Ein AfD-Antrag im Stadtparlament sorgte für Diskussionen unter den Stadtverordneten und für Misstöne innerhalb der Kooperation. Die AfD hatte gefordert, die Partnerschaft mit...
WIESBADEN. Ein AfD-Antrag im Stadtparlament sorgte für Diskussionen unter den Stadtverordneten und für Misstöne innerhalb der Kooperation. Die AfD hatte gefordert, die Partnerschaft mit dem Istanbuler Stadtteil Fatih „schnellstmöglich zu beenden“. Die türkische Regierungspartei AKP vertrete dezidiert antiwestliche Werte und Fatih sei eine Hochburg dieser Partei. Mit der Städtepartnerschaft stütze man „faktisch ein autokratisches, in Teilen totalitäres Regime, das mit Großmachtträumen kokettiert“, so Klaus-Dieter Lork (AfD). Die Partnerschaft sei von Anfang an nicht gut durchdacht gewesen.
Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) hielt dagegen, dass Städtepartnerschaften gerade in schwierigen Zeiten „eine Chance eröffnen“ um „die Verbindung der Menschen untereinander aufrecht zu erhalten“. Es gelte den Teil der dortigen Gesellschaft zu unterstützen, „der sich nach Öffnung, Toleranz, Verständigung und Freiheit sehnt“. Gerade in Zeiten politischer Spannung sei es wichtig, miteinander in Kontakt zu bleiben, sagte auch Gabriele Enders (FDP). „Wir brechen ja auch andere Städtepartnerschaften nicht ab, weil wir mit deren Regierung nicht einverstanden sind.“ Wichtig sei aber, dass der Dialogprozess auch die kritischen Punkte explizit thematisiere.
Nickel: Partnerschaft "prächtig entwickelt"
Seine Fraktion stimme dem AfD-Antrag in keinem Fall und in keinem Wort zu, sagte auch Wolfgang Nickel (CDU). Die Partnerschaft mit Fatih habe sich durch die intensive und außerordentliche Arbeit des Partnerschaftsvereins „prächtig entwickelt“. Sie sei damals mit den Menschen, nicht den Regierenden vereinbart worden.
Dennoch forderte die CDU-Rathausfraktion den Magistrat in einem eigenen Antrag dazu auf, eine Analyse der Lage in Fatih und der städtepartnerschaftlichen Beziehungen vorzunehmen, sich darüber auch mit anderen Städten auszutauschen und eine Expertise des Auswärtigen Amts einzuholen. „Um eine fundierte Entscheidung darüber treffen zu können, ob eher die Aufrechterhaltung oder eine Beendigung der Partnerschaft mit Fatih“ im Interesse Wiesbadens liege, sei eine Abwägung aller relevanten Faktoren erforderlich.
Julia Schwarzer (SPD) widersprach der Darstellung der AfD, Fatih sei eine AKP-Hochburg: Das sei eine Falschbehauptung. Die AfD mache deutlich, dass es ihr nicht um bürgerschaftliches Engagement, den europäischen Gedanken, Fatih oder Wiesbaden gehe. „Anstatt sich mit drängenden Fragen zu beschäftigen, verschwendet sie unsere Zeit mit durchsichtiger Hetze. Da und auch sonst sind sich AfD und AKP vielleicht gar nicht so unähnlich.“ Und die CDU laufe nun dem Stöckchen hinterher, dass die AfD ihr hinwerfe. Unterstützung erhielt sie von Dorothea Angor (Grüne), die sich an Nickel wendete: „Sie haben so tolle Sachen gesagt. Dem widerspricht Ihr Antrag.“
Angor: AfD will türkische Mitbürger diskreditieren
Der AfD warf Angor vor: „Ihnen geht es nur darum, unsere türkischen Mitbürger zu diskreditieren.“ Auch für die sei eine Beendigung der Städtepartnerschaft ein Signal, antwortete Robert Lambrou (AfD): „Wir halten nicht Händchen mit einem Land, das strikt auf die Diktatur zumarschiert.“ Die AfD verstehe nicht, was eine Städtepartnerschaft ausmacht, sagte Lucas Schwalbach (FDP): „Der Austausch von Menschen und unterschiedlichen Meinungen.“
Die CDU hielt an ihrem Antrag fest. Fraktionschef Bernhard Lorenz sagte, es sei klug, sich zu versichern und mit anderen abzustimmen. „Es macht wenig Sinn, einen gemeinsamen Weg abzubrechen, wenn es schwierig wird. Es macht aber auch wenig Sinn, ihn kopflos weiterzugehen.“ Bei der folgenden Abstimmung wurden beide Anträge abgelehnt. Gegen den CDU-Antrag stimmte auch die AfD.