
Ignaz Lozo kommt am 5. Juni zur Lesung aus seiner Gorbatschow-Biografie ins Wiesbadener Literaturhaus - und spricht im Interview auch über Anna Netrebko und den Krieg.
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Herr Lozo, Sie leben in Wiesbaden und haben sicher auch die Auseinandersetzungen um den Auftritt der russischen Sopranistin Anna Netrebko bei den Maifestspielen im Staatstheater mitbekommen. Draußen gab es heftigen Protest auch von politischer Seite, drinnen Jubel. Was meinen Sie als Kenner der russischen Politik: Kann man es rechtfertigen, die in der Vergangenheit als Putin-Unterstützerin aufgetretene Sängerin bei einem Festival der Stadt singen zu lassen?
Das ist eine schwierige Frage. Ist es den Putin-Opfern zuzumuten, dass Frau Netrebko, die lange Zeit als sehr Kreml-nah galt, in Deutschland gefeiert wird? Haben wir nicht auch Werte, die durch so einen Auftritt in Zweifel gezogen werden? Ich bin der Meinung, dass bei so einem delikaten Thema immer eine Einzelfallprüfung nötig ist. Netrebko ist politisch naiv und opportunistisch, nicht nationalistisch-bösartig. Wäre sie durch Äußerungen aufgefallen, die den Ukraine-Angriff rechtfertigen, hätte man ihr die deutsche Bühne versperren sollen. So aber ist ihr Auftritt gerade noch vertretbar gewesen.
Sie haben Michail Gorbatschow als Journalist mehrmals in Russland getroffen und sind oft in Osteuropa unterwegs. Können Sie seit dem Überfall auf die Ukraine überhaupt noch Kontakte nach Russland pflegen? Was hören Sie persönlich aus dem Land, das Exilrussen längst auf dem Weg in eine Orwell-Dystopie sehen?
Ich kann und will derzeit nicht nach Russland, zumal ich mich in den vergangenen 15 Monaten in Interviews für alle ARD-Hörfunkanstalten sehr kritisch über das Putin-Regime geäußert habe, aber auch schon davor in der Print-Presse und in wissenschaftlichen Aufsätzen. Telefonisch habe ich noch Kontakt zu einer Reihe von Freunden und Bekannten in Russland. Doch ich spüre deren Angst. Das Thema Krieg vermeiden wir weitgehend – aus Vorsicht. Mit einigen habe ich auch gebrochen, weil sie die Putin-Propaganda und Lügen nachplappern.
Gorbatschow wird in Russland als Totengräber des Sowjet-Imperiums kritisch gesehen. Im Westen wird er zu Gorbi verniedlicht. In Ihrer Biografie des Weltveränderers schreiben Sie aber von einem Grundvertrauen zwischen ihm und seinem Nachfolger Putin. Die Annexion der Krim hat er 2014 verteidigt und von einem Teil Russlands gesprochen. Idealisieren wir den Weltveränderer aus Dankbarkeit für seine historische Rolle?
Das mit dem Vertrauen bezog sich auf Putins erste Amtsperiode bis 2004. Später hatte Gorbatschow dessen Innenpolitik – nicht Außenpolitik – sehr heftig kritisiert. Gorbatschows Stiftung kam dadurch ins Visier der Putin-Clique, sodass auch er vorsichtiger wurde, nicht zuletzt aus einer Fürsorgepflicht gegenüber seinen Stiftungsmitarbeitern. Bezüglich der Krim berief er sich auf das Referendum der Bürger dort, das aber ebenfalls ein Scheinreferendum war, weil es gar nicht die Möglichkeit gab, für einen Verbleib in der Ukraine zu stimmen. Ja, natürlich ließen wir Gorbatschow einiges durchgehen, weil er die Wiedervereinigung ermöglicht hat.
Auf Ihrer Lesereise mit der Biografie, die Sie am 5. Juni auch im Wiesbadener Literaturhaus vorstellen, erleben Sie viele Diskussionen. Was bewegt die Menschen am meisten, wenn es jetzt vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges um Gorbatschow geht? Welche Frage wird Ihnen am häufigsten gestellt?
Es sind drei Fragen: Wie schaute Gorbatschow auf den Ukraine-Krieg? Wie lange geht der Krieg noch? Wie lange hält sich Putin? Ich glaube, die erste dieser drei Fragen kommt am häufigsten.
Und, was antworten Sie? Gorbatschow ist im August 2022 gestorben. Wurde überhaupt bekannt, wie er über den Krieg gedacht hat?
Der Friedensnobelpreisträger von 2021, Dmitri Muratow, besuchte Gorbatschow vor dessen Tod im Krankenhaus. Gegenüber Muratow sagte er, er werde sehr bald eine deutliche öffentliche Stellungnahme zum Krieg abgeben. Dazu ist es dann leider nicht mehr gekommen, weil Gorbatschow kurz darauf starb. Zu den anderen beiden Fragen: Ich glaube nicht, dass der Krieg noch lange gehen wird. Und das Putin-System wird eher früher als später zusammenbrechen. Davon war ich schon vor dem Krieg überzeugt und habe das auch öffentlich geäußert.
Ihr Buch wird von Historikern als erste deutsche Gorbatschow-Biografie gewürdigt, die wissenschaftlichen Ansprüchen genüge. Wie kam es zur Entscheidung, zum Buchautor zu werden?
Ich hatte mich jahrzehntelang mit Gorbatschows Politik befasst, schon 1985 als Student des Russischen, als viele noch dachten, seine Glasnost-Politik sei wieder nur ein sowjetischer Propaganda-Trick. Nach meiner Promotion in Osteuropäischer Geschichte und vielen Begegnungen mit Gorbatschow, zunächst als Journalist, dann als Wissenschaftler, stellte ich fest, dass es noch keine wissenschaftlich fundierte Biografie eines Historikers über ihn gab. Nur ein amerikanischer Politologe, der aber des Russischen nicht mächtig ist, hatte zuvor eine veröffentlicht. Dass mein Buch so gut läuft, freut mich natürlich – auch machen mir die Buchvorstellungen großen Spaß.
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