In den Stadtteilen gibt es Angebote zur Leseförderung: In Klarenthal etwa das Lesecafé in der Stadtteilbibliothek, die „Leselampe“ in Kostheim, bei der Leseinteressierte ihre Lieblingsliteratur vorstellen, oder auch das Angebot „Bücherfreu(n)de“ des Wiesbadener „Netzwerk55plus“
Im Lesecafé Klarenthal geht es gerade um das Thema „Gefühle“, Kinder lesen Bücher dazu. Erwachsene helfen dabei. Fotos: Beate Rasch
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KLARENTHAL - Von Beate Rasch
Das Lesecafé in Klarenthal, das am 14. September mit neuem Öffnungstag (donnerstags von 14.30 bis 17 Uhr) in der Stadtteilbibliothek an den Start ging, kommt gut an. Das Kooperationsprojekt des Volksbildungswerks (VBW) Klarenthal, des städtischen Kulturamtes und des Grundbildungszentrums der Volkshochschule Wiesbaden reagiert auf die „Level One Studie“ aus dem Jahr 2011. „Sie machte deutlich, dass in Deutschland 7,5 Millionen Deutsch sprechende Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben können“, erklärt Martin-Rüdiger Noack. Er ist Projektleiter des Grundbildungszentrums, das diese Betroffenen unter anderem mit einem Informations- und Beratungsangebot unterstützt und auch für die aufsuchende Bildungsarbeit in den Vororten zuständig ist, unter die das Lesecafé Klarenthal fällt.
Kostenlos und generationenübergreifend
Das Lesecafé ist ein kostenloses, generationsübergreifendes Bildungsangebot, das Eltern und Kinder, mit oder ohne Migrationshintergrund, anspricht. Der Fokus liegt nicht nur auf der Entwicklung der frühen Lese- und Schreibfähigkeit junger Kinder, sondern auch auf der Verbesserung der Lesefähigkeiten der Eltern. Außerdem sollen die Eltern ihren Kindern helfen können, lesen und schreiben zu lernen. „Rund 60 bis 70 Personen kommen regelmäßig ins Lesecafé. Insbesondere Mütter mit Migrationshintergrund mit geringen Sprach- und Schriftkenntnissen scheinen sich zu interessieren“, freut sich Sabine Betz, Sozialarbeiterin und Mitarbeiterin des VBW Klarenthal, die für die Organisation des Lesecafés zuständig ist. Unterstützt wird sie dabei von zahlreichen Ehrenamtlichen sowie im Bereich Sprachförderung von Caro Katzenbach.
Beim Lesecafé gibt es feste Rituale und Abläufe. Es basiert auf dem Konzept „Family Literacy“, das auf den drei Säulen „Elternzeit“, „Kinderzeit“ und „Familienzeit“, also auf der Arbeit mit zwei Generationen, fußt. Die Elternzeit, der „Mami-Treff“, ist von 14.30 bis 15 Uhr. Dann werden für die Eltern-Kind-Arbeit drei Stationen zum Lerngegenstand (aktuell „Gefühle“) aufgebaut, an denen zum Thema folgende Aktivitäten stattfinden: Vor(lesen), (kreatives) Schreiben, Lieder singen, Basteln und Spielen. An diesem Donnerstag werden zum Beispiel Bücher wie „Ich und meine Gefühle“ von Holde Kreul gelesen, anschließend gemeinsam Bildchen ausgeschnitten und die unterschiedlichen Gefühle den darauf abgebildeten Gesichtern zugeordnet. Den Abschluss bildet ab 16 Uhr eine Kaffee- und Kuchenrunde, gefolgt von einer Präsentation der Ergebnisse und Aktivitäten an diesem Nachmittag.
Im Lesecafé Klarenthal geht es gerade um das Thema „Gefühle“, Kinder lesen Bücher dazu. Erwachsene helfen dabei. Fotos: Beate Rasch Foto:
Unter der Leselampe stellt Antje Spyra (rechts) in der Stadtteilbibliothek Kostheim ihr aktuelles Lieblingsbuch vor. Auch Barbara Nink-Dormann (2.v.r.) und Britta Benkel (2.v.l.) vom Förderkreis hören beim Lesekreis zu. Foto:
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„Unser Ziel ist es, durch ein solches offenes Angebot den Stellenwert und die Bedeutung von Schrift in der Familie zu steigern“, sagt Noack. „Unsere Botschaft: Lesen macht Spaß und ermöglicht Teilhabe. Es ist der Schlüssel, um sich die Welt zu erschließen! Es ist nie zu spät, lesen und schreiben zu lernen! Wenn wir diese Botschaft vermitteln können, haben wir gemeinsam viel gewonnen!“
Ein niedrigschwelliges Angebot für erwachsene Lesefans hat der Förderverein der Stadtteilbibliothek Kostheim (Winterstraße 20) entwickelt: die „Leselampe“. „Wir unterstützen die Bibliothek finanziell. Es geht aber nicht nur darum, Spenden zu sammeln. Wir möchten auch etwas bieten und organisieren deshalb Veranstaltungen rund ums Buch, zum Beispiel den Tag der offenen Tür, Leseabende mit Chor, den Novembermarkt am 18. November ab 15 Uhr und die beliebte ‚Leselampe‘“, sagt Barbara Nink-Dormann vom Vorstand des Fördervereins. An einem Donnerstag im Monat treffen sich acht bis zwölf Lesebegeisterte in der Stadtteilbibliothek, um sich gegenseitig in gemütlicher Runde Bücher vorzustellen.
