Nach dem tödlichen Unfall am Loreleiring, bei dem eine 21-Jährige von einem Auto frontal erfasst wurde, beklagt jetzt das Bündnis „Verkehrswende Wiesbaden“ die...
WIESBADEN. Auf dem Baumstumpf neben der Bushaltestelle Loreleiring vor dem Drogeriemarkt liegt ein Blumenstrauß, daneben Fotos in einer Plastikhülle. Sie zeigen eine lächelnde junge Frau. Die Gedenkstelle für das jüngste Wiesbadener Verkehrsopfer, gerade mal 21 Jahre alt, wird täglich von vielen Fußgängern passiert, manche bleiben erschüttert stehen.
Auch die junge Frau auf den Fotos war zu Fuß unterwegs. Sie wollte am Freitag, 17. Februar, um 22.38 Uhr gerade am Loreleiring den Fußgängerüberweg über die Dotzheimer Straße nehmen, als ein linksabbiegendes Auto vom Loreleiring kommend sie frontal erfasste. Durch den Zusammenstoß erlitt die 21-Jährige schwere Kopfverletzungen, meldete die Polizei. Die junge Frau wurde umgehend zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht. Zwei Tage später erlag sie ihren Verletzungen.
„Zur Klärung des Sachverhalts wurde ein Sachverständiger eingeschaltet“, heißt es lakonisch im Polizeibericht. Die Lichtzeichenanlagen sind so geschaltet, erklärt eine Polizeisprecherin, dass außer dem Linksabbieger, einem 50-jährigen Wiesbadener Autofahrer, auch die junge Frau „Grün“ hatte. Näheres zum Unfallhergang soll jetzt das Gutachten erbringen.
„Unzumutbare Bedingungen“
„Wir möchten diesen traurigen Ausgang zum Anlass nehmen, um auf die unzumutbaren Bedingungen für Fußgänger an vielen Stellen in Wiesbaden aufmerksam zu machen“, sagt Annette Bänsch-Richter-Hansen vom Bündnis „Verkehrswende Wiesbaden“. Nach Meinung der Arbeitsgruppe „Fußgänger“ des Bündnisses gebe es Situationen im Wiesbadener Straßenverkehr, die für Fußgänger widersprüchlich und eben nicht Gefahren entschärfend seien. Allen voran diejenigen, wenn Fußgänger und rechts- oder linksabbiegende Autos gleichzeitig „Grün“ haben. „Da müssen Fußgänger besonders aufpassen.“
Bänsch-Richter-Hansen führt beispielhaft die Kreuzung Schiersteiner Straße und Konrad-Adenauer-Ring an. Ebenso die Linksabbiegerspur von der Schwalbacher Straße in die Rheinstraße. Zwar ist der Fußgängerüberweg dort mit gelbem Blinklicht ausgestattet, wird aber dennoch vor allem von Ortsunkundigen gelegentlich ignoriert, so die Beobachtungen. „Richtiges Chaos“ herrsche derzeit vor allem an der Baustelle vor dem Museum, wo sich der Fußgänger- und der Radverkehr auf engstem Raum mischen, wie das Bündnis die Lage beschreibt. Lob gibt es von Bänsch-Richter-Hansen dagegen für den Fußgängerüberweg am Hauptbahnhof, weil dort die Ampelphasen verlängert wurden.
Fehlende Aufmerksamkeit ein „echtes Problem“
Der städtische Verkehrsplaner Uwe Conrad bestätigt, dass an „weiträumigen Kreuzungen“ wie der aktuellen Unfallstelle an der Ecke Loreleiring und Dotzheimer Straße ein echtes Problem bestehe, das er vor allem ein „Aufmerksamkeitsproblem“ nennt. Es sei zwar möglich, über das bereits dort vorhandene gelbe Blinklicht hinaus noch mehr für Fußgänger zu tun, aber dann würde die Leistungsfähigkeit dieses Knotens mit bis zu fünf Fahrspuren deutlich reduziert. „Das geht dann nur noch mit einer eigenen Fußgängerphase.“ Ansonsten sei nämlich auch heute schon „alles eindeutig nach Straßenverkehrsordnung geregelt“. Das gehe auch in der Regel gut, meint Conrad, bis es dann wieder zu „Fehleinschätzungen“ komme.
Gelbblinker würden, um einen Gewöhnungseffekt zu minimieren, nur an besonderen Gefahrenstellen wie unübersichtlichen Kreuzungen angebracht, etwa an der Rheinstraße vor der Ringkirche und an der Kreuzung Gustav-Stresemann-Ring und Mainzer Straße. Ein unterbrochener Grünpfeil für Rechtsabbieger warnt Autofahrer an der Ecke 2. Ring und Schiersteiner Straße und auch an der Biebricher/Abzweig Äppelallee. Die Maxime sei, erklärt Conrad, soviel Autos wie möglich über die Kreuzung zu bekommen bei gleichzeitig größter Fußgängersicherheit: „Eine Quadratur des Kreises.“
Zum tödlichen Unfall auf der Dotzheimer Straße sei aus technischer Sicht zu sagen, dass dort beide, Linksabbieger und Fußgänger, gleichzeitig „Grün“ haben, der motorisierte Verkehr aber wartepflichtig ist. Dass der Autofahrer das gelbe Blinklicht dennoch offensichtlich nicht sah oder ignorierte, wundert den Verkehrsplaner: „Der musste doch davon geradezu geblendet gewesen sein.“ Zu den Gründen für den Unfall ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft.