Nach Butscha: Ruf nach härteren Sanktionen gegen Russland

aus Krieg in der Ukraine

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Zwei ukrainische Soldaten gehen auf einer Straße, die übersät ist mit zerstörten russischen Militärfahrzeugen. In der ukrainischen Stadt Butscha, 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens.  Foto: Rodrigo Abd/AP/dpa

Nach Bekanntwerden von Gräueltaten in Butscha bei Kiew hat der ukrainische Außenminister härtere Sanktionen gegen Russland gefordert. Auch Annalena Baerbock fordert Konsequenzen.

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KIEW. Außenministerin Annalena Baerbock hat sich für eine strafrechtliche Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine ausgesprochen. „Die Bilder aus Butscha sind unerträglich“, schrieb die Grünen-Politikerin am Sonntag auf Twitter zu Berichten über Gräueltaten in der Vorortgemeinde Butscha bei Kiew. „Putins hemmungslose Gewalt löscht unschuldige Familien aus und kennt keine Grenzen.“ Baerbock fügte hinzu: „Die Verantwortlichen für diese Kriegsverbrechen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Die Ministerin kündigte zudem eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland an. Sie sagte der Ukraine auch zu, sie „noch stärker bei ihrer Verteidigung (zu) unterstützen“. Ihr Parteikollege, Wirtschaftsminister Robert Habeck, pflichtete ihr bei. „Dieses furchtbare Kriegsverbrechen kann nicht unbeantwortet bleiben“, sagte der Vizekanzler der "Bild"-Zeitung.

Im gleichen Sinne forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba härtere Sanktionen der G7-Staaten gegen Russland. „Das Massaker von Butscha war vorsätzlich. Die Russen zielen darauf ab, so viele Ukrainer wie möglich auszulöschen“, schrieb er ebenfalls auf Twitter. „Wir müssen sie aufhalten.“ Konkret forderte Kuleba von den sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächten ein Öl-, Gas- und Kohle-Embargo gegen Russland, einen Ausschluss aller russischen Banken aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift sowie eine Schließung aller Häfen für russische Schiffe und Waren.

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Nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Umgebung von Kiew hatte sich den ukrainischen Truppen ein Bild des Grauens geboten. In Butscha im Nordwesten der Hauptstadt wurden zahlreiche Leichen entdeckt. Nach ukrainischen Angaben lagen Dutzende Tote auf den Straßen. In einem Massengrab wurden etwa 280 Todesopfer bestattet, die während der Angriffe nicht beigesetzt werden konnten. Die Entdeckungen lösten international Entsetzen aus. Aus Russland gab es zunächst keine Stellungnahme.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von Horrorszenen. Sie verlangte eine unabhängige Untersuchung. Zugleich versicherte sie: „Kriegsverbrecher werden zur Verantwortung gezogen.“ Auf einem Foto, das der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter teilte, waren erschossene Männer zu sehen, mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Die Echtheit konnte nicht unabhängig geprüft werden.

Russische Truppen setzen Angriffe fort

In anderen Landesteilen setzten die russischen Truppen unterdessen ihre Angriffe fort. Ziel war auch die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer. Bei der Evakuierung von Einwohnern der schwer umkämpften und beschädigten Stadt Mariupol ging es nur mit großer Mühe voran. Der Krieg dauert inzwischen schon mehr als fünf Wochen. Im Hintergrund verhandelten die Ukraine und Russland per Videokonferenzen weiter. Konkrete Fortschritte wurden keine bekannt.

Nach den Angriffen auf die Millionenstadt Odessa gab es Brände in mehreren Stadtteilen. Auf Fotos war Rauch über Odessa zu sehen. Dem Stadtrat zufolge wurden einige Raketen von der Luftabwehr abgefangen. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es, von Schiffen und Flugzeugen aus seien eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager bei Odessa beschossen worden. Nach ukrainischen Militärangaben gingen die Kämpfe auch im Osten des Landes weiter.

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Der ukrainische Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Moskau, David Arachamija, sprach im Staatsfernsehen von positiven Signalen. Auch ein baldiges Treffen der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Putin in der Türkei sei möglich. Hingegen dämpfte Russland diese Erwartungen. Es gebe noch viel zu tun, sagte Verhandlungsführer Wladimir Medinski.

Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch rechnet mit einem Ende des Kriegs in "zwei bis drei Wochen". Es hänge nun alles vom Ausgang der Kämpfe im Südosten des Landes ab. Die russische Armee habe keine Reserve mehr, behauptete der Berater. Seit längerer Zeit gibt es Spekulationen, dass Putin den Krieg bis zu den Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs beenden könnte. In Russland ist dies am 9. Mai.

Von Hannah Wagner, Christoph Meyer, Peter Zschunke und dpa