Der kleine Bruder des Ostfelds: Zwischen Dotzheim und Schierstein könnten auf dem Entwicklungsgebiet Perspektivfläche West rund 3000 Wohneinheiten entstehen.
WIESBADEN. Achtung: Zukunftsmusik. Während beim Ostfeld nach und nach immer konkreter wird, wie sich Wiesbaden mehr Raum zum Wachsen verschaffen will, haben andere Entwicklungsflächen derzeit eher den Charakter von Gedankenspielen – äußerst spannende Gedankenspiele allerdings. Das größte Areal, das zu dieser Kategorie zu zählen ist, hört auf den Namen Perspektivfläche West und spielt, trotz deutlich anderer Rahmenbedingungen, in einer ganz ähnlichen Dimension wie das Ostfeld. Rund 3000 Wohneinheiten könnten bei Bedarf, so weist es das Stadtentwicklungskonzept „Wiesbaden 2030+“ (Wisek) aus, auf dem Gelände entstehen.
125 Hektar groß ist die Perspektivfläche West, sie liegt zum größeren Teil auf Schiersteiner, zu einem kleineren Teil, etwa 45 Hektar, auf Dotzheimer Gemarkung. Beim Beschreiben der genaueren Grenzen des Entwicklungsgebiets wird schon einer der wichtigsten Gründe dafür sichtbar, warum Stadtplaner gerade hier ein so großes Potenzial für städtisches Wachstum sehen. Im Norden verlaufen Ludwig-Erhard- und Erich-Ollenauer-Straße, im Süden verläuft die A66. Die West- und Ostgrenze des angedachten Gebiets markieren Schönau- beziehungsweise Saarstraße ebenfalls zwei wichtige Verkehrsachsen – zumindest in Sachen Individualverkehr bieten sich so schon einmal beste Voraussetzungen für die Erschließung des möglichen neuen Stadtteils. Für den Weg in die Innenstadt bieten sich gleich mehrere Routen an, auch die Gewerbegebiete in Schierstein und Biebrich sind um die Ecke, und die Vernetzung ins Rhein-Main-Gebiet ist über das Schiersteiner Kreuz ebenfalls in direkter Nachbarschaft gegeben. Bis zu einem fiktiven Erschließungsstart wäre der Knotenpunkt längst fertig saniert und ausgebaut.
Platz für Grünflächen eingeplant
Was den ÖPNV angeht, ist zwar nicht alles ein solcher Selbstläufer, jedoch sehen die Wisek-Autoren auch hier kein Hindernis für eine Entwicklung: „Diese Fläche liegt zwar nicht vollständig im Einzugsbereich des schienengebundenen ÖPNV, weist aber trotzdem bereits heute eine gute Erreichbarkeit auf.“ Will heißen: Der Haltepunkt Schierstein läge zumindest für den Südteil des Gebiets in fußläufiger Entfernung. Ob sich dies eher für Bewohner oder für künftige Arbeitnehmer in der Perspektivfläche auszahlen würde, hängt von detaillierteren Planungen zur Verteilung von Flächennutzungen ab.
Anders als die 450 Hektar Ostfeld grenzt die Perspektivfläche West fast überall an bereits bebauten Raum mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Formen. Klassische Einfamilienhäuser in der Siedlung Freudenberg weiter im Süden und Mehrfamilienhäuser in den Siedlungen Thalheim und Sauerland. Ganz im Süden grenzt die Fläche an Gewerbegebiete und im Nordwesten an den HSK-Komplex, sodass sich eine mögliche Bebauung in der Gestaltung am bereits Vorhandenen orientieren könnte. Während die avisierten rund 4600 Wohneinheiten im Ostfeld als neue, in sich geschlossene Siedlung geplant werden, könnte die Perspektivfläche also von ihren Rändern her entwickelt werden. Das hätte auch den Vorteil, dass bestehende Infrastruktureinrichtungen mitgenutzt werden können und keine komplett neue Schul-, Betreuungs- oder auch Einkaufslandschaft aus dem Boden gestampft werden muss. Anders als im Ostfeld sehen die Planer hier auch eine weniger dichte Bebauung als sinnvoll an. Angemessen seien etwa 60 bis 80 Wohneinheiten pro Hektar. Zum Vergleich: Das aktuellste Ostfeld-Planungsszenario kalkuliert mit deutlich über 100 Wohneinheiten pro 10.000 Quadratmeter.
Trotz der insgesamt 3000 zu realisierenden Wohneinheiten wäre aus Sicht der Planer damit noch genügend Platz für Grün: „Von Nord nach Süd soll entsprechend dem Regionalen Grünzug im Regionalplan eine großzügige Freiraumachse zur Aufrechterhaltung der Klimafunktion und für Naherholung und Freizeit freigehalten werden.“
Von André Domes