber die öffentliche Hand hindert sie daran, weil sie zu wenig Bauland ausweist.“