Historische Werkstatt Nordenstadt erklärt Einrichtung der Museumsschenke im Heimatmuseum
Über dem Ausgang der Museumsschenke hängt zum Andenken an Gerhard Reinemer seine mit einem Trauerflor geschmückte Fotografie. Er war bis 1995 der Vorsitzende der Historischen Werkstatt.
(Fotos: Historische Werkstatt Nordenstadt)
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NORDENSTADT - Wie war es eigentlich früher? Beim Stammtisch in der historischen Schenke des Nordenstadter Heimatmuseums in der Turmstraße treffen sich Mitglieder der „Historischen Werkstatt Nordenstadt – Verein für Heimatgeschichte“, um diesmal über die Einrichtung der Museumsschenke im Heimatmuseum zu plaudern.
Von Ekkehard Kurz
Vor rund 22 Jahren weihte der Verein „Historische Werkstatt Nordenstadt – Verein für Heimatgeschichte“ das liebenswerte Heimatmuseum in der Nordenstadter Turmstraße ein. Wiesbadens Oberbürgermeister Armin Exner war persönlich gekommen und überbrachte als Geschenk der Stadt eine kleine Weinkelter aus Porzellan, die heute in der „Gut Stubb“ besichtigt werden kann. Stammtisch-Referent und Nordenstadt-Experte Winfried Müller erinnerte sich noch gut an die damalige Zeit und lud deshalb einige ältere Nordenstadter für den nächsten Zeitzeugen-Stammtisch zu dem Thema „Ambiente Museumsschenke“ ein.
Gleich rechts, nachdem man das im Jahre 1667 erbaute Fachwerkhaus betritt, kommt man in die eigentliche Museumsschenke. Die 2007/2008 neu eingerichtete historische Gaststube war früher das Wohnzimmer von Bürgermeister Christian Kern, im Amt von 1924 bis 1945.
Über dem Ausgang der Museumsschenke hängt zum Andenken an Gerhard Reinemer seine mit einem Trauerflor geschmückte Fotografie. Er war bis 1995 der Vorsitzende der Historischen Werkstatt. Fotos: Historische Werkstatt Nordenstadt
Die Musikbox „System Rock-Ola“ stammt aus den 1950er Jahren und funktioniert tadellos. Die Platten zu spielen käme den Heimatverein allerdings teuer zu stehen.
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Linkerhand steht ein großes Büfett aus Nussbaum aus den 1920er Jahren. Es war eine Schenkung des verstorbenen Nordenstadters Rolf Dietz, Sohn des früheren Nordenstadter Pfarrers Rolf Dietz. Heute dient es als allgemeine Ablagetheke für Vereinsveröffentlichungen sowie für den Ständer mit historischen Postkarten, hat aber auch Platz für das Gästebuch des Heimatvereins. An der Wand hängt ein Gläserschrank, gekauft in einem Breckenheimer Antiquitätengeschäft, gefüllt mit historischen Apfelweingläsern aus Zeiten, in denen die normale Glasgröße noch 0,3 Liter betragen hatte. Der runde Stammtisch an der linken Seite mit sechs Plätzen stammt aus den 1950er Jahren. Die Stammtisch-Glocke und der dazugehörige Aschenbecher war ein Kauf auf einem Flohmarkt. Das in Eisen gerahmte Glasfenster zum Tante-Emma-Laden befand sich früher in einem Stall eines Nordenstadter Bauernhofes an der Nassauer Straße, heute Heerstraße.
Spielautomat verschmäht die Euro-Münzen
An der Wand zwischen Fenster und Tür ist ein Spielautomat aus den 1950er Jahren aufgehängt. Er ist noch voll funktionsfähig, benötigt aber zur Fütterung ausschließlich „10-Pfennig-Münzen“, er verschmäht Euros. An der Türe zum „Tante-Emma-Gemischtwaren-Laden“ ist eine historische Preistabelle der Firma Henkel angebracht aus der Zeit, als ein Normalpaket Persil Waschmittel noch 30 Pfennige kostete. Darunter befindet sich ein Emailleschild, das dem Milchhändler Nr. 71 gehörte und erinnert an frühere Zeiten mit den bis Mitte 1950 105 Milcherzeugungsbetrieben. Sie belieferten zunächst direkt, später aber über sogenannte „Milchleute“ (Milchhändler) beziehungsweise über die 1934 eingerichtete Milchzentrale an der heutigen Heerstraße, ihre Kunden (Privathaushalte, Hotels, Krankenanstalten etc.) in Wiesbaden.
Rechts von der Ladentür hängt ein hölzerner, abschließbarer Sparschrank mit 30nummerierten Schließfächern aus der Zeit um 1950/1960. Bei einem Wirtshausbesuch liebten es manche Besucher, das restliche Kleingeld in das für sie vorgesehene, nummerierte Sparfach zu werfen. Monatlich, so erzählt man sich, kam ein Mitarbeiter der Sparkasse, öffnete die einzelnen Schließfächer und zahlte dann die betreffenden Beträge auf die entsprechenden Konten der Bankkunden ein. Zwischen den Fenstern hängt eine historische Wanduhr mit Pendel und an der Stirnseite des Raums hängt ein Zigarettenautomat aus den 1950er Jahren.
Die Oberlichter der Fenster des Raumes sind bleiverglast, gestaltet von einem Nordenstadter Glaskünstler. Sie wurden um das Jahr 2010 installiert und zeigen unter anderem das Wiesbadener und das Nordenstadter Wappen sowie Symbole von Handwerkern und Bauern. Die Tische und Stühle in der Mitte der Museumsschenke stammen ausschließlich aus dem heute nicht mehr existierenden „Löwen“ der Familie Feidt. Sie sind heute weit über 60 Jahre alt. Und die „Königsbacher“-Deckenleuchten zierten früher den „Wiesengrund“, als Albert Hörner noch der allseits beliebte Wiesengrund-Gastwirt war.
Relativ neu ist die Musikbox „System Rock-Ola“ aus den 1950er Jahren. Früher stand dort ein Lindholm-Harmonium, das aber nach Ansicht der Museumsfachleute nicht so recht in die Zeit der Schenke passte. Die noch tadellos funktionierende Musikanlage mit einem Rundteller und 120 bespielbaren Schallplatten, vornehmlich aus den 1950er bis 1970er Jahren, wurde vor einigen Jahren bei einem Mainzer Musikalienhändler erstanden. Wohlklänge ertönen heute jedoch nur anlässlich einer „Geschlossenen Gesellschaft“, denn bei öffentlichen Veranstaltungen wie auch an den Öffnungstagen des Museums, würden Gema-Gebühren fällig.
Über der Ausgangstür hängt zum Andenken an Gerhard Reinemer seine mit einem Trauerflor geschmückte Fotografie. Gerhard Reinemer, der im März 2017 plötzlich verstarb, führte die „Historische Werkstatt Nordenstadt“ seit 1995 als Vereinsvorsitzender. Er war der maßgebliche Bauleiter bei der Sanierung sowie kenntnisreicher Gestalter vieler Einrichtungen des alten Bauernhauses.
Die Museumsschenke dient heute vor allen Dingen Vorstandssitzungen und diversen Zusammenkünften des Heimatvereins, natürlich auch dem Zeitzeugen-Stammtisch, wird aber auch für verschiedene Veranstaltungen des Volksbildungswerks genutzt.
Das Museum in der Turmstraße 9-11 ist bei freiem Eintritt jeden 1. und 3. Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr geöffnet.