„ihnen leuchtet ein Licht”: Imposantes Kurier-Benefizkonzert

aus ihnen leuchtet ein Licht

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Großes Finale in der Marktkirche. Mit einem gemeinsamen „O du fröhliche“ stimmen Musiker und Konzertbesucher auf die Weihnachtszeit ein.

Die 600 Besucher in der Wiesbadener Marktkirche zollen Chor, Orchester und Solisten mit stehendem Applaus ihre Anerkennung. 24.000 Euro sind für einen guten Zweck zusammengekommen.

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Wiesbaden. Rund 600 Menschen, meist in Mänteln, reißt es von den Stühlen und stehen bis hinauf auf die Empore auf für ihren Schlussapplaus. Eine Kirche ist aus dem Häuschen. Zwei Stunden lang haben sie dem Weihnachtskonzert der Marktkirche zugunsten der Benefizaktion des Wiesbadener Kurier „ihnen leuchtet ein Licht“ mit hoher Aufmerksamkeit zugehört, waren baff vor dem Strahlklang der Solistin und des Solisten, der Fingerfertigkeit des jungen Streichers, lauschten der angenehmen Stimme einer vorlesenden Gundula Gause und achteten auf die souveräne Stabführung des Dirigenten und Kantors und künstlerischen Leiters des Weihnachtskonzerts, Thomas J. Frank. Stefan Schröder, früherer Kurier-Chefredakteur und Vorsitzender des Benefiz-Aktions-Komitees, begrüßt ihn mit all seinen Funktionen, so auch die Vertreter der VRM, zu der diese Zeitung gehört, und die traditionelle Ehrengästin Doris Jentsch. Seine Begrüßung muss allerdings auf die ursprünglich angekündigte Violinistin Benia Leonhardt verzichten, da sie aus Krankheitsgründen nicht auftreten kann. Es springt ein für sie Holger Pusinelli, erster Geiger der Kammerphilharmonie Rhein-Main, in Bachs Doppelkonzert für zwei Streicher, in dem er für Julian Schindler ein verlässlicher Partner werden wird.

Das Publikum ist begeistert

Noch flackert an diesem Freitagabend in der Marktkirche erst die dritte Kerze auf dem großen Adventskranz, links ist ein Krippenkunstwerk aufgebaut, als drei Orchestermusiker ZDF-Moderatorin Gundula Gause zu einem Selfie bitten, die dunkel gekleideten Kolleginnen und Kollegen sich einstimmen zum Auftakt mit Aaron Cawley, der mit baritonaler Kraft Giulio Caccinis Tenor-Arie „Ave Maria“ schmettert. Gleich zu Anfang schon sind die Ohren des Publikums hin und weg, zumal sich auch Sopranistin Shira Patchornik mit Händels Bitte „Lascia ch’io pianga“ („Lass mich beweinen“) in anmutiger Gestalt und ebensolcher betörender Stimme vorstellt.

ZDF-Moderatorin Gundula Gause liest die Geschichte „Warten aufs Christkind“ von Hanns-Josef Ortheil aus dessen Roman „Lo und Lu“.
ZDF-Moderatorin Gundula Gause liest die Geschichte „Warten aufs Christkind“ von Hanns-Josef Ortheil aus dessen Roman „Lo und Lu“. (© René Vigneron)

Zwischenspiel mit Text: Gundula Gause wartet mit Hanns-Josef Ortheil aufs Christkind, als sie in gewohnt ruhigem Tonfall diese so betitelte Geschichte des Autors (der eine Zeit lang in Wiesbaden gewohnt und den Roman „Agenten“ in der Stadt angesiedelt hat) aus den Augen dessen Kinder Lotta und Lukas im Roman „Lo und Lu“ liest. Hier helfen nicht nur die Eltern dem Christkind beim Schenken – auch die Kinder tun es und schenken damit ihren Eltern Suchwege zwischen Keller und Speicher. Ortheil schreibt wie immer eingängig, die Sprecherin folgt dem gemächlichen Rhythmus des Erzählenden. Händels Largo aus der Oper „Xerxes“ ist einfühlsam von Shira Patchorniks Sopran vorgetragen, als nun Julian Schindler auftritt mit Pusinelli in Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen in d-Moll. Ein einziges Mal konnten sie zuvor zusammen proben, und mit neu aufgezogener E-Saite des jungen Geigers wird es ein sehr diszipliniertes Miteinander, während Julian Schindler mit seinem ganzen Körper in Bewegung zwischen dem stabilen Partner und aufmerksamen Vater-Dirigenten spielt. Augenkontakt beim Schlussakkord – die Premiere mit dem eingesprungenen Konzertmeister ist gelungen. Großer Applaus, der das gesamte Orchester mit einbezieht.

