Obwohl das Thema in der Öffentlichkeit präsent ist, der Trend erschreckt: Der Anteil am Autoverkehr steigt, der Fußverkehr sinkt. Radverkehr und ÖPNV sind zumindest leicht...
WIESBADEN. „Dieses Ergebnis erschreckt richtig“, bilanziert Umwelt- und Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) bei der Vorstellung des für 2018 festgestellten „Modal-Split“ - die Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsarten. Und es hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel geändert, vielmehr verschlechtert: Der Anteil des Kfz-Verkehrs ist im Vergleich zur letzten Erhebung 2013 sogar noch um ein Prozent gestiegen (siehe Grafik).
Der Modal-Split wird in mehr als 80 deutschen Kommunen über Haushaltsbefragungen erfasst und wurde zuletzt 2013 veröffentlicht. Mehr als 1000 Haushalte werden dazu befragt, wie sie ihre Wege zurücklegen. Kurz zusammengefasst: Der Anteil am Autoverkehr ist gestiegen, der Fußverkehr gesunken, Radverkehr und die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) immerhin leicht gestiegen.
Obwohl das Thema präsent ist, hat sich wenig geändert
„Diese Zahlen sind sehr ernüchternd“, sagt Kowol, „eigentlich sollten die Trends andersherum laufen. Das zeigt auch, wie viel noch zu tun ist“. Auch wenn im Untersuchungszeitraum 2018 „vieles noch nicht zum Tragen gekommen“ sei, was erst danach realisiert wurde, „wie der Ausbau der Radinfrastruktur“, würde deutlich, „dass sich das Mobilitätsverhalten der Wiesbadener kaum geändert hat“. Dabei sei das angesichts der verstopften Straßen dringend notwendig: „Inzwischen sind alle Hauptverkehrsstraßen so belastet, dass es zu ständigen Stausituationen kommt und die Hauptverkehrszeiten, die früher am frühen Morgen und am späten Nachmittag zu erleben waren, zeitlich immer breiter werden.“
Gerade erst ist die hessische Landeshauptstadt im Ranking zu den deutschen „Stau-Hauptstädten“ auf dem unrühmlichen dritten Platz nach Hamburg und Berlin gelandet. Kowol betont: „Wir müssen die Straßen auch für die Verkehre frei machen, die nicht anders können - beispielsweise Handwerker oder Pflegedienste.“ Dabei stellt die Befragung für den Modal-Split fest: Nur rund ein Viertel aller Wege der Wiesbadener sind Arbeitswege - hier ist der Radverkehrsanteil mit zehn Prozent im Vergleich zu anderen Wegen, wie Einkauf oder Freizeit, am höchsten. Und die Pkw-Nutzung ist hier seit 2013 immerhin um rund zehn Prozent gesunken. Unverändert hoch ist er aber bei anderen Wegen der Wiesbadener im Bereich Freizeit, Kita/Schule/Ausbildung oder Einkäufen und Dienstleistungen.
„Wege für Fußgänger müssen sicherer werden“
Mit der zunehmenden Nutzung des ÖPNV zeigt sich Kowol zufrieden: „Für eine reine Busstadt sind 17 Prozent ganz gut und die Fahrgastzahlen von Eswe Verkehr wachsen ja auch weiterhin. Interessant ist aber, dass rund vier von zehn Befragten eine ÖPNV-Zeitkarte haben, sie aber offensichtlich für viele Wege nicht nutzen.“
Der Vergleich zur Nachbarstadt Mainz zeigt: Wiesbaden hat noch viel zu tun. Der Modal-Split in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt war bereits bei einer Erhebung zwei Jahre zuvor deutlich besser. Rund zehn Prozent weniger Autoverkehr sowie zehn Prozent mehr Radverkehr.
Dafür sind in Mainz aber auch weniger Fußgänger unterwegs, lediglich 22 Prozent anstatt 28 Prozent, wie in Wiesbaden.
Einen Ausbau der umweltverträglicheren Verkehrsmittel ÖPNV, Rad und Fußverkehr sehe er nach diesen Ergebnissen als vordringlich in einer wachsenden Stadt wie Wiesbaden an, sagt Kowol: „Attraktivere Preise für den ÖPNV, Ausbau der Radinfrastruktur, Verbesserungen bei der Sicherheit für Fußgänger und die Einrichtung von noch mehr Fußgängerzonen. Beispielsweise in der Mühlgasse und der Gerichtsstraße.“