Kinderhospiztag: Ein „bärenstarkes Netzwerk“ in Wiesbaden

Der neue Leiter des Wiesbadener Kinderhospizes Bärenherz, Michael Knoll, vor der Baustelle des An- und Erweiterungsbaus in Erbenheim. Foto: Bärenherz
© Bärenherz

Der Kinderhospiztag macht heute bundesweit auf die Situation betroffener Familien aufmerksam. Bärenherz-Leiter Michael Knoll über die Arbeit des Wiesbadener Kinderhospiz.

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WIESBADEN. „Manch einer sieht die Kinderhospizarbeit als eine Begleitung am Lebensende, sie ist aber vielmehr Lebensbegleiter“, sagt Michael Knoll, seit Oktober letzten Jahres der neue Leiter des Kinderhospizes Bärenherz in Wiesbaden. Und korrigiert damit die in der Öffentlichkeit bei einigen noch vorherrschende Vorstellung von dem, was Hospizarbeit ist. Am 10. Februar wird bundesweit zum 16. Mal der Tag der Kinderhospizarbeit begangen, um auf die Situation von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzender Erkrankung sowie deren Familien aufmerksam zu machen.

„Das Wort Hospiz ist als Herberge zu sehen“, führt Knoll weiter aus und nennt übers Jahr hinweg rund 150 sogenannte Entlastungsaufenthalte. Was bedeutet, dass Familien, die ein lebensverkürzt erkranktes Kind haben, über eine bestimmte Zeit zu Bärenherz ins Haus kommen, um einmal durchzuatmen. Knoll: „Sich einfach ‚’nur’ als Mama und Papa oder Ehepartner und nicht nur als Arzt oder Pflegekraft des eigenen Kindes fühlen zu können und die alltägliche Arbeit abzugeben, mit dem Wissen, das Kind ist gut versorgt.“

Entlastungsaufenthalte machen 90 Prozent aus

Wobei er betont, dass diese Entlastungsaufenthalte über das Jahr hinweg 90 Prozent im Haus ausmachen. Lediglich zehn Prozent sind Begleitung am Lebensende. Eine Arbeit, die ohne ein perfekt zusammenspielendes Team nicht funktionieren würde, wie der diplomierte Pädagoge weiß.

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Schon als der heute 41-Jährige über ein Praktikum des Studiums der Erziehungswissenschaften 2009 zu Bärenherz kam, war er von der Atmosphäre im Haus, den „wunderbaren Menschen“ und dem ganzheitlichen Aspekt, der in Bärenherz gelebt werde, sehr angetan, die Festanstellung, ein Traum. „Ich brenne für dieses Haus. Wobei ich selbst nur stellvertretend für das Team stehe. Es ist mir wichtig, all die Personen, die hier tagtäglich für die Familien da sind, zu betonen. Das macht das Ganzheitliche aus, stellvertretend für ein Pflegeteam, die pädagogische, psychosoziale Begleitung, auch das Hauswirtschaftsteam, das für den Wohnfühl-Charakter in den Familienappartements sorgt“, umreißt Knoll, der selbst auch Trauerbegleiter ist.

Ein „bärenstarkes Netzwerk“ in Zahlen: 60 Mitarbeiter und ein Dutzend Ehrenamtliche im Hospiz, sowie für den Standort Wiesbaden mit den weiteren Angeboten 100 Mitarbeiter und 90 Ehrenamtliche. Menschen, die außergewöhnliche Leistung bringen, wie der Familienvater zweier Kinder in Pandemiezeiten würdigt und sagt: „Es war sehr schwierig.“ Er schildert unterschiedlichste Hygienekonzepte, Abstriche bei der Begleitung der Angehörigen, Familien im Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Versorgung, umsteigen auf digitale Formate und heiße Sommer mit FFP2-Maske, wo Nähe und Geborgenheit spenden, körperlich anstrengend war. Knoll: „Das macht was mit einem. Wobei uns die Omikron-Welle bislang mit vielen Quarantäneanordnungen am stärksten trifft.“

Bärenherz feiert in diesem Jahr 20-jähriges Bestehen

2022 feiert Bärenherz Wiesbaden sein 20-jähriges Bestehen. Jahre, in denen knapp 500 Familien begleitet wurden. „Wobei der größte Bedarf nach wie vor in einer Verlässlichkeit der Begleitung besteht“, stellt Knoll heraus und blickt voller Vorfreude in die Zukunft, in der der Erweiterungsbau des Kinderhospizes in Erbenheim weitere Möglichkeiten schaffen soll. Anfang des Frühjahrs soll Richtfest sein, im Herbst will man die neuen Räume beziehen. Ein Zugpferd, das vielleicht noch zusätzliche Pflegekräfte bringt, wie Hospizleiter Michael Knoll hofft und von Herzen für diese Tätigkeit in einem multiprofessionellen Team wirbt.