LESEKREISE
Vorlesen an Kitas: Infos unter www.mitinitiative.de/liesmitmir: Neue Vorleserinnen und -leser werden gesucht.
Grundbildungszentrum: Kontakt über die Volkshochschule unter www.vhs-wiesbaden.de
„Leselampe“: Die aktuellen Termine werden in der Tagespresse veröffentlicht. Interessierte sind willkommen; der Eintritt ist frei.
www.netzwerk55plus.de, Rubrik „Bücherfreu(n)de“: Interessierte melden sich bei Oda Plettenberg, telefonisch unter 0611 - 80 11 14 oder per E-Mail an die Adresse oda.plettenberg@t-online.de.
Der originelle Name ist dabei Programm, denn der Abend beginnt mit dem Anknipsen der Leselampe, die einen Tisch beleuchtet, an dem jeder, der möchte, sein aktuelles Lieblingsbuch präsentieren kann. Vorher findet noch eine Begrüßung statt, dazu gibt es Getränke und Knabbereien. An diesem Abend stellt Antje Spyra das Buch „Eierlikörtage: Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen, 83 1/4 Jahre“ von Hendrik Groen vor. Als sie Passagen daraus vorliest, wird klar, dass sie nicht zu viel versprochen hat. „Ein ausgesprochen lustiges Buch, das ich demnächst bestimmt lesen werde“, sagt Nink-Dormann, die selbst an der „Leselampe“ teilnimmt. „Die individuelle Empfehlung ist einfach persönlicher als die eines Buchhändlers. Bei uns gibt es keinen kommerziellen Rahmen, sondern nur geselliges Beisammensein und wohlwollende Zuhörer und Zuhörerinnen. Und durch das Vorlesen wird der Inhalt richtig lebendig.“
Sie selbst hat ein großes Faible für Bücher. Ihren beiden Kindern hat sie immer vorgelesen, und auch jetzt, als Teenager, lesen sie. „Wer Bücher liebt, will auch, dass die eigenen Kinder Bücher lieben“, ist sie überzeugt. Ein weiteres Mitglied des Fördervereins, Britta Benkel, nimmt ebenfalls gerne an der „Leselampe“ teil. Sie ist eine Anhängerin des klassischen gedruckten Buches. „Man kann es überall mit hinnehmen. Man braucht keinen Strom, kein Akku oder Aufladegerät und kann sich jederzeit in andere Welten beamen. Außerdem es ist schön, ein Buch anzufassen und anzuschauen, wenn man bedenkt, wie viel Mühe sich Grafiker oft mit der Gestaltung des Covers machen“, sagt sie begeistert.
Für die „Bücherfreu(n)de“, ein Angebot des Wiesbadener „Netzwerk55plus“, hat sich deren engagierte Leiterin Oda Plettenberg ein besonders niedliches Logo ausgedacht: zwei Büchermäuse mit rotem Halstuch inmitten von vielen Büchern. Rund sieben Bücherfreunde treffen sich jeden zweiten Donnerstag im Monat von 16.30 bis 18 Uhr im Nachbarschaftshaus Biebrich (Raum 26). „Diese Runde ist für alle gedacht, die gerne lesen und über ein interessantes Buch sprechen oder auch einfach mal rein- und zuhören möchten. Es soll auf jeden Fall ein Angebot für Büchermäuse sein, keine Tagung für Literaturwissenschaftler“, erklärt Plettenberg das Konzept.
Lyrik, Sachbuch oder ein spannender Krimi
Bei jedem Treffen wird ein Buch vorgestellt, das angesprochen oder beeindruckt hat. Das kann Lyrik, ein Sachbuch oder ein Krimi sein. Interessant sei vor allem die anschließende Diskussion, meint Plettenberg. „Man entdeckt Bücher, auf die man sonst vielleicht nie gestoßen wäre.“ Zum Beispiel „Der Circle“ von Dave Eggers, „Das Seelenleben der Tiere“ von Peter Wohlleben oder „Was ich liebte“ von Siri Hustvedt. Aber auch das gesellige Miteinander kommt nicht zu kurz, denn der Abend endet stets mit einem gemeinsamen Restaurantbesuch.