Aus Angst vor Gasknappheit decken sich viele mit mobilen Heizlüftern ein. Sollten diese im Winter gleichzeitig laufen, kann das aus Sicht von SW Netz zum ernsten Problem werden.
WIESBADEN. Die sich durch den Ukraine-Krieg abzeichnende Gas-Krise sorgt schon seit einigen Wochen für enorme Nachfrage nach alternativen Heizsystemen. Neben Wärmepumpen sind auch elektrische Heizgeräte überaus gefragt und in manchen Elektromärkten bereits Mangelware. Nicht nur die Hersteller und Einzelhändler stellt das vor Herausforderungen, auch den Netzbetreibern treibt das Verhalten der Konsumenten tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. So tief, dass sich Wiesbadens kommunaler Netzbetreiber SW Netz, eine Tochter der Eswe Versorgung, an die Öffentlichkeit wendet und zum Verzicht auf die Stromfresser aufruft. Der Grund: Nutzen zu viele Haushalte Heizlüfter, Radiatoren und Co., könnte es gravierende Probleme bei der Versorgungssicherheit geben.
Lokales Stromnetz kommt an Belastungsgrenze
Konkret befürchten die Netzbetreiber bei einem übermäßigen und nicht kontrollierbaren Einsatz von Heizlüftern Stromausfälle, die im ungünstigsten und nicht unwahrscheinlichen Fall auch länger ausfallen könnten als nur ein paar Minuten. Das hat technische Gründe, wie Peter Lautz, Geschäftsführer der SW Netz, erläutert: „Wird das Stromversorgungsnetz mit gleichzeitigen, plötzlichen und ungewöhnlich hohen Überlastungen konfrontiert, greifen sofort Schutzmaßnahmen. Im Klartext heißt das: Betroffene Netzbereiche werden automatisch abgeschaltet, es fließt kein Strom mehr.“
Sollten in Kälteperioden in Wiesbaden etliche Tausend der Heizgeräte gleichzeitig laufen, seien trotz der im Netz vorhandenen Sicherheitsreserve solche Überlastungen schnell erreicht. Wann der Strom im betroffenen Netzbereich dann wieder angeschaltet werden kann, sei vom Netzbetreiber im Zweifelsfall gar nicht zu beeinflussen. „Werden die Geräte während eines Stromausfalls nicht direkt von den Benutzerinnen und Benutzern ausgeschaltet, hat der Betreiber kaum Möglichkeiten, die Netze wieder schnell und zuverlässig hochzufahren. Ein langer Stromausfall kann die Folge sein.“ Anders sehe die Situation beispielsweise bei Nachtspeicher-Heizungen und Wärmepumpen aus, die gegebenenfalls vom Netzbetreiber extern abgeschaltet werden können.“ Lautz hat für diejenigen, die den Kauf eines mobilen Heizgeräts erwägen, deshalb nur eine Empfehlung: „Bloß nicht!“
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Neben der Stabilität des kommunalen Netzes sei der Einsatz von mobilen Elektroheizungen nämlich auch noch aus einem anderen Grund keine echte Lösung, um durch die Krise zu kommen: Um die Geräte zu betreiben, braucht es zusätzlich Strom – viel Strom. Sollte gerade einmal die Hälfte der aktuell mit Gas heizenden Haushalte in Deutschland auch nur einen 2000-Watt-Heizlüfter betreiben, würde sich der Strombedarf bundesweit um überschlagene 20 Gigawatt erhöhen, rechnet die SW Netz vor: „Dies entspricht einer Steigerung der aktuellen Jahreshöchstlast in Deutschland um ein Viertel, was weder die Stromnetze noch die vorhandenen Kraftwerke leisten könnten, zumal Gaskraftwerke in einer Gasmangellage ebenfalls nicht verfügbar wären.“
Der kommunale Netzbetreiber appelliert daher an Bürgerinnen und Bürger, auf den Kauf und Einsatz der leistungshungrigen Lüfter zu verzichten und empfiehlt, stattdessen in Energiesparmaßnahmen und eine gute, frühzeitige Wartung der vorhandenen Gas-Heizanlagen zu investieren.
Einfache Mittel helfen beim Energiesparen
Auch einfache Mittel könnten helfen, den Energiebedarf zu mindern. Rollläden und Vorhänge nachts zu schließen verringere die Wärmeverluste durch die Fenster. Durch gedämmte Heizkörpernischen lassen sich überdies bis zu vier Prozent Heizkosten sparen. Verkleidungen vor Heizkörpern seien aus Effizienzgründen zu vermeiden. Auch lange Vorhänge oder ungünstig platzierte Möbel könnten bis zu 20 Prozent Wärme „schlucken“. Die durchschnittliche Raumtemperatur um ein Grad abzusenken, spare rund sechs Prozent Heizkosten.
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Was das Lüften betrifft, empfiehlt SW Netz, in der Heizperiode viermal täglich für etwa fünf Minuten bei komplett geöffneten Fenstern stoß zu lüften. Während des Lüftens nach Möglichkeit die Thermostatventile abdrehen. Ein ständig gekipptes Fenster könne Energiekosten von bis zu 200 Euro im Jahr verursachen.
Von André Domes