Auf einen Schlag um 3,6 Milliarden Euro „reicher“
DAS PROGRAMM
Das Angebot der Hessenkasse nehmen mittlerweile 178 Kommunen wahr. Mit dem Programm will das Land finanzschwachen Städten, Gemeinden und Landkreisen einen Neustart ermöglichen. Fünf Milliarden Euro stehen dafür zur Verfügung. Damit die Städte, Gemeinden und Landkreise nicht leer ausgehen, die trotz knapper Finanzen gut gehaushaltet und keine Kassenkredite genutzt haben, wurde als Bestandteil der Hessenkasse auch ein Investitionsprogramm von 700 Millionen Euro aufgelegt.
WIESBADEN - 144 Kommunen in Hessen sind von Montag an um zusammen 3,6 Milliarden Euro „reicher“. Das Land nimmt ihnen zum Stichtag 17. September ihre Kassenkredite ab, vergleichbar dem privaten Dispokredit auf dem Girokonto. „Wenn Sie am Montag einen gut gelaunten Bürgermeister sehen, könnte es daran liegen, dass er auf den Kontoauszug der Kommune geguckt hat“, sagte Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) am Freitag in Wiesbaden.
Nächster Zahltag ist der 17. Dezember
Bei 18 weiteren Kommunen werden die Kassenkredite am Montag in einem ersten Schritt deutlich reduziert. Die restlichen Schulden übernimmt das Land dann am 17. Dezember. Zu diesem Stichtag wird der Dispo von 16 weiteren Kommunen ausgeglichen. Insgesamt werden im Dezember Schulden in Höhe von 1,3 Milliarden Euro abgelöst. Partner des Landes für die Entschuldung der Kommunen ist die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank). Gottfried Milde, Sprecher der Geschäftsleitung, erläuterte, dass die zunächst erforderlichen drei Milliarden Euro berreits am Markt refinanziert werden konnten. Der Löwenanteil sei auf diverse Privatplatzierungen sowie insbesondere auf die Emission von zwei Benchmark-Anleihen entfallen. Die Nachfrage aus dem In- und Ausland habe innerhalb kürzester Zeit das angebotene Volumen übertroffen.
An der Hessenkasse beteiligen sich insgesamt 178 Kreise, Städte und Gemeinden. Ihnen nimmt das Land Kassenkredite von zusammen etwa fünf Milliarden Euro ab. Die Kommunen müssen einen Eigenanteil von 25 Euro pro Einwohner und damit zusammen etwa 70 Millionen Euro im Jahr aufbringen. Das Programm hat eine Laufzeit von 30 Jahren. Der jährliche Finanzbedarf beträgt 215 Millionen Euro.
Mit einer Anpassung der hessischen Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung hat das Land sichergestellt, dass Kassenkredite in Zukunft wieder auf ihren ursprünglichen Zweck reduziert werden: kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Viele Kommunen hatten in der Vergangenheit damit dauerhaft ihre Haushalte finanziert.
Seit Mitte August stehen für diejenigen 257 hessischen Kommunen, die nicht von der Hessenkasse profitieren, Investitionsmittel des Landes in Höhe von 700 Millionen Euro zur Verfügung. Für 90 Prozent des jeweiligen Investitionsvolumens stellt das Land den Kommunen einen Zuschuss zur Verfügung. Zur Finanzierung des Eigenanteils von zehn Prozent bietet das Land den Städten, Gemeinden und Landkreisen zinsfreie Darlehen an, die in zehn Jahren getilgt werden müssen. Auch für diejenigen Kommunen, die ihren Eigenanteil nicht aus Eigenmitteln bestreiten können, bedeutet die jährliche Tilgung von einem Prozent aus Sicht des Finanzministeriums eine tragbare Belastung des Haushalts.
Das Investitionsprogramm richtet sich an Kommunen, die trotz angespannter Haushaltslage in der Vergangenheit keine Kassenkredite in Anspruch genommen haben. Von dem Programm ausgenommen sind abundante, also besonders finanzstarke Kommunen, die seit Jahren weit überdurchschnittliche Einnahmen hatten. Sie können nach Schäfers Einschätzung Investitionen aus eigener Kraft stemmen.