Schiersteiner Nachbarschaftshilfe seit zwei Jahren aktiv

Bernd Zahn ist einer der Initiatoren der Schiersteiner Nachbarschaftshilfe.Foto: Team Brennweite/Sebastian Stenzel  Foto: Team Brennweite/Sebastian Stenzel
© Foto: Team Brennweite/Sebastian Stenzel

Eine Nachbarschaftshilfe der besonderen Art gibt es seit inzwischen zwei Jahren in Schierstein. Sie ist auf Initiative der drei Schiersteiner Kirchengemeinden entstanden:...

Anzeige

SCHIERSTEIN. Eine Nachbarschaftshilfe der besonderen Art gibt es seit inzwischen zwei Jahren in Schierstein. Sie ist auf Initiative der drei Schiersteiner Kirchengemeinden entstanden: Auferstehungsgemeinde, Christophorusgemeinde und St. Peter und Paul. Mitinitiator Bernd Zahn berichtet, was sich seitdem alles getan hat.

Herr Zahn, seit zwei Jahren gibt es nun die „Schiersteiner Brücke“. Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Ein Schwerpunkt ist unser Repair-Café. Es gibt außerdem noch das von der Volkshochschule Schierstein betriebene EDV-Café. Dem Repair-Café wurden inzwischen 251 defekte Geräte, Kleinmöbel und Spielzeuge anvertraut, davon ließen sich 188 reparieren. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Einrichtung von Wohnungen für Flüchtlinge, die von der Gemeinschaftsunterkunft in eine eigene Wohnung umziehen. Wir haben inzwischen ein weit gespanntes Netzwerk und können dadurch Möbel und Geräte übernehmen, die anderweitig nicht mehr gebraucht werden. Dies alles zu organisieren, kostet Zeit und Geld.

Anzeige

Auch ältere Menschen stehen ja im Fokus ihrer Arbeit.

Selbstverständlich. Wir beraten die Leute, wir bieten auch Fahrdienste an. Das sind manchmal nur wenige hundert Meter, um eine Freundin oder das Café der Auferstehungsgemeinde zu besuchen, Einkaufshilfen, Begleitung bei Arztbesuchen. Dazu kommen Erklärung und Vorbereitung von Behördenschreiben, und Gespräche mit Leuten, die einsam sind.

Sie hatten ja, bevor sie gestartet sind, Schiersteiner befragt, welche Art der Unterstützung sie am meisten benötigen? Spiegeln sich diese Ergebnisse heute noch in den Aktivitäten der Schiersteiner Brücke wider oder gibt es ganz neue Aktivitäten, die gar nicht absehbar waren?

Zu den TOP 10 der damaligen Dienstleistungsnachfrage gehörten das Repair-Café und die Einkaufshilfe. Fahrdienst, Arztbesuche, Behördenschreiben und Gespräche mit Einsamen wurden nicht oder allenfalls ganz am Rande angesprochen. Aber gerade diese Dienstleistungen sind dringend notwendig, da ältere und alte Menschen oft hilflos sind, ihre Hilflosigkeit aber nicht artikulieren können oder wollen. Viele schämen sich ihrer Einsamkeit und bleiben lieber in der Isolation, als um Hilfe zu bitten. Das verstärkt die Einsamkeit. Einsamkeit macht krank.

Wie viele ehrenamtliche Mitstreiter haben Sie und suchen Sie noch weitere Leute, die mitmachen?

Anzeige

Wir verfügen zurzeit über etwa 20 aktive Mitstreiter und weitere 15 Unterstützer. Für die Kommunikation mit Einsamen und die Unterstützung Hilfsbedürftiger suchen wir dringend zusätzliche Leute mit Einfühlungsvermögen, die sich auch an einer hier und da zu beobachtenden unvollkommenen Haushaltsführung nicht stören.

Ist die „Schiersteiner Brücke“ den Schiersteinern ein Begriff; oder verbinden die meisten damit die Autobahnbrücke?

Etliche verbinden damit die Autobahnbrücke. Ich spreche deshalb eher von der „Schiersteiner Nachbarschaftshilfe“. So lautet auch unsere Web-Adresse.

Das Repair-Café ist ja eine der Säulen Ihrer Arbeit. Was lassen die Leute denn reparierenß Und haben Sie genügend Reparateure?

Wir reparieren zum Beispiel alte Radiogeräte, CD- und MP3-Player, Kassettenrekorder, Christbaumbeleuchtungen, Rührstäbe, Staubsauger, Plattenspieler, Stühle, kleine Tische, Spielzeug, Lampen, Mixer, Toaster, Bügeleisen, Rasierapparate, Wasserkocher, beleuchtete Hundehalsbänder (!), Ventilatoren, Stromkabel, Weihnachtspyramiden, Heißlüfter, Trockenhauben und Waffeleisen. 13 Männer im Alter von 16 bis 81 Jahren sind im Repair-Café in gegenseitiger Achtung und bestem Einvernehmen aktiv. Wir suchen dringend einen Radio- und Fernsehtechniker und insbesondere auch junge oder jüngere Leute, die Ältere bei der Anwendung ihres PCs, Laptops und Smartphones beraten.

Für welches Ihrer Angebote müssen die Menschen bezahlen? Was ist kostenlos?

Sämtliche Dienstleistungen werden von Ehrenamtlichen kostenlos erbracht; wir bitten aber um Spenden. Auslagen des Repair-Cafés zum Beispiel für Batterien müssen erstattet werden.

Ihre Zielgruppe ist ja bunt gemischt. Sie kümmern sich um alte Menschen in Schierstein ebenso wie um Flüchtlingsfamilien. Welchen Eindruck haben Sie? Klappt das Zusammenleben in Schierstein?

Das Zusammenleben klappt, auch über Schierstein hinaus. Die Hilfsbereitschaft ist groß.

Zu Beginn eines neuen Jahres darf man ja Wünsche äußern. Was wünschen Sie sich für die „Schiersteiner Brücke“?

Ich wünsche mir Spenden für die Nachbarschaftshilfe, aus denen wir zum Beispiel den ständigen Einsatz privater und angemieteter Fahrzeuge, den Ankauf spezieller Werkzeuge oder Plakate zur Information der Öffentlichkeit finanzieren können. Die Spender können eine Spendenbescheinigung erhalten. Ich wünsche mir außerdem die Mitarbeit weiterer Ehrenamtlicher zur Kommunikation mit Einsamen und zur Unterstützung Hilfsbedürftiger sowie für das Repair-Café.

Das Interview führte Anke Hollingshaus