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Adventskantate aus der Feder von Thomas J. Frank

Dann ist der Marktkirchenchor gefragt mit Thomas J. Franks Komposition einer Adventskantate, zu der jetzt auch Trommel und Blech zu ihren Einsätzen kommen in fulminanten Steigerungen durch die „Nacht“ vibrierender Streicher, die im Gryphius-Text und dem von Frank vertonten Geheimnis „lichter als der Tag“ mit Christi Geburt ihre fulminante Steigerung erfährt. Bis zum sanften Schluss-„Amen“ lebt der Dirigent die eigene Musik und kennt sich in Bachs Weihnachts-Oratorium bestens aus, nachdem etliche Teile daraus Anfang Dezember schon einmal in der Marktkirche _aufgeführt wurden. Entsprechend jauchzen und frohlocken Sängerinnen und Sänger _durch drei Choräle hindurch.

Mit Heldentenorwucht erklingt die Stimme Aaron Cawleys in der Marktkirche.
Der junge Geiger Julian Schindler ist Solist in Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen und brilliert mit Vittorio Montis „Czardas“.
Die Sopranistin Shira Patchornik berührt das Publikum mit ihrer Stimme. Sie singt unter anderem Händel-Arien.
Rund 600 Konzertbesucher, meist in Mänteln, verfolgen das zweistündige Konzert. Zum Schlussapplaus gibt es Ovationen.
Jens Joehnke vom Verein Biberbau (links) und Thomas Kunz vom Bethanien Kinderdorf in Eltville (2.v.l.) freuen sich über die Spende aus der Hand von Carl C. Englisch, Mitglied der Geschäftsleitung der VRM. Rechts der Moderator des Abends, der frühere Kurier-Chefredakteur Stefan Schröder.
Marktkirchenchor mit der Kammerphilharmonie Rhein-Main. 

Gundula Gause verteilt „große Komplimente“ und regt zu Sonderapplaus für den Dirigenten-Komponisten an, den Thomas Frank auch erhält. Es folgt die Geschichte der „Sechsundvierzig Heiligabende“ von Erich Kästner, in der der Autor bedauert, im ersten Nachkriegsjahr 1945 zum ersten Mal Weihnachten nicht mit den Eltern in Dresden gemeinsam verbringen zu können. Da erinnert die Moderatorin zu Recht an das gegenwärtige Kriegselend in der Ukraine und will – ebenso zu Recht – die Hoffnung auf Frieden nicht aufgeben.

Franks elegisches Violinkonzert für und mit dem Sohn Julian Schindler läutet berühmte Weihnachtsmelodien für die Solisten ein – Sopranistin Shira Patchornik jetzt mit goldenen Rentierhörnchen als Haarschmuck und Aaron Cawley in weißem Smoking-Sakko, wobei bei Bach/Gounods „Ave Maria“ die Kerzen doch nicht dahinschmelzen und die Pfeiler der Marktkirche Aaron Cawleys Heldentenorwucht in „Holy Night“ standhalten. Bei Nico Dostal darf die Triangel mitmachen, und das Publikum beim Applaus für die Empfänger des diesjährigen Spendenerlöses der Kurier-Benefiz-Aktion in Höhe von 24.000 Euro.

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Die Summe teilen sich der Biebricher Abenteuer-Spielplatz „Biberbau“ und das Bethanien Kinderdorf in Erbach. Noch ist Vittorio Montis „Czardas“ auf Julian Schindlers Geigensaiten nicht der Rausschmeißer, als der er rasant virtuos gespielt wird, sondern klatschende Hände werden noch gebraucht nach Franks Weihnachts-Fantasie über „Adeste Fideles“, oder auch „Venite, adoriamo“, oder auch „O come let us adore him“, wie Shira Patchornik und Aaron Cawley so volltönend wie vielsprachig animieren zum Finale eines „O du fröhliche“ mit allen Mitwirkenden auf dem Podium und dem gesamten Publikum. Vorn auf der Bühne ist der Gesang lauter – beim Beifall aber bleibt das Publikum unübertroffen und dankt für ein klug zusammengestelltes Programm und eine hervorragende Präsentation.