Stahlharte Kekse: Deutsche Science-Slam Meisterschaft in...

Rund 5000 Besucher kamen zur deutschen Science-Slam Meisterschaft ins Rhein-Main-Congress-Center. Foto: Nico Neithardt

Acht Finalisten traten am Samstagabend in Wiesbaden bei der Deutschen Science-Slam Meisterschaft gegeneinander an. Am meisten begeisterte Stahlforschung auf der Basis von...

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WIESBADEN. Eines der höchsten Gefühle in der Wissenschaft lässt sich mit nur drei Buchstaben und einem Ausrufezeichen beschreiben: „AHA!“ Diesem Zustand geht in der Regel ein anderes Gefühl voraus, das sich mit dem einfachen Wort „HÄH?“ beschreiben lässt. So beschreibt es zumindest der Physiker Moritz Zaiss, der das Finale der Deutschen Science Slam Meisterschaft im Rhein-Main-Congress-Center moderierte.

Acht junge Wissenschaftler aus ganz Deutschland trafen dort aufeinander und machten jene Korrespondenz von „HÄH?“ und „AHA!“ in einem ausverkauften Saal 5000 Besuchern live erlebbar. Nach Angaben der Veranstalter waren es die meisten Besucher, die jemals bei einem Science Slam in einem Saal versammelt waren.

Aber wie kommt ein Wissenschaftler dazu, seine Arbeit auf einer Bühne zu präsentieren? Teilchenphysiker und Finalist Jochen Jens Heinrich hat eine einfache Erklärung: „Wir Wissenschaftler bekommen viel Geld für Forschung, aber keiner weiß, wofür diese Forschung gut ist“, sagt er. Deshalb empfinde er es als seine Pflicht, den Sinn seiner Arbeit zu erläutern.

Vom Teufel besessene Holzwürmer

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Bei vier Vorentscheiden in Hamburg, Köln, München und Clausthal-Zellerfeld hatten sich die Teilnehmer für das Finale qualifiziert. Die Vorträge des Finalabends – egal ob Natur- oder Geisteswissenschaft – hatten alles zu bieten, was die menschliche Fantasie hergab: energiereiche Exkremente, Stahlforschung auf der Basis von Oreo-Keksen, Origami aus Naziliteratur und vom Teufel besessene Holzwürmer waren nur einige der Themen.

Am Ende eines ebenso erkenntnisreichen wie unterhaltsamen Abends hieß der Sieger mit dem lautesten Applaus Aniruddha Dutta vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung. Sein Vortrag „Stealing weight from Steel“ (Gewicht von Stahl stehlen) machte auf charmante Weise das sperrige Thema Metallkunde am Beispiel eines Oreo-Kekses verständlich und erklärte, wie man Stahl leichter machen kann: Entscheidend sei die richtige Mischung aus hartem (Keks) und weichem (Creme) Material.

Starke Konkurrenz

Das Besondere bei Duttas Vortrag: Als einziger Teilnehmer sprach er nicht Deutsch, sondern Englisch. Entsprechend überrascht war er, als er zum Sieger gekürt wurde. „Ich hatte noch nie so starke Konkurrenz, wie an diesem Abend“, sagt er. Tatsächlich setzte er sich nur knapp gegen die Materialforscherin Anastasia August aus Karlsruhe und den Psychologen Moritz Kirchner aus Potsdam durch. Anastasia August erklärte mit viel Selbstironie und nur mit Messer, Kerze und 3D-Modell ausgestattet, ein Prinzip der Wärmespeicherung. Moritz Kirchner zeigte auf, wie der Populismus komplexe Themen herunter bricht und so die Demokratie gefährdet.

Was auf der Bühne leicht und locker präsentiert wurde, ist das Ergebnis harter Arbeit, wie auch Moritz Zaiss berichtete: „Ein Science-Slam kann den Appetit anregen, aber um harte Mathematik kommt man nicht herum“, sagt er.

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Von Taylan Goekalp