Schriftstellerin Eva Demski erhält am 12. Dezember den...

Die Schriftstellerin und Journalistin Eva Demski arbeitet und lebt seit 1977 in Frankfurt. Archivfoto: dpa

Eva Demski hat einige Jahre ihrer Kindheit in Wiesbaden verbracht. 2013 war sie Gastgeberin der Wiesbadener Literaturtage. Ein Interview über Stadt, Region und Literatur.

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WIESBADEN. Die Schriftstellerin Eva Demski erhält am 12. Dezember den George-Konell-Preis in Wiesbaden.

Frau Demski, Sie haben viele Preise schon erhalten – was bedeutet da noch ein neuer?

So viele Preise waren es nicht, als dass ich mich über diesen nicht freute - der letzte ist zehn Jahre her. Geld bedeutet für Schriftsteller Freiheit, und die ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Auch mal an etwas Schrägem ein bisschen basteln zu können, macht Spaß. Zur Ehre, die damit verbunden ist, habe ich ein eher sachliches Verhältnis, gemocht werden finde ich entschieden schöner als geehrt werden.

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Es steht Wiesbaden als eine Station in Ihrem frühen Lebenslauf – wieso hatte es Ihre Familie hierher verschlagen, und was haben Sie als Kind von Wiesbaden wahrgenommen?

Es war eine kurze, aber wunderbare Zeit hier, mein Vater bekam ein Engagement am Wiesbadener Staatstheater, als Bühnenbildner, wir wohnten in der Emser Straße 71, in einem Haus mit lauter anderen Theaterleuten zusammen. Ich war neun Jahre alt, sah die ersten Trümmergrundstücke - das waren großartige Spielplätze. Sonntags durften wir ins Kino, Tarzanfilme, ich glaube, das kostete fünfzig Pfennig. Wiesbaden hieß für mich ein paradiesisches Unbeaufsichtigtsein.

Und an was erinnern Sie sich noch als Gastgeberin der Wiesbadener Literaturtage 2013?

Meine Gedichtmaschine, nach der ich noch heute Sehnsucht habe. Der schöne Raum, das Vergnügen, Dinge und Worte zusammenzubringen und das ohne philologische Schwerfüßigkeit.

Ohne Wolfgang Schopf, der die gleiche Art zu spinnen hat, wäre das nichts geworden. Seine Frau Sabine hat zum Beispiel aus Hunderten von Teilen geduldig ein Achterbahnmodell zusammengebaut. Für Brechts Gedicht haben wir einen echten Pflaumenbaum gekauft. Man konnte, glaube ich, die sehr bekannten, ikonischen Gedichte auf diese Weise anders lesen.

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Wie sehen Sie als bekennende Frankfurterin denn auf diese Nachbarstadt?

Ich bin keine bekennende Frankfurterin. Das denken die nur in Frankfurt. Wiesbaden ist Kindheitsort, frei, der fürsorglichen Regensburger Belagerung entronnen. Später im Mainzer Studium, war Wiesbaden die Stadt zum gehobeneren Ausgehen. Konnten wir uns aber nicht so oft leisten.

Warum, meinen Sie, bleibt Wiesbaden zwischen Frankfurt und Rheingau in der Literatur meist ein nur weißer Fleck?

Da wird nur nicht genau genug hingeguckt. Denken Sie an den wunderbaren, leider zu früh verstorbenen Michael von Poser. Außerdem ist ein weißer Fleck nichts Schlimmes, den kann man ausmalen, immer wieder von Neuem.

George Konell, der Herr, nach dem der Wiesbadener Preis benannt ist, war Lyriker – ich kenne ein paar Katzen-Gedichte von Ihnen, habe aber gelesen, dass Sie ungeheuer viele Gedichte geschrieben, sie nur nicht publiziert haben. Warum nicht?

„Ungeheuer viele“ sind es nicht, aber es ist eine hübsche Menge zusammengekommen. Da sollen sich dann meine Nachlassverwalter drüber freuen. Oder vielleicht lass ich ja doch mal ein paar ans Licht? Da bin ich noch unschlüssig.

Sie sind eine Literatin aller Genres – Lyrik, Drama, Roman, Erzählung, Essay, Reisebericht … in welchem fühlen Sie sich am wohlsten und warum?

Ich fühle ich in all diesen Genres wohl, zu verschiedenen Zeiten. Kleine Steine aufzuheben oder große Brocken zu stemmen - alles braucht den richtigen Augenblick, den kürzeren oder längeren Atem. Ich lasse mich gern von scheinbar kleinen Themen ablenken. Dann muss eben der große Brocken warten. Wahrscheinlich gelte ich wegen dieses flamboyanten Verhaltens als etwas unseriös.

Ihre Bücher erscheinen seit rund vier Jahrzehnten – welche Veränderungen im gesellschaftlichen Stellenwert von Literatur haben Sie im Lauf dieser Zeit beobachten können?

Ich glaube, dass die Mauern der Dichter- und Gelehrtenrepublik längst zerbröselt sind, obwohl einige so tun, als stünden sie noch. Sollen sie. Wäre ich ein paar Jahre jünger, wäre ich vielleicht Bloggerin. Wo steht geschrieben, dass man im Netz nicht der schönen Sprache huldigen darf? Das wäre ein großartiges Ziel, der digitalen Doof- und Grobsprache den Kampf anzusagen!

Was kann Literatur? Was kann sie nicht?

Das versucht man lebenslang rauszufinden.

Das Interview führte Viola Bolduan.