Die Margaretenkapelle ist ein Bauwerk, das man mit seinem sechs Meter hohen Dach nicht übersehen kann. Nun haben unbekannte Täter das Kupferblech gestohlen. Foto: hbz/Jörg Henkel
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KOSTHEIM - Erschüttert stand der Kasteler Bürger Günther Boos am Donnerstag vor der Margaretenkapelle, einem solide ausgeführten Bauwerk, das er 1984 zur Erinnerung an seine verstorbene Ehefrau errichten ließ. Diebe hatten Teile des mit Kupferblech beschlagenen Daches entwendet. Der Gedenkort in der Nähe des historischen Fähncheskreuzes ist kein Bauwerk, das man übersehen könnte, sondern ein massiv mit ausgesuchten Steinen gemauertes Gebäude mit einem dreieckigen, spitz zulaufenden Dach, das sechs Meter in die Höhe ragt.
Boos, ein betagter Bauingenieur, der 40 Jahre lang in leitender Stellung bei MAN in Gustavsburg beschäftigt war, berichtet mit erstickter Stimme, was er gesehen hat an der Margaretenkapelle in der von mehreren Bildstöcken gesäumten Steinern Straße. Und wie es damals dazu kam, dass in dem geschützten Gebiet inmitten von Feldern und Weinbergen eine Stein gewordene Hommage an seine Frau entstehen konnte.
„Wir haben uns gemocht und geliebt“
„Wir haben uns gemocht und geliebt“, sagte er. Kaum ein Material war kostbar genug, um der Kostbarkeit gerecht zu werden, die Boos verloren hatte. Im ganzen Rhein-Main-Gebiet suchte der Ingenieur, bis er in einem Steinbruch bei Aschaffenburg das Material gefunden hatte, das seinen Vorstellungen entsprach. Auch das Dach sollte ein besonderes sein, aus Kupferblech gefalzt – eine Technik, die sich heute mancher Dachdeckermeister noch aneignen müsste. Neun Genehmigungen seien für den Bau nötig gewesen, ein richtiges Dickicht von Vorschriften. Bei seinem Bekannten, dem Frankfurter Stararchitekten Helmut Joos, fand er einen Berater, der mit seiner profunden Kenntnis den Bau der Margaretenkapelle schließlich ermöglichte. Die Mauern sind fast einen Meter stark, darauf ein Dachstuhl aus Stahl, der mit Platten abgedeckt und mit Dachpappe bespannt ist, umkleidet mit Kupferblech. Im Innern ein kleiner Raum, in dem Kerzenlicht brennt, davor ein Ensemble mit einer Sitzbank, auf der man sich früher niederlassen konnte.
Die Margaretenkapelle war schon einmal Ziel von Dieben. Vor sechs Jahren schändeten Unbekannte den Ort, entwendeten Kerzenständer und Gedenkplatten, brachten Sprengsätze zur Explosion. Die Kriminalpolizei, die in dem Fall ermittelte, gab Günther Boos Ratschläge, wie der anspruchsvoll gestaltete Ort, an dem viele im Vorbeigehen kurz innehalten, besser geschützt und vor Diebstahl gesichert werden könnte. Der Kasteler nahm die Ratschläge an und versah die Kapelle mit Panzerglas, damit keiner mehr rankonnte. Jahrelang ging alles gut. Vor zwei Wochen, erinnert sich Boos, muss sich schon einmal jemand ohne edle Motive an der Margaretenkapelle zu schaffen gemacht haben. Spuren deuteten darauf hin.
Kapellen waren mehrfach Ziel von Zerstörung
Am Donnerstag dann der Anruf von einer Nachbarin, die einen der Privatgärten in der Steinern Straße bewirtschaftet und ihren genau gegenüber des Margaretenkapellchens hat. Er möge doch einmal nach dem Rechten sehen, da sei etwas nicht in Ordnung. Boos nahm seinen ganzen Mut zusammen und besichtigte die Bescherung. In Gartenhütten in der Umgebung hatten die Unbekannten Leitern entwendet, um an den Tetraeder aus Kupfer zu gelangen. Die Leitern tauchten wieder auf, das Metall blieb verschwunden. Boos ist ratlos mit dem Wiederaufbau, den er mit seinem Familienrat besprechen werde.
Schmiererei mit Nazi-Symbolen
Die Bildstöcke und Gedenkkapellen an der Steinern Straße waren schon mehrfach Ziel von Diebstahl und Zerstörung. 2010 wurden das Rübenkapellchen und die Gedächtniskapelle am Weiherbrunnen von Unbekannten aufgebrochen. Dort entwendeten sie eine Muttergottes- und eine Engelstatue. Bald darauf wurde aus dem Rübenkapellchen ein schmiedeeisernes Gitter herausgerissen und ein Holzkreuz entwendet. Im selben Jahr sägten Täter die Wetterfahne vom Fähncheskreuz und schafften aus der Margaretenkapelle ein 60 Zentimeter hohes Metallkreuz fort. 2011 beschmierten wiederum Unbekannte das Dach der Margaretenkapelle mit Nazi-Symbolen.