Grandios findet der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol die guten Noten für Eswe Verkehr, die eine Verkehrsstudie ergab. Demnach sind 67,2 Prozent mit dem ÖPNV...
WIESBADEN. Nur ganz langsam ändert sich das Mobilitätsverhalten in der Stadt. Im Vergleich zu 2014 nutzen 2,3 Prozent mehr Wiesbadener für die Fahrt zur Arbeit das Rad. Und die Freizeitziele wurden 2016 verstärkt mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angesteuert. Auch hier betrug die Steigerungsrate 2,3 Prozent. Das sind Ergebnisse einer Studie des Strategischen Amts für Stadtforschung und Statistik, in der im vergangenen Jahr über 2.500 repräsentativ ausgewählte Wiesbadener zum Thema Verkehr befragt wurden. Insgesamt, so resümieren die Wissenschaftler ihre Auswertung, gab es zu 2014 „kaum Veränderungen“.
Für die sogenannten Alltagswege nutzen die Wiesbadener zu 46,7 Prozent ihr Auto, 27 Prozent Bus und Bahn, 17 Prozent gehen zu Fuß, Fahrrad beziehungsweise E-Bike bleiben mit 8,6 Prozent Schlusslicht. Nur in der Freizeit liegt die Rad-Nutzung mit 14 Prozent spürbar höher.
24 Prozent fahren nie Auto
Die Befragten der östlichen Vororte Heßloch, Kloppenheim, Naurod, Auringen, Igstadt, Medenbach und Breckenheim nutzen ihr Auto (zu 70 Prozent) am häufigsten, in den Innenstadt-Bezirken Mitte und Westend am wenigsten (36 Prozent). Hier gaben 24 Prozent sogar an, nie Auto zu fahren. Da gibt es eine Analogie zum Motorisierungsgrad der Bevölkerung. Und die Werte lassen sich auch durch die Parksituation und das ÖPNV-Busangebot erklären.
Abgefragt wurde zudem die Zufriedenheit der Wiesbadener mit verschiedenen Verkehrsaspekten. 67,2 Prozent sind mit dem ÖPNV zufrieden oder sehr zufrieden. Bei der Fußweg-Sicherheit liegt dieser Wert bei 55,9 Prozent. Mit den Fahrradwegen und der Radverkehrssicherheit sind nur 19,4 Prozent einverstanden. 39 Prozent aller Befragten kreuzten hier „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“ an. Im Vergleich zu 2014 hat sich dieser negative Wert sogar noch um 3,3 Prozent vergrößert, während die Zufriedenheit mit dem ÖPNV um 4,1 Prozent gestiegen ist.
Parksituation soll sich verbessern
Wenn es um die Wünsche nach Verbesserungen geht, halten 61 Prozent aller Befragten Maßnahmen zur Entspannung der Parksituation in den Wohngebieten der Innenstadt für vordringlich. 57 Prozent wollen vor allem, dass Maßnahmen für Fahrradfahrer ergriffen werden. Interessant: Jüngere Befragte halten verkehrspolitische Maßnahmen tendenziell für dringlicher als ältere. Über die vorgegebenen Möglichkeiten hinaus konnten die Befragten auch eigene Prioritäten formulieren. Jeweils knapp ein Viertel der Maßnahmennennungen beziehen sich auf den motorisierten Individualverkehr und den ÖPNV. Da wurden beispielsweise ein besseres Baustellenmanagement und der Erhalt der Straßeninfrastruktur gefordert. Aber auch der Wunsch nach Verkehrsberuhigung wurde formuliert. Für den ÖPNV sähen Befragte gern eine günstigere und gerechtere Preisgestaltung, die Schaffung von schienengebundener Personenbeförderung sowie ein Ausbau des Liniennetzes. Die in absoluten Zahlen meisten Einzelnennungen forderten indes „mehr, bessere und sicherere Radwege“ (100) sowie eine stärkere Verkehrsüberwachung (112).
Der neue Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) hält das positive Votum für Eswe Verkehr für das bemerkenswerteste Ergebnis der Studie. „Das ist grandios gut.“ Zumal die Kundenzufriedenheit nochmals gestiegen ist. „Da sind wir im Bundesvergleich auf allerhöchstem Niveau.“ Zwar dürfe man nicht vergessen, dass sich die Stadt das mit einem Zuschuss von jährlich 20 Millionen Euro auch etwas kosten lasse. „Ohne dieses höchst leistungsfähige Bussystem wären aber auch alle anderen noch unzufriedener.“ Und er meint da vornehmlich die Autofahrer.
Abwärtstrend bei Radwegen drehen
Den dringenden Handlungsbedarf im Radwegenetz sieht er durch die Studie bestätigt. Dass die hohe Unzufriedenheit hier noch wächst, während sie in anderen Städten rückläufig ist, müsse sich ändern: „Es ist eine Herausforderung für uns, diese Tendenz in den nächsten zwei Jahren rumzudrehen.“
Um den Parkplatzdruck zu senken, will der Stadtrat prüfen, weitere Flächen zu bewirtschaften und zu versuchen, dafür auch private Grundstücke zu nutzen. „Wir wissen aber auch, dass es in der Beurteilung der Parkzufriedenheit immer eine Unzufriedenheit geben wird. Nicht nur in Wiesbaden. Das Stellplatzangebot ist zu gering oder zu teuer oder beides.“
Weitere Vorschläge
Hier sieht die CDU sich mit der Maßnahme von Ordnungsdezernent Oliver Franz auf dem richtigen Weg, „der auf kreative Art und Weise vielen Anwohnern die allabendliche Suche nach einem Parkplatz verkürzt hat“, wie Hans-Martin Kessler, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, die Freigabe von Fahrspuren auf dem ersten und zweiten Ring lobt. Diese Entscheidung, dort nachts und an Wochenenden zusätzliche Parkplätze zu schaffen, sei „goldrichtig“ gewesen.
Kessler selbst macht nach der Lektüre der Studie weitere Vorschläge, um die Zufriedenheit der Wiesbadener mit der Verkehrssituation zu steigern: „Zum Beispiel könnte auch eine vermehrte Einrichtung von Einbahnstraßen dazu beitragen, mehr Flächen für Fahrradfahrer und zusätzliche Parkplätze zur Verfügung zu stellen.“ Der designierte CDU-Planungsdezernent sieht hierin einen doppelten Vorteil: „Mehr Fahrräder in der Stadt und weniger Parkplatzsuchverkehre durch Pkw – das wäre eine Wohltat vor allem für die Bewohner in den hochbelasteten Innenstadtquartieren.“