Ein flächendeckendes, öffentliches WLAN in Wiesbaden ist eine Frage des Engagements. Rund 300 Freifunk-Knoten sind bereits in Betrieb. Und es sollen noch mehr werden.
WIESBADEN . Wäre das nicht schön? Überall in Wiesbaden kostenlos per WLAN ins Internet kommen, ohne große Anmeldeprozeduren oder die Belastung des eigenen Datenvolumens. Und ohne das ungute Gefühl, Daten über sich und sein Verhalten preiszugeben. Wiesbadener und Besucher wissen, dass diese Vision für die Landeshauptstadt noch Zukunftsmusik ist. Selbst in der Innenstadt bleibt das Feld weitgehend kommerziellen Anbietern und ihren Hotspots überlassen.
Dabei könnte die Vision eines öffentlichen WLAN ohne kommerzielle Interessen eigentlich schnell und unkompliziert Realität werden. Mehr noch: Das Netz gibt es in Wiesbaden schon seit Jahren. Es wird betrieben von Dutzenden Freiwilligen, organisiert von ehrenamtlichen Experten und hört auf den Namen Freifunk. Das einzige Problem: Vom Fernziel einer stadtweiten, flächendeckenden Versorgung ist man noch weit entfernt. Es fehlt an weiteren Bürgern, die bereit sind, einen eigenen Knoten zu betreiben.
Jeder kann das Freifunk-Netz nutzen und bei entsprechender Abdeckung würden es sicher auch viele tun. Sich um die Angebotsseite zu kümmern, kommt dagegen nur wenigen in den Sinn. Selbst dann, wenn wie im Fall des Freifunks nur wenig investiert werden muss und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Freifunker mittlerweile so sicher sind, wie noch nie.
Viel Bandbreite bleibt ungenutzt
„Man muss sich nur mal die Frage stellen: Wie lange nutze ich meinen Internetzugang zuhause jeden Tag überhaupt? In den allermeisten Haushalten passiert auf der Datenleitung lange so gut wie nichts – bezahlt wird aber für 24 Stunden“, macht Freifunker Tobias Hachmer auf die Bandbreiten-Verschwendung aufmerksam, die sich Tag für Tag allein in Wiesbaden in Tausenden Flatrate-Haushalten abspielt. Hier kommt die Freifunk-Idee ins Spiel: Mit einem zusätzlichen WLAN-Router lässt sich die überschüssige Bandbreite für den Betrieb eines öffentlichen Knotens nutzen und der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.
Lange waren die Betreiber von Freifunk-Knoten Spezialisten und Enthusiasten, die Zahl der Zugangspunkte dümpelte entsprechend im zweistelligen Bereich. Mit dem Aufbau einer neuen Netzstruktur wurde die Installation aber deutlich einfacher und kann auch von Laien problemlos durchgeführt werden. Nachdem sich das Projekt, auch wegen einiger Installationen im Zuge der Flüchtlingswelle 2016 sehr dynamisch entwickelte, ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Aktuell zählt das Freifunk-Netzwerk in Wiesbaden und Umgebung zwischen 300 und 350 solcher Knoten – Privathaushalte, Gewerbetreibende und auch einige Institutionen machen mit. Wo überall Freifunk verfügbar ist, lässt sich auf der Freifunk-Homepage auf einer Karte oder über die kostenlose Smartphone-App abrufen.
Auf der Suche nach geeigneten Dächern
Zudem gibt es mehrere Freifunk-Knoten in Flüchtlingsunterkünften, beispielsweise in der Hans-Bredow-Straße, um dessen Betrieb sich eine Handvoll Freifunk-Aktive wie Tobias Hachmer oder Ralf Hertel in Kooperation mit der Stadt kümmern. Um Freifunk-Knoten auch dort zu ermöglichen, wo keine Breitbandkabel verfügbar sind, betreibt die Initiative auch ein Richtfunk-Netz, dessen Antennen beispielsweise auf den Dächern der Feuerwache 1, am Opelbad oder ebenfalls in der Hans-Bredow-Straße stehen.
„Wir wollen auch beim Richtfunk noch mehr Abdeckung hinbekommen – deshalb sind wir auch immer auf der Suche nach Dächern“, berichtet Hertel. Über versicherungstechnische Fallstricke müsse sich niemand allzu große Sorgen machen, über den Freifunk Mainz, dort gib es einen eingetragenen Verein, sind die Installationen abgesichert. Und nach dem Aus für die sogenannte Störerhaftung können Freifunk-Betreiber grundsätzlich nicht mehr dafür belangt werden, was andere über den Knotenpunkt online anstellen.
Von André Domes