Das Bistum Limburg will den Dienst eines Priesters wegen Missbrauchsvorwürfen weiter einschränken.
Von Christoph Cuntz
Redakteur Politik
Dunkle Wolken über einem Gotteshaus.
(Symbolfoto: dpa)
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LIMBURG - Die Diskussion um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche nimmt kein Ende. Und im Bistum Limburg versucht Bischof Georg Bätzing durchzugreifen. Doch am Fall eines früheren Bezirksjugendpfarrers aus dem Westerwald, der später im Hochtaunus als Schulpfarrer eingesetzt war, könnte er schier verzweifeln: Dem heute 59 Jahre alten Priester, der von mehreren Zeugen des Missbrauchs beschuldigt wird, war bislang weder nach weltlichem Straf- noch nach Kirchenrecht beizukommen. Das soll sich nun ändern.
Die Vorwürfe gegen den homosexuellen Kleriker reichen in die 90er Jahre zurück. Es ging um Küssen auf den Mund, Kuscheln und um gemeinsames Onanieren. Für die Kirche mag das verwerflich sein, eine Sünde gar, auf jeden Fall eine Grenzverletzung und ein Verstoß gegen die priesterliche Lebensführung. Strafbar war das damals offenkundig nicht. Denn die Vorwürfe stammten zum einen aus der Zeit, als der Mann noch nicht zum Priester geweiht war. Zum anderen seien die gegen ihn erhobenen Vorwürfe erst seit 2001, doch noch nicht in den 90er Jahren strafbar gewesen, erklärte ein Sprecher des Bistums.
Staatsanwalt sah "keine konkreten Hinweise"
Der Geistliche machte freilich auch später mit übergriffigem Verhalten von sich reden, dieses Mal als Schulpfarrer im Hochtaunus. Das war dem Missbrauchsbeauftragten des Bistums gemeldet worden. 2010 hatte der damalige Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst den Pfarrer deshalb suspendiert, ihn bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Doch die Staatsanwaltschaft sah „keine konkreten Hinweise auf sexuelle Übergriffe“, wie der Hessische Rundfunk jetzt berichtet. Und Rom entschied, seine Suspendierung sei nicht rechtens.
Gleichwohl war das alles für den Schulpfarrer nicht folgenlos geblieben: Er sollte fortan als Seelsorger keine Kontakte mehr zu jungen Katholiken haben dürfen. Allerdings konnte er in einem anderen Bistum als Lehrbeauftragter an einer katholischen Hochschule arbeiten sowie aushilfsweise weiterhin als Seelsorger, allerdings nur in Gottesdiensten ohne jugendliche Ministranten.
Nach Recherchen dieser Zeitung gibt es zwei Anlässe, die dazu geführt haben, dass sich nun auch Limburgs neuer Bischof mit dem Fall befassen muss. Zum einen zeichnete sich ab, dass der einstige Schulpfarrer in seinem neuen Bistum plötzlich doch mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben sollte. Zum anderen hat sich ein weiterer Zeuge gemeldet. Nicht irgendeiner. Sondern ein Staatsanwalt, der den heute 59-Jährigen als junger Mensch im Westerwald erleben musste: Er bestätigte aus eigener Anschauung, was anderen in den 90er Jahren widerfahren war.
Dekret des Bistums
Zwar lebt und lehrt der Priester in einem anderen Bistum, ist aber immer noch Limburg unterstellt. So hat der Limburger Bischof den Fall neu aufgerollt. „Bischof Bätzing wird den Dienst des Pfarrers per Dekret weiter einschränken“, so der Sprecher der Diözese. Im Extremfall könnte das heißen: Er darf keine seelsorgerischen Tätigkeiten mehr ausüben, und er darf nicht mehr als Dozent an einer katholischen Hochschule arbeiten. Der Geistliche habe die Möglichkeit, gegen das Dekret Widerspruch einzulegen, so das Bistum weiter. Dann liegt die Entscheidung in seinem Fall erneut bei Rom.
„Er steht vor den Trümmern seiner Existenz“, sagt einer, der den Fall kennt und die „sehr joviale Art“ des 59-Jährigen beschreibt, der immer sehr begeistert war und gut mit Jugendlichen konnte.
Bischof Bätzing hat schon im Fall eines anderen Pfarrers, dem jahrelanger Missbrauch eines ihm anvertrauten Pflegekindes vorgeworfen wird, klar Position für das Opfer bezogen. Er glaube der Schilderung des heute 42-Jährigen, hat der Bischof kürzlich gesagt. Und damit auch Position gegen den früheren Personaldezernenten des Bistums bezogen, dem das ehemalige Pflegekind vorgeworfen hat, den sexuellen Missbrauch in seinem Fall vertuscht zu haben. Gegen den beschuldigten Pfarrer läuft ein kirchenrechtliches Verfahren. Es ist eines von vier im Bistum Limburg.