Heimatbühne des Volkschors nimmt Situation im Altenheim aufs Korn / Alle Vorstellungen ausverkauft
Das Ensemble der Heimatbühne des Volkschors und der Autor, Regisseur und Schauspieler Jürgen Stumm (links). Foto: Christine Dressler
( Foto: Christine Dressler)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
DOTZHEIM - Seit 1985 führt die Volks-Chor-Heimatbühne jeden Oktober einen Schwank auf. Jetzt ist es wieder soweit: Das „Theater an der Belzbach“ spielt „Villa Seelenfrieden oder Wer hätte das gedacht“. In Jürgen Stumms 31. Dotzheim-Stück ist einiges anders als bisher. Dafür sorgt der Umzug ins Haus der Vereine.
Von Christine Dressler
Gut 500 Zuschauer wird am ersten Freitag und Samstag im Oktober der Dreiakter „Villa Seelenfrieden“ zwei Stunden lang im Haus der Vereine von einem Lachanfall in den nächsten stürzen: Mit Lokalbezug in Dotzemer Mundart setzt das „Theater an der Belzbach“ wie immer fiktiv ein Thema pfiffig in Szene, über das die Bevölkerung gerade besonders viel spricht. Im neuesten Stück ihres Autors, Regisseurs und Schauspielers Jürgen Stumm nimmt die Heimatbühne des Volks-Chors 1945 den auch in Dotzheim beklagten generellen Servicemangel und die Überforderung des Personals in Altenheimen mit viel Situationskomik und Seitenhieben aufs Korn. Dabei verunglimpfen die zwölf Akteure mit viel Erfahrung aber keinen. „Wir greifen die Kritik der Bürger auf und überziehen sie, aber alles ist erfunden“, betont Stumm. Wie Wilfried Schaab, Rainer Hess, Stefan Kratz, und Klaus Zamrazil seit der Gründung dabei, schreibt Stumm seit 1987 die Stücke der Gruppe. Sie hat sogar einen direkten Bezug zum Altenheim. In den letzten Jahren feierte sie jeden Oktober mit fünf Vorstellungen in der Moritz-Lang-Haus-Cafeteria Erfolge. Das Theater spielt jetzt nicht mehr im Altenheim, sondern im Haus der Vereine an der Belzbach. Das wird aber nur erleben, wer schon eine Karte hat. Eine Abendkasse gibt es nicht. Denn beide Aufführungen sind bereits seit Anfang September ausverkauft.
Der Umzug habe Vor- und Nachteile, sagt Stumm bei der neunten und vorletzten Probe auf der fast kahlen Bühne. Wie immer überlegten sich die 29 bis 67 Jahre alten Hobbyschauspieler, von denen viele zudem in den Chören oder der Narrenzunft des Vereins aktiv sind, im März das Thema. Stumm schrieb bis Juli jedem eine Rolle auf den Leib. Vorteil sei, dass der dreiteilige Saal 500 Besuchern Platz bietet und das Ensemble jetzt statt zu fünf nur zu zwei Vorstellungen antreten muss. Nachteil ist, dass der Saal oft anderweitig belegt ist. Deshalb wird er erst zur Premiere bestuhlt und die Bühne auf drei Seiten mit Kulissen, Klavierattrappe, Paravent, ein paar Stühlen und Empfangsschreibtisch ins Altenheim- foyer verwandelt.
Ein Rollator und zwei Rollstühle
„Weil wir nichts hier lassen können, haben wir die Zahl unserer Requisiten heruntergefahren“, erklärt Stumm. Es gibt einen Rollator und zwei Rollstühle. In einem sitzt die Souffleuse Heike Rohowsky. Sie bereichert das Altenheim als stumme Bewohnerin. Das erspart, einen Soufflierkasten auf- und abzubauen. Auch der Älteste hat keine Sprechrolle: Schaab kümmert sich um die Licht- und Tontechnik. Alle anderen versuchen, das Zeitproblem zu meistern. Das Chaos im Heim spiegelt schon der erste Satz: „Wie sieht’s denn hier aus?“, ruft die dynamische Geschäftsführerin (Jasmin Hess) entsetzt, als sie das Foyer betritt, greift zum Telefon und verlangt, Bürgermeister Sven Gerich zu sprechen. Während Stumm als Aufsichtsrat heimlich den Verkauf des Heims an Investoren vorbereitet, rotiert das Personal (Maud Wolter, Rainer Hess und Oliver Seel) um den gestressten Heimleiter (Andreas König) planlos. „Wir sind ein Haus der Spitzenklasse“, erklärt er dem pedantischen Dotzheimer Paar (Silke Moyer, Stefan Kratz), das einen Platz sucht.
Wie das Personal in Zeitnot die Bewohner mit immer neuen Strategien zum Beispiel zwingt, sich das Essen selber zu holen, selbst die Betten zu machen und Fenster zu putzen, erbost die ruppige Rollatorfahrerin (Tanja Seel) ebenso wie den engagierten Koch (Christian Kratz). Da hat der sanfte Pfarrer (Klaus Zamrazil) wenig Chancen, die Wogen zu glätten und die Lösung überrascht am Ende umso mehr.