Wiesbaden macht Solar zur Pflicht

Wer ein Grundstück von der Stadt kaufen will, der muss sich künftig zum Bau einer Solaranlage verpflichten. Archivfoto: dpa

Wer keine Solaranlage bauen will, dem soll die Stadt künftig keine Grundstücke mehr verkaufen. Auch bei Sanierungen gilt die neue Pflicht – eine Einschränkung gibt es aber auch.

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WIESBADEN. Wer Grundstücke aus dem Bestand der Landeshauptstadt Wiesbaden kauft, um darauf zu bauen, der wird sich künftig auf einen neuen Passus im Kaufvertrag einstellen müssen. Im Umweltausschuss erhielt ein Antrag von SPD und Grünen eine Mehrheit, der Käufer dazu verpflichtet, auf Neubauten und sanierten Gebäuden Solaranlagen zu installieren. Wiesbaden folgt damit dem Beispiel der Stadt Tübingen, wo eine ähnliche Regelung bereits in Kraft ist.

Mit einem Beschluss zur Photovoltaik auf Schuldächern und eigenen Neubauten habe die Stadt schon 2012 eine Selbstverpflichtung auf den Weg gebracht, hieß es von den Antragstellern. Die dort zu erzielenden Einsparungen seien aber längst nicht ausreichend, die Klimaziele der Landeshauptstadt zu erreichen. Da die Anschaffungskosten für Solaranlagen mittlerweile deutlich gesunken seien, sei die Zeit reif, auch private Bauherren mit in die Pflicht zu nehmen. Eine wichtige Einschränkung im noch von der Stadtverordnetenversammlung zu bestätigenden Regelwerk ist schon im Antragstext berücksichtigt: Verpflichtend soll der Bau von Photovoltaik- oder Solarthermie-Anlagen nur sein, „sofern diese Anlagen insbesondere bei Eigenstromverbrauch wirtschaftlich zu betreiben sind“. Wer als Bauherr die Installation und Anschaffungskosten nicht stemmen kann, der kann den Betrieb auch anderen überlassen und auf das Contracting-Verfahren zurückgreifen. Die gleichen Regeln sollen auch bei Sanierungsprojekten gelten, sofern sich diese auf städtischen Grundstücken befinden.

Deutlich größeres Gewicht soll die Errichtung von Solaranlagen auch bei städtebaulichen Verträgen erhalten, die die Kommune mit privaten Investoren abschließt. Im Einzelfall soll auch hier jeweils geprüft werden, ob das betreffende Planungsgebiet sich für verpflichtende Festsetzungen zum Bau von Anlagen eignet.

Vor der Abstimmung des Antrages, bei dem die CDU gegen ihre beiden Kooperationspartner stimmte, gab der Leiter des Stadtplanungsamtes, Camillo Huber-Braun, eine Einschätzung aus planungsrechtlicher Sicht. Huber-Braun riet davon ab, eine Solaranlagenpflicht auch in Bebauungspläne (B-Pläne) einzuarbeiten, da die Kommune damit für ein zu starres Planungskorsett sorgen würde. Weil viele B-Pläne mitunter jahrzehntelang ihre Gültigkeit behalten, lasse sich kaum ein Regelwerk aufstellen, das so flexibel sei, dass die künftige Entwicklung des Energie-Marktes abgedeckt werden könne. Sollten sich beispielsweise die Förderungsmodalitäten für Solarstrom auf Bundesebene ändern oder der Energiemarkt grundlegend wandeln, müssten die Stadtverwaltung und auch die Politik mit hohem Aufwand sämtliche B-Pläne aktualisieren. Eine projektbezogene Herangehensweise, also beim Verkauf oder bei der Verhandlung über städtebauliche Verträge, sei das probatere Mittel.

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Von André Domes