Grundwerte: Wiesbadener Stadtverordnete diskutieren über...

Im Wiesbadener Stadtparlament wird heiß diskutiert: Die CDU bemängelt das Integrationskonzept der Stadt - andere Parteien können der Kritik nicht zustimmen.

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WIESBADEN. Kurz vor Mitternacht ging’s im Stadtparlament noch einmal hoch her. Die CDU hatte unter der Überschrift „Grundwerte des Zusammenlebens in Wiesbaden“ einen Antrag eingebracht, der sich mit Zuwanderung und Integration beschäftigte. Die Union bezog sich dabei auf das Abstimmungsverhalten hier lebender Türken beim Verfassungsreferendum und die Thesen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zur Leitkultur.

Bernd Wittkowski stellte fest, dass es eine große Gruppe von schon länger hier lebenden Migranten gibt, die sich nicht integrieren wollten. „Integration braucht Werte“, sagte er und forderte, eine Wertevermittlung bei Zuwanderern von Anfang an: „Das muss bereits in den Kindergärten beginnen.“ Unabdingbar sei etwa die Anerkennung des Rechtsstaats, der Gewaltenteilung, der Demokratie, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, christlicher Grundwerte, des Grundgesetzes, des staatlichen Gewaltmonopols, die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und die Akzeptanz der deutschen Kultur.

In dem Antrag suche man Inhalte vergeblich

Der CDU-Auffassung, das Wiesbadener „Integrationskonzept reicht offensichtlich nicht aus“, widersprachen die anderen Fraktionen zum Teil heftig. „Wiesbaden muss sich in Fragen der Integration nicht verstecken“, erklärte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Simon Rottloff. In dem Antrag suche man Inhalte vergeblich. Aber es würden Befürchtungen geschürt. Die Union versuche, die Debatte um die Leitkultur am Leben zu halten und am rechten Rand zu punkten. „Leitkultur soll spalten und ausgrenzen.“

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Ähnlich sah das Sebastian Rutten (FDP): „Sie wollen die verlorenen schwarzen Schafe zurückholen.“ Die Liberalen stünden nicht für einen Patriotismus der Fahne. In Anspielung auf de Maizière betonte er, dass Burkaverbot und Händeschütteln in seinen Augen nicht Ausdruck eines sozialen Miteinanders seien. „Leitkultur ist das Grundgesetz. Mehr Leitkultur brauchen wir nicht.“

Leitkultur: Eine „Kultur des Leidens“

Der Grüne Felix Kisseler nannte die Leitkultur eine „Kultur des Leidens“. Er unterstellte der Union, ihr Motiv für den Antrag sei, „der AfD die rechtskonservative Wählerschaft abspenstig zu machen“. Er bedauerte das Vorgehen: „Sie messen der AfD damit eine Bedeutung zu, die diese gar nicht verdient.“

Auch der Linke Ingo von Seemen warf der CDU vor, sie „fischt am rechten Rand“ und hielt der Union vor: „Sie schieben den Diskurs nach Rechts und helfen damit nur der AfD.“ Für die AfD machte Robert Lambrou vor CDU-Fraktionschef Bernhard Lorenz denn auch brav einen Diener: „Wir halten diese Initiative für lobenswert. Vielen Dank, dass sie die Ideen der AfD aufnehmen.“ Die im Antrag formulierten Berichtswünsche wurden zum Teil angenommen. Die Diskussion wird also fortgesetzt.