Land hilft Kommunen mit neuer "Hessenkasse" beim Schuldenabbau
Mithilfe des Landes sollen 265 Kommunen in den nächsten 30 Jahren ihre Kassenkredite abstottern.
Von Christian Stang
Reporter Politikredaktion Wiesbaden
Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (r) und Innenminister Peter Beuth halten bei der Vorstellung der "Hessenkasse" im Landtag einen Aufsteller, der einen Hessen-Löwen im Anzug zeigt. Foto: dpa
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WIESBADEN - „Ein historischer Tag für Land und Kommunen“, freute sich am Dienstag der Finanzminister, als er gemeinsam mit dem Innenminister und Fachleuten der Regierungsfraktionen die „Hessenkasse“ der Öffentlichkeit präsentierte. Ein weiterer Baustein des Landes zur Sanierung der kommunalen Finanzen, der bundesweit einmalig ist, wie Thomas Schäfer und Peter Beuth erläuterten. Und in der Tat geht es um beachtliche Summen: Zum Stichtag 1. Juli 2018 nimmt das Land jenen 265 Kommunen, deren Haushalte mit sogenannten Kassenkrediten (vergleichbar einem privaten Dispokredit) belastet sind, zusammen einen Schuldenberg von sechs Milliarden Euro ab. 2,3 Milliarden Euro beträgt die Belastung des Landeshaushalts in 30 Jahren.
Kommunen zahlen im Jahr 25 Euro pro Einwohner
Allerdings steuern auch die betreffenden Städte, Gemeinden und Landkreise ihren Anteil bei: 25 Euro pro Einwohner und damit zusammen etwa 100 Millionen Euro im Jahr. Die ersten Kommunen mit relativ niedrigen Schulden werden schon nach drei Jahren wieder aus dem Programm aussteigen können. Die 28 größten „Sünder“, darunter Rüsselsheim, der Rheingau-Taunus-Kreis und Darmstadt, werden ihre Schuldenberge erst im Jahr 2049 abgetragen haben.
Das Landesprogramm sei ein Schritt in die richtige Richtung, befand der hessische Städte- und Gemeindebund, mahnte aber zugleich ein stärkeres finanzielles Engagement des Landes an. So beteilige sich Hessen nur mit einem Fünftel an den jährlichen Tilgungskosten von 200 Millionen Euro, sagte Verbandsdirektor Karl-Christian Schelzke. Bundesmittel, wie ein höherer Anteil an der Mehrwertsteuer, stünden ohnehin den Kommunen zu und könnten daher nicht als Landesbeteiligung an der „Hessenkasse“ gewertet werden.
Ähnlich argumentierte die SPD. Ein Großteil der Mittel für Zins und Tilgung stamme aus kommunalen oder Bundesmitteln, monierte der Finanzpolitiker Norbert Schmitt. Die schwarz-grüne Landesregierung unternehme wieder einmal den Versuch, sich zu Unrecht als Gönner der hessischen Kommunen zu präsentieren. Der hohe Schuldenstand der hessischen Kommunen und die Belastung durch die Kassenkredite resultierten einzig und allein aus der mangelnden Finanzausstattung der Kommunen, die seit 2009 von der CDU geführte Landesregierungen zu verantworten hätten, meinte Schmitt.
Es sei ein längst überfälliger Schritt, dass sich die Landesregierung mit der Altschuldenproblematik der Kommunen befasse, konstatierte der finanzpolitische Sprecher der Linken, Jan Schalauske. Mit der „Hessenkasse“ gestehe sich die Koalition ein, dass die überschuldeten hessischen Kommunen mit allen bisherigen Maßnahmen nicht selbst aus der Schuldenfalle kommen würden. Die Reform des Finanzausgleichs, der sogenannte Schutzschirm, aber auch die Kommunalen Investitionsprogramme I und II hätten offensichtlich selbst aus Sicht von Schwarz-Grün nicht ausgereicht, um die Finanzlage der Kommunen entscheidend zu verbessern.
"Großzügiger Onkel mit Spendierhosen"
Pünktlich zur Bundestagswahl komme Finanzminister Schäfer als „großzügiger Onkel mit Spendierhosen“ daher, sagte der FDP-Haushaltsexperte Jörg-Uwe Hahn. Von dem Programm profitierten auch Städte, die sich trotz riesiger Gewerbesteuereinnahmen kräftig verschuldet hätten. Andere Kommunen, die sparsam gewirtschaftet hätten, gingen leer aus.
Alexander Bauer (CDU) sprach dagegen von einem äußerst erfreulichen Tag für die hessischen Kommunen. Gemeinden, die in der Vergangenheit ohne Kassenkredite ausgekommen seien, profitierten vom zusätzlichen Investitionsprogramm mit einem Volumen von 500 Millionen Euro.
Eva Goldbach betonte, aus Sicht der Grünen sei es wichtig, dass mit der Hilfe zum Schuldenabbau Handlungsspielräume nachfolgender Generationen erhalten blieben.