Delikatessen und Likör: Rosen lassen sich mit allen Sinnen...

Anja Quäschning sitzt in ihrer Küche in Wiesbaden zwischen Flaschen mit Blütensirup und Blütensekt, die sie alle aus selbst gesammelten Blüten herstellt.Archivfoto: Frank Rumpenhorst/dpa  Foto:

Von Julia AndertonRosen duften himmlisch – und auch ihr Aroma ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur als Rosenmarmelade auf dem Brot oder Rosentee in der Tasse, denn Anja...

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DOTZHEIM. Von Julia Anderton

Rosen duften himmlisch – und auch ihr Aroma ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur als Rosenmarmelade auf dem Brot oder Rosentee in der Tasse, denn Anja Quäschning kreiert in ihrer deutschen Blütensektmanufaktur auf dem Freudenberg Rosenblütensalz für Salate, Blütenzucker, Blütensirup und sogar Blütenschaumwein. „Meine Rosenblüten-Delikatessen schmecken so, wie gerade frisch aufgeblühte Rosenknospen riechen: frisch-blumig-aromatisch; nicht vergleichbar mit gekochten Rosenprodukten oder orientalischem Rosenwasser. Da hat man oft noch Stunden später ein pelziges Gefühl auf der Zunge“, sagt die Biologin. „Weil sie aus pflückfrischen Blüten hergestellt werden, schmecken meine Rosenblüten-Delikatessen sehr natürlich und daher jedem. Ein Genuss: Rosenblütensalz zu Tomaten und auf kurz gebratenes Fleisch; Rosenblütenzucker in Schlagsahne, Rosenblütensirup mit Wasser als Rosenblütenschorle.“

Ihre Zielgruppe sind Genussmenschen, die den reinen Naturgeschmack suchen und schätzen; die Produkte werden in der Domäne Mechthildshausen und in der Tourist-Info angeboten. Preisbedingt wird der knapp hundert Euro teure Rosenblütenschaumwein für besondere Gelegenheiten wie Valentinstag oder Jahrestage gekauft.

Wer es mit Rosen dann doch nicht so hat, findet freilich zahlreiche Alternativen: „Neben Rosenblütensalz sind Lavendelblütensalz und Muskatblütensalz bei den Kunden sehr beliebt. Sie haben klare Aromen und sind sehr einfach und unkompliziert zu verwenden“, weiß Anja Quäschning.

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Im Schloss Freudenberg, wo die Beetrosen rosa-rot, die Stammrosen lila-gelb und die Kletterrosen gelblich weiß blühen, werden die dornigen Schönheiten nicht nur optisch, sondern mit allen Sinnen erlebt. Den Geruchssinn fordern etwa die Duftstammrosen auf der Terrasse, in der Küche wiederum bereiten die Köche aus den Rosenblättern Rosenlikör zu, der zu besonderen Veranstaltungen gereicht wird. Zudem erfüllt seit Wochen der Rosenduft das Schlosscafé – nicht nur als Dekoration für die Hochzeitsgesellschaften, sondern auch im Alltagsgeschäft: „Jeden Tag stellen wir eine frische Rose unter unsere Ahnengalerie – in Erinnerung an Joseph Beuys‘ ‚Rose für direkte Demokratie‘, 1973“, erklärt Silke Werther von der Parkleitung. Die Sorten kann sie indes aus gutem Grund nicht benennen: „Die meisten der Rosen wurden uns geschenkt; oft liegen diese wunderbaren Spenden – versehen mit einem Gruß, aber ohne Angabe des Sortennamens – vor der Tür unserer Parkhütte“.

Im Garten arbeiten zwar keine auf Rosen spezialisierte, aber dafür sehr erfahrene Gärtner. „Und da wir phänomenologisch arbeiten, schauen wir, was die Pflanze uns zeigt, und ‚hören‘, was sie braucht, was ihr guttut“, sagt Silke Werther. Grundsätzlich werde versucht, den Park naturnah zu halten. „Blumen im üblichen Sinne gibt es daher bei uns nicht, Wiesenblumen gibt es viele.“

Dennoch existiert ein Beet, das mit Rosen angelegt wurde und von Buchsbaum umrandet ist. Es geht auf die Schlosserbauerin Marie Eugenie Victoire Guerinet zurück und wurde bereits während des Schlossbaus von 1903 bis 1905 angelegt.

„Dieses Rosenbeet ist ein Naturdenkmal. Wir haben es um diverse blühende Kräuter wie Zitronenmelisse, Salbei, Rosmarin oder Herzgespann ergänzt. Diese Kräuter nutzen wir in der Schlossküche und als ‚Riechstationen‘ für unsere Gäste.“

Doch was geschieht, wenn Schädlinge wie Blattläuse die edlen Gewächse heimsuchen? Horst Becker aus Frauenstein hat bereits vor einigen Jahrzehnten berufsbedingt den arbeitsintensiven Kirschenanbau aufgegeben und ist stattdessen auf Rosen umgeschwenkt. Im Sommer blühen in seinem prachtvollen Garten, der weit über Wiesbadens Grenzen berühmt ist und sogar Besucher aus Frankfurt anlockt, rund 50 Sorten – ein Spektakel an Farben und Düften.

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Horst Becker ist der Einklang mit der Natur wichtig, daher setzt er bei der Ungezieferbekämpfung auf biologische Mittel wie mit Wasser verdünntes Spülmittel oder Milch in der Sprühflasche. „Für das richtige Verhältnis muss man ein bisschen experimentieren. Bloß nie 1:1, sonst motzt der Stock und lässt die Blätter hängen“, warnt der Experte. Ferner rät er zum beherzten Griff zur Schere: Viele Menschen schrecken seiner Erfahrung nach davor zurück, tief genug zu schneiden. Aus Angst, die Pflanze zu verletzen. „Rosen muss man behandeln wie einen Rebstock“, erklärt er. Neben dem Winter- und dem Frühlingsschnitt könne man den Rosenstock auch im Juli und August stutzen, allerdings nie, wenn die Rose gerade blüht.

Schnittstellen sind Rindenverletzungen, durch sie können Pilze eindringen, die Zweige und Äste zum Absterben bringen können, erläutert Bernd Höpfner von der Freiland-Rosengärtnerei „Rosenwelten“ in der Erich-Ollenhauer-Straße in Dotzheim. „Deswegen nur schneiden, wenn die Pflanze genug Laub hat, um die Wunden schnell zu schließen, also April bis August.“ Grundsätzlich findet er jedoch beruhigende Worte: Durch einen falschen Schnitt könne man eine Rose zwar um ihre Schönheit bringen, aber nicht umbringen.

Obacht ist jedoch beim Thema Düngen angesagt, denn eine Überdüngung könne ebenso wie ein zu spät gewählter Zeitpunkt nach Mitte Juli die Rosen weich und anfällig machen. „Und dann besorgen Schädlinge oder der Winter den Rest.“ Höpfner setzt auf Freilandaufzucht, „weil nur so robuste, widerstandsfähige Pflanzen entstehen, die beim Kunden gleich größer werden und nicht umgekehrt vor Schreck über den Klimawechsel rückwärts wachsen.“

Rosen in geschlossenen Räumen hingegen würden furchtbar anfällig für alle Arten von Schädlingen und seien nur mit viel Gift scheinbar gesund zu halten. Seiner Erfahrung nach klappt die Ansiedelung von Rosen fast immer, mit einmalblühenden Rosen selbst im Schatten; diese sind besonders robust, weil sie den Sommer zum Wachsen und Ansetzen von Knospen nutzen können und nicht ständig blühen brauchen. „Schwierig wird es, wenn die Wurzeln nicht tief gehen können, zum Beispiel auf Dachterrassen mit künstlich aufgeschüttetem Substrat.“ Da gebe es aber viele Ausweichmöglichkeiten mit Stauden und Gräsern. Besonders gefragt sind bei den modernen Rosen die halb- und ungefüllten Exemplare wie die weiß-buschige Maid Marion, da diese den Bienen Nahrung bieten. „Wie schön Ramblerrosen in alte Bäume klettern und sie ein zweites Mal zum Blühen bringen können, spricht sich auch mehr und mehr herum